Die Wirtschaftskrise hat zu deutlich mehr Firmenpleiten in Deutschland geführt – und 2025 könnten die Unternehmensinsolvenzen auf Rekordniveau steigen. Bis zum Ende des laufenden Jahres rechnet die Wirtschaftsauskunftei Creditreform mit 22.400 Fällen. Das wäre ein Plus von fast einem Viertel zum Vorjahr (24,3 Prozent) und der höchste Stand seit 2015 mit seinerzeit etwas mehr als 23.100 Fällen.
„Mit einiger Verzögerung schlagen die Krisen der vergangenen Jahre nun als Insolvenzen bei den Unternehmen durch. Der wirtschaftspolitische Stillstand und die rückläufige Innovationskraft haben den Wirtschaftsstandort Deutschland geschwächt. Daher rechnen wir in 2025 mit einem weiteren Anstieg der Fälle“, erläuterte der Leiter der Creditreform-Wirtschaftsforschung, Patrik-Ludwig Hantzsch, in Frankfurt. „Damit könnten bald wieder Insolvenzzahlen nahe an den Höchstwerten der Jahre 2009 und 2010 in Sichtweite kommen, als über 32.000 Unternehmen in die Insolvenz gingen.“
Deutlicher mehr Großinsolvenzen
Auch andere Experten hatten für 2024 einen deutlichen Anstieg der Firmenpleiten vorhergesagt. Geschwächt von den Corona-Jahren, hohen Energiepreisen und gestiegenen Zinsen geraten immer mehr Unternehmen in Schieflage. Zudem sind Ausnahmeregelungen ausgelaufen, mit denen der Staat versucht hatte, eine Pleitewelle während der Pandemie abzuwenden.
Das Gros der Insolvenzen waren erneut Firmen mit höchstens zehn Beschäftigten: 81,4 Prozent über alle Branchen hinweg. Insgesamt 320.000 Arbeitsplätze hierzulande sind Creditreform zufolge im Jahr 2024 durch Unternehmensinsolvenzen bedroht oder weggefallen.
Im zu Ende gehenden Jahr traf es jedoch auch etliche große Unternehmen: Galeria Karstadt Kaufhof, FTI Touristik, Esprit Europe. Der überdurchschnittliche Anstieg der Insolvenzen bei größeren Unternehmen mit mehr als 250 Beschäftigten ist auffällig: Die Fallzahlen stiegen um 44,4 Prozent.
„Ihr Anteil am Insolvenzaufkommen bleibt zwar gering, doch die Folgen von Großinsolvenzen sind erheblich: hohe Forderungsausfälle und Arbeitsplatzverluste“, erklärt Creditreform Geschäftsführer Bernd Bütow.
Bundesweit mehr Firmenpleiten
Immer mehr Unternehmen geben auf – auch in Hessen steigen die Zahlen. Im laufenden Jahr sind in Hessen mehr Firmen in die Pleite gerutscht als 2023. Mit geschätzt 72 Fällen je 10.000 Unternehmen liegt die Insolvenzquote genau im Durchschnitt der 16 Bundesländer, wie aus den Berechnungen von Creditreform hervorgeht. Ein Jahr zuvor hatte es in Hessen 60 Firmenpleiten je 10.000 Unternehmen gegeben.
Dabei ist in allen Bundesländern die Zahl der Firmenpleiten gestiegen – auch in Rheinland-Pfalz und im Saarland. Mit geschätzt 72 Fällen je 10.000 Unternehmen liegt die Insolvenzquote im Saarland genau im Durchschnitt der 16 Bundesländer.
Rheinland-Pfalz steht mit 61 Firmenpleiten je 10.000 Unternehmen etwas besser da. Ein Jahr zuvor hatte es in Rheinland-Pfalz 53 Firmenpleiten je 10.000 Unternehmen gegeben, im Saarland lag die Insolvenzquote 2023 bei 70.
Mehr Fälle als in den drei Bundesländern gab es im laufenden Jahr in den Stadtstaaten Berlin (123 Insolvenzen je 10.000 Unternehmen), Bremen (113) und Hamburg (99). Unter den Flächenländern hat Nordrhein-Westfalen mit 91 Insolvenzen je 10.000 Unternehmen die höchste Quote, die niedrigste hat Thüringen mit 44.
Bundesweit hat die Wirtschaftskrise deutlich mehr Unternehmen in Schieflage gebracht als vor Jahresfrist. Bis zum Ende des laufenden Jahres rechnet Creditreform mit 22.400 Firmenpleiten. Das wäre ein Plus von fast einem Viertel zum Vorjahr und der höchste Stand seit 2015.
Deutsche Industrie in der Krise
Der deutschen Industrie machen die vielen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen in den vergangenen Monaten zu schaffen: Stellenabbau und Werksschließungen häufen
sich. „Neben der schwachen Konjunktur erschweren auch strukturelle Probleme die Lage“, erläutert Hantzsch. „Hohe Kosten – etwa für Energie und Arbeitskräfte – mindern die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft und verschärfen die bestehenden Herausforderungen.
Die Insolvenzzahlen sind in allen Wirtschaftsbereichen noch über das Vor-Corona-Niveau gestiegen. Besonders betroffen sind das Dienstleistungsgewerbe (+ 27,1 Prozent), das Verarbeitenden Gewerbe (+ 23,9 Prozent) sowie das Baugewerbe (+ 97 Prozent).
„Die aktuelle Insolvenzwelle legt auch die Schwächen der deutschen Wirtschaft offen“, fasst Hantzsch die Entwicklung zusammen.