Familie und Politik: Einfluss der Eltern auf Kinder – Wissen

Es muss in der achten Klasse gewesen sein, als sich der bei allen beliebte A. in der großen Pause politisch äußerte. Seine Ausführungen bezogen sich auf eine bundespolitisch damals gar nicht mal so unbedeutende Partei. Sein Vater habe jedenfalls gesagt, erklärte A. den Umstehenden im Pausenhof, dass diese eine böse Partei sei, weil sie die Steuern erhöhen wolle und damit dem ganzen Land Schaden zufügen würde. Persönlich erzeugte das Befremden und minderte die Sympathie für den sonst so beliebten A., weil zu Hause galt die kritisierte Partei als Hort politischer Vernunft und ihre Vorhaben als Voraussetzung dafür, dass dieses Land überhaupt noch eine Zukunft hat. Dies war auch Inhalt der Erwiderung auf A., was wiederum bei ihm Befremden auslöste.

Natürlich waren alle diese Wortäußerungen von Ahnungslosigkeit geprägt. Jeder plapperte nach, was er zu Hause aufgeschnappt hatte. Was zu der Frage führt, wie das Elternhaus die politische Identität prägt und in welchem Alter sich erste Spuren einer Lagerzugehörigkeit beobachten lassen. Eine mögliche Antwort darauf bieten gerade die Psychologinnen Annie Schwartzstein und Hyesung Hwang von der University of California Santa Cruz im Journal of Experimental Psychology: General: Demnach richten Kinder bereits im Alter von sechs Jahren soziale Präferenzen entlang der Parteipräferenzen ihrer Eltern aus. Konkret bevorzugen sie Kontakt zu Menschen, die im politischen Lager ihrer Eltern angesiedelt sind.

Die Psychologinnen rekrutierten für ihre Studie 177 Kinder im Alter zwischen sechs und zwölf Jahren sowie je einen dazugehörigen Elternteil in den USA. Schließlich gaben Vater oder Mutter an, welche der US-Parteien sie unterstützten und für welchen Kandidaten sie in der Präsidentschaftswahl 2020 gestimmt hatten, Donald Trump oder Joe Biden. Schließlich gaben auch die Kinder zu Protokoll, welche Partei und welchen Kandidaten sie unterstützen würden und welches die politischen Präferenzen ihrer Eltern seien. Selbstverständlich waren insbesondere die jüngsten Kinder der Stichprobe nicht immer in der Lage, diese Fragen zu beantworten. Trotzdem zeigte sich ein Effekt, der sich als Spur grundsätzlicher Übereinstimmung mit ihren Eltern deuten lässt.

Dieser offenbarte sich, als die Psychologen den Kindern Bilder von je zwei Personen vorlegten und fragten, welche der beiden sie lieber mochten. Die abgebildeten Paare hatten stets das gleiche Geschlecht, die gleiche Hautfarbe, waren ähnlich attraktiv und so weiter. Sie unterschieden sich nur durch eindeutige Hinweise ihrer politischen Heimat wie beigestellte Wahlplakate oder den expliziten Hinweis, für welchen Kandidaten sie 2020 gestimmt hatten. Dabei zeigte sich also, dass Kinder im Schnitt jene Personen bevorzugten, deren politische Identität mit der ihrer Eltern übereinstimmte. Das galt sogar, wenn die Kinder das Lager ihrer Eltern gar nicht korrekt eingeschätzt hatten.

Das Elternhaus prägt also: Im Reich des Politischen wird wenigstens zu Beginn einer Biografie nachgeplappert und artig übernommen, was Mama und Papa so sagen und meinen.