
Wegen der fehlerhaften Berichterstattung über den Bundestagsabgeordneten der Grünen, Stefan Gelbhaar, hat der Chefredakteur des Rundfunks Berlin-Brandenburg, David Biesinger, sein Amt niedergelegt. Auch Programmdirektorin Katrin Günther sei zurückgetreten, teilte der Sender am Freitag mit.
Günther, die erst im August das Amt als Programmdirektorin übernommen hatte, erklärte, es sei „in den vergangenen Wochen zu schnell und zu viel über mögliche Fehler Einzelner gesprochen worden“. Tatsächlich habe „der RBB in diesem Fall insgesamt programmlich versagt. Dafür sehe ich mich in der Verantwortung und habe deshalb Intendantin Ulrike Demmer mitgeteilt, dass ich mein Amt niederlegen werde.“ Der RBB dürfe nach einem solchen Fehler nicht einfach wieder zur Tagesordnung übergehen. Gleichzeitig gelte auch: „Wir müssen jetzt aber über Strukturen sprechen, nicht über Köpfe“, so Günther.

:Der RBB und die Sache mit der Sorgfalt
Der Rundfunk Berlin-Brandenburg kämpft mit der Aufarbeitung der Berichterstattung im Fall Gelbhaar. Die Aufseher hadern damit, dass alles so lange dauert – und kritisieren die Intendantin scharf.
David Biesinger sagte, ein „Neuanfang an der Spitze der Chefredaktion“ solle dazu beitragen, die „publizistische Reputation des RBB wieder herzustellen“. Die Intendantin habe sein Angebot zum Rücktritt angenommen. Biesinger war seit 2021 RBB-Chefredakteur, als noch Patricia Schlesinger Intendantin war. Er stand deshalb im Sender schon zuvor unter Druck. Infrage gestellt wurde, weshalb er anders als viele andere aus der damaligen Senderspitze in seiner Rolle bleiben durfte.
Nach Bekanntwerden der Vorwürfe zum Fall Gelbhaar hatte Biesinger noch argumentiert, er sei als Chefredakteur an der konkreten Genese der fehlerhaften Berichterstattung nicht beteiligt gewesen und daher auch nicht verantwortlich.
Der RBB kündigt auch erste strukturelle Konsequenzen aus dem Fall Gelbhaar an
Der RBB hatte Ende Dezember 2024 über Belästigungsvorwürfe gegen den Bundestagsabgeordneten Stefan Gelbhaar berichtet. Der Grünen-Politiker hatte die Vorwürfe stets als Lüge und parteiinterne Intrige zurückgewiesen. Man habe über diese Vorwürfe auf Basis eidesstattlicher Versicherungen berichtet, diese Berichte aber wieder zurückziehen müssen, so der RBB, da die Quelle der eidesstattlichen Versicherungen nicht ausreichend überprüft worden sei. So soll die angebliche Zeugin, die die eidesstattliche Erklärung abgegeben hat, gar nicht existieren. Daneben gibt es weitere Vorwürfe gegen Gelbhaar, die derzeit intern von einer Ombudsstelle der Grünen untersucht werden sollen. Auch hier hat Gelbhaar alle Vorwürfe zurückgewiesen.

„Die Führung des RBB steht zu ihrer Verantwortung“, kommentierte RBB-Intendantin Ulrike Demmer die Entwicklung und dankte Günther und Biesinger „für das starke Signal, persönliche Konsequenzen zu ziehen“. Der Sender kündigte außerdem „erste strukturelle Konsequenzen“ an. So sollen künftig die Investigativjournalisten des RBB in „in Recherchen dieser Tragweite zwingend einbezogen“ werden, die Chefredaktion eine aktive Rolle bei der Kontrolle solcher Recherchen wahrnehmen und verpflichtende Schulungen zur Verdachtsberichterstattung eingeführt werden.
Katrin Günther soll laut Demmer die Funktion als Programmdirektorin bis zu einer Neubesetzung der Stelle kommissarisch fortführen. Stephanie Pieper, aktuell Leiterin rbb24 Inforadio und Digital, wird kommissarisch Chefredakteurin des RBB. Mit Biesinger werde „über zukünftige Aufgaben“ beim Sender gesprochen, so die offizielle Mitteilung des RBB.