FC Bayern München besiegt PSG in Champions League: Jetzt Favorit auf den Titel?

Vielleicht lag es am Ende an der Kraft, die erst einmal nicht für ganz große Ausgelassenheit reichte. Die Spieler des FC Bayern fanden sich nach dem Schlusspfiff zu einem Kreis zusammen im eigenen Strafraum, ehe es doch noch emotionaler zuging. Aber es gab einen, der noch voller Energie war, auch nach fast 100 Minuten: Der Trainer, der sonst eher zurückhaltend ist. Vincent Kompany stürmte auf den Platz, als hätte seine Mannschaft gerade eben die Champions League gewonnen. Oder mindestens das Finale erreicht. Und nicht nur ein normales Vorrundenspiel der Königsklasse 2:1 gewonnen. Aber dieses Duell mit dem Titelverteidiger Paris Saint-Germain war dann auch eben nicht ganz normal.

Bayern-Sportvorstand Max Eberl hatte die Franzosen in den vergangenen Tagen immer wieder als „das Maß der Dinge in der vergangenen Saison“ bezeichnet. Und auch am Dienstagabend in den Katakomben des Prinzenparks kam dieser Satz. Ein bisschen genüsslich, das ist verständlich, denn seine Mannschaft entzauberte jenes PSG, das vor ein paar Monaten noch den Bayern enteilt schien. Nicht nur spielerisch, auch kämpferisch haben die Münchner gezeigt, dass sie in diesem Herbst das Maß aller Dinge in Europa sind.

„Jetzt wissen wir auch, dass wir verteidigen können“

Es hätte das Spiel von Luis Díaz werden können. In der vierten Minute traf der Kolumbianer zum 1:0, in der 32. zum 2:0. Vorausgegangen waren den Toren jeweils zwei Ballverluste der Franzosen im Mittelfeld. „Da haben wir den Parisern schon sehr wehgetan“, sagte Joshua Kimmich, der von der „besten erste Hälfte, seit ich bei Bayern bin“, sprach. Seit 2015 also, und in diese Zeit fiel auch das Jahr mit den sechs Titeln unter Hansi Flick. Das Einzige, „was wir uns vorwerfen müssen, ist, nicht das dritte Tor gemacht zu haben“, sagte Eberl. Gelegenheiten hätte es gegeben.

Platzsturm: Bayern-Trainer Vincent Kompany (rechts) läuft zu seinen Spielern.
Platzsturm: Bayern-Trainer Vincent Kompany (rechts) läuft zu seinen Spielern.dpa

Dann kam die 45. Minute, in der Díaz seinen glänzenden Auftritt zunichtemachte. An der Außenlinie auf Höhe der Mittellinie grätschte er Achraf Hakimi um und sah zunächst Gelb, das der italienische Schiedsrichter Maurizio Mariani nach vehementen Protesten von PSG und der Ansicht des Videos zurücknahm und Rot zeigte. Díaz hatte nicht den Hauch einer Chance, an den Ball zu kommen. Hakimi musste verletzt ausgewechselt werden. „Das war keine überlegte Aktion“, sagte Kimmich. Ein bisschen erinnerte dies an das Viertelfinale bei der Klub-WM, als PSG-Torwart Gianluigi Donnarumma unglücklich mit Jamal Musiala zusammenstieß. Musiala fehlt den Bayern seitdem.

Zwei Tore, dann der Platzverweis: Münchens Luis Díaz (links) beim Champions-League-Spiel gegen PSG
Zwei Tore, dann der Platzverweis: Münchens Luis Díaz (links) beim Champions-League-Spiel gegen PSGReuters

Die Bayern haben sich den 16. Sieg im 16. Pflichtspiel dieser Saison in der ersten Hälfte erspielt und nach der Pause in Unterzahl erkämpft, verteidigt mit Energie und Hingabe gegen die allerdings auch einfallslos angreifenden Pariser, denen in der 74. Minute durch João Neves nur noch der Anschlusstreffer gelang – auch weil Manuel Neuer parierte, was seine Vorderleute zuvor dann doch nicht klären konnten.

Diese zweiten 45 Minuten in Paris zeigen auch die Entwicklung der Bayern. Waren es noch sie, die in der vergangenen Saison manchmal wegen Nachlässigkeiten in der Abwehr scheiterten. Der früher oft leichtsinnige Dayot Upamecano harmoniert mit Jonathan Tah glänzend und spielt seit Saisonbeginn fast fehlerfrei. „Fußball spielen können wir, laufen auch, aber jetzt wissen wir auch, dass wir verteidigen können“, sagte Eberl. So viele Gelegenheiten, das zu zeigen, hat es in dieser Saison noch nicht gegeben. Am Ende gegen Dortmund und gegen Chelsea, erinnert sich Kimmich, „da haben wir phasenweise auch tiefer verteidigt“, aber nicht in Unterzahl.

Von Kompanys Reifeprüfung zu sprechen, wird dem Bayern-Trainer nicht gerecht. Die hat er längst erfolgreich abgelegt; die Partie in Paris war, wenn man im Bild bleibt, dann so etwas wie seine Dissertation. „Er ist an seinen Prinzipien festgehalten, er ist ruhig geblieben, auch in Phasen, in denen wir mal Spiele verloren haben“, sagte Kimmich.

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Das ist sicher eine der Stärken von Kompany, der schon kurz nach seinem emotionalen Auftritt nach dem Schlusspfiff wieder der alte, eher vorsichtige, zurückhaltende Kompany war. „Wir wissen, dass jetzt noch nicht die Champions League entschieden wird“, sagte er. Mehr als „drei sehr wichtige Punkte“ waren es nicht. Mit denen haben die Münchner aber die Spitze in der Vorrundentabelle übernommen, punktgleich mit Arsenal London, Ende des Monats der nächste Champions-League-Gegner des FC Bayern.

Nicht nur Kompany sah die aktuelle Stärke als Momentaufnahme. Es sei „zu früh, davon zu sprechen, Favorit auf den Champions-League-Titel zu sein“, sagte Kimmich. „Es waren schon viele Mannschaften im November sehr gut in Form.“ Aber im Frühjahr nicht mehr. Auch dem FC Bayern ist das schon ein paar Mal passiert.