
Zwischen dem FC Schweinfurt und Türkgücü München gibt es zurzeit viel zu telefonieren. Da wäre zum einen das Regionalligaspiel am kommenden Wochenende, das auf der Kippe steht, weil Türkgücü mal wieder keine Spielstätte findet. Das Dantestadion ist aus Sicherheitsgründen gesperrt, weil die Partie als Hochrisikospiel eingestuft wird. Das Grünwalder Stadion beherbergt Freitag und Samstag schon je eine Partie. Und die vereinbarte Miete der Anlage des SV Heimstetten ist dem Vernehmen nach extrem teuer, von einem niedrigen fünfstelligen Betrag für ein einziges Spiel ist die Rede. Es scheint also, als müsste Türkgücü ganz tief in die Tasche greifen, um diese drei möglichen Punkte nicht kampflos zu verlieren – hat der Gastgeber keine taugliche Spielstätte, gehen sie an den Gegner. Selbst ein solcher Nichtantritt samt Punktverlust könnte für das klamme Türkgücü eine Option sein. Es läge noch an den Schweinfurtern, ob sie einer Spielverlegung zustimmen wollen. Solch ein Entgegenkommen erscheint allerdings fraglich – auch wenn die einstigen erbitterten Aufstiegs-Konkurrenten wohl bald zusammen vor Gericht ziehen.
Türkgücü muss sowieso schon tief in die Tasche greifen, um sich andere drei Punkte am Grünen Tisch zurückzuholen. Womöglich teilen sich Schweinfurt und Türkgücü die Anwaltskosten, wenn sie jetzt das Schiedsgericht des Bayerischen Fußball-Verbandes (BFV) anrufen, um die Punkte aus den Partien gegen Schwaben Augsburg doch noch zu bekommen. Im Dezember waren sie ihnen zugesprochen, Ende Februar in der nächsten Instanz wieder kassiert worden.
Bis zu der Entscheidung hat es eine Weile gedauert, auch weil der Schock über das zweite Urteil erst einmal verdaut werden musste, wonach Schwaben Augsburg trotz des mehrfachen Verstoßes gegen die U23-Regel lediglich eine dreistellige Geldstrafe zahlen muss. Auch hatten die anderen beiden betroffenen Vereine, Eintracht Bamberg und Wacker Burghausen, aufs Neue überlegt, ob sie sich den finanziellen Aufwand leisten wollen, zumal der Gang vors Schiedsgericht keine Erfolgsgarantie hat. Die Eintracht allerdings bräuchte die möglichen Punkte vom Grünen Tisch dringend – und ist gewillt, den Rechtsstreit fortzuführen, wie Bambergs Vorstandssprecher Sascha Dorsch auf Nachfrage bestätigte. Über Wacker Burghausen war zu hören, dass man sich bei einer weiteren Klage beteiligen werde.
Am Dienstag stand die Entscheidung noch aus, ob Türkgücü und Schweinfurt eine gemeinsame Klage einbringen oder ob sie getrennt voneinander Anwälte einschalten – die komplizierte Suche nach einer Spielstätte habe erst einmal Priorität, hieß es auf Anfrage. Zum Wortführer hat sich aber in den vergangenen Wochen ohnehin der FC Schweinfurt entwickelt. Bei den Schnüdeln hat der Co-Trainer Gregor Opfermann eine Doppelrolle angenommen. Der promovierte Jurist kündigt jetzt die Klageeinreichung an.
Es herrschte auch Unklarheit, ob es eigentlich eine Frist für die Klage gibt
Vor allem die Begründung des zweiten Urteils stößt ihm auf: Dort war argumentiert worden, dass eine Spielumwertung nicht verhältnismäßig sei, um den Regelverstoß zu ahnden. Dabei war der FC Schweinfurt selbst schon einmal aus dem Verbandspokal geflogen, weil er gegen die Regel verstoßen hatte. Nach Opfermanns Darstellung beeinflusse es einen Spieltag ganz entscheidend, wie der Kader aufgestellt sei. Alle Vereine betrieben hier einen enormen Aufwand, um die U23-Regel einzuhalten, wonach in jedem Kader mindestens vier Spieler unter 23 Jahren stehen müssen, die für die deutsche Nationalmannschaft spielberechtigt sind. Auch das Verbandssportgericht hatte in seinem Urteil von Ende Februar erklärt, dass eine klare Rechtslage in solch einem Fall fehle – die Vereine sehen sich nun auch als Beauftragte, in dieser Sache Rechtssicherheit zu schaffen.
Kurios war, dass das Schiedsgericht für die beteiligten Klubs zunächst nicht zu erreichen war. Vor der Saison hatten sich die Vereine verpflichtet, sich in Streitfällen wie dem aktuellen der Sportgerichtsbarkeit zu unterwerfen, und hier ist das Schiedsgericht auch die letzte Instanz. Angesiedelt ist es am Oberlandesgericht Nürnberg, wo ein ordentlicher Richter als Schiedsrichter ernannt wird. Dieser hatte offensichtlich so lange nichts mit dem BFV zu tun, dass er erst einmal ausfindig gemacht werden musste, als sich der FC Schweinfurt meldete. Ganz unwichtig war dieser Umstand schon deshalb nicht, weil auch Unklarheit herrschte, ob es eigentlich eine Frist für die Klage gibt. Opfermann erklärt, er wolle zur Sicherheit die Klage am Mittwoch einwerfen und falls nötig die ausführliche Erklärung nachreichen.
Es beginnen nun Wochen des Wiedersehens. Am kommenden Samstag empfangen die Schwaben Bamberg, danach reisen sie nach Schweinfurt, im April stehen die Partien gegen Türkgücü und Burghausen an. Und weil es sich bei einem Schiedsgerichtsverfahren für gewöhnlich um eine mündliche Verhandlung handelt, werden sich Vertreter der Klubs wohl auch vor Gericht in Nürnberg sehen. Und dort das Urteil eines Schiedsrichters anhören, der sozusagen ein Zwölf-Punkte-Spiel pfeift.