Fahrstunde im Simulator – so soll der Führerschein wieder günstiger werden

Der Führerschein, sagt Bundesverkehrsminister Patrick Schnieder (CDU), sei ein „Symbol für Freiheit, Selbstbestimmung und Teilhabe“. Doch der Preis dieser Freiheit ist hoch. Bis zu 4500 Euro kann es kosten, den Führerschein zu erwerben. Wer Autofahren will, muss immer tiefer in die Tasche greifen.

Diese Probleme sind bekannt und alle sind sich einig: Es muss etwas getan werden. So haben Union und SPD im Koalitionsvertrag festgelegt, die Fahrausbildung „unter Wahrung hoher Standards“ wieder bezahlbarer zu machen. Nur wie? Verkehrsminister Schnieder hat am Donnerstag in Berlin Eckpunkte zur geplanten Reform der Fahrschulausbildung vorgestellt. Der Führerschein soll um „mehrere Hundert Euro“ günstiger werden, verspricht er.

Für die theoretische Ausbildung wünscht sich der Minister einen „Sprung ins 21. Jahrhundert“. Das heißt: mehr Flexibilität bei den Lernmethoden und Entscheidungsfreiheiten für die Fahrschulen. Die Pflicht zum Präsenzunterricht soll abgeschafft werden. In Zukunft könnten Fahrschüler dann die gesamte theoretische Ausbildung digital absolvieren. Fahrschulen, die keinen Präsenzunterricht anbieten, benötigen dann auch keine Schulungsräume mehr.

Auch den Fragenkatalog der theoretischen Prüfung will der Minister überarbeiten. Dieser sei mit aktuell genau 1169 Fragen zu groß; er soll um ein Drittel reduziert werden – ohne die Verkehrssicherheit zu vernachlässigen. Diesen Schritt fordert auch die Bundesvereinigung der Fahrlehrerverbände (BFV).

In der praktischen Ausbildung will der Minister die verstärkte Nutzung von Simulatoren ermöglichen. Fahrschüler könnten bestimmte Grundfertigkeiten somit zunächst im geschützten virtuellen Raum erlernen, bevor sie auf die Straße gehen. Dazu gehöre auch die „Schaltkompetenz“. Die Fahrschulen müssten dann nicht mehr extra Wagen mit Handschaltung anschaffen und könnten die Fahrstunden gezielter nutzen.

„Wir sehen großes Potenzial, wenn Simulatoren didaktisch sinnvoll in die Ausbildung integriert werden“, heißt es vom Verband Innovativer Fahrschulen Deutschland (VIFD). Etwa 20 Prozent der Fahrschulen arbeiteten mit Simulatoren. Die Lobbyisten mahnen dennoch zur Vorsicht: „Ein Simulator ist ein ergänzendes Werkzeug, aber er ersetzt nicht die komplexe Realität im Straßenverkehr.“ Zudem stellten die Anschaffungskosten von mehreren zehntausend Euro gerade für kleinere Fahrschulen eine Hürde dar. Eine finanzielle Unterstützung plant der Minister nicht.

Weniger Fahrstunden, kürzere Prüfung

Ein großer Kostentreiber bei der Fahrausbildung sind die vielen Fahrstunden. Hier möchte der Minister ansetzen und die Anzahl der verpflichtenden Sonderfahrten reduzieren. Teilweise sollen sie auch durch den Simulator ersetzt werden.

Die Zeit der praktischen Fahrprüfung will Schnieder auf den europäischen Mindeststandard von 25 Minuten reduzieren. Gemeint ist damit die reine Fahrzeit ohne Vor- und Nachbereitung. Aktuell gilt eine Mindestzeit von 30 Minuten. Die Begründung des Ministers: Viele Fahrschüler stünden unter Stress und deshalb passierten gerade zum Ende der Prüfung Fehler. Laut TÜV-Verband sind im vergangenen Jahr 37 Prozent der Fahrschüler bei der praktischen Prüfung durchgefallen.

Um die hohen Durchfallquoten zu senken, setzt sich die Branche für verbindliche elektronische Zwischenprüfungen in den Fahrschulen ein. „Lernstandsbeurteilungen stellen sicher, dass Fahrschüler erst dann zur Prüfung antreten, wenn sie nachweislich ausreichend vorbereitet sind“, sagt Richard Goebelt, Mitglied der Geschäftsführung beim TÜV-Verband. Diese Forderung hat Schnieder nicht aufgenommen.

Fahrstunden mit den Eltern

Dafür erwägt der Minister aber eine sogenannte Experimentierklausel: Es soll diskutiert werden, inwieweit nahestehende Personen in die Fahrausbildung eingezogen werden können. Die Idee: Eltern könnten mit ihren Kindern private Fahrstunden absolvieren. In Österreich ist das bereits unter bestimmten Voraussetzungen möglich.

All diese Maßnahmen sollen die Kosten der Ausbildung senken. Außerdem will der Minister den Wettbewerb stärken: Fahrschulen müssen laut seinem Entwurf in Zukunft die Preise der Ausbildung sowie ihre Erfolgsquoten online ausweisen. Fahrschüler könnten so die Angebote besser vergleichen. Schnieder hofft, dass dadurch schwarze Schafe auffallen, die Kosteneinsparungen durch die Maßnahmen nicht weitergeben.

In ein Gesetz gegossen sind die Vorschläge noch nicht. Der Minister will zunächst in den Austausch mit Bundesländern und Verbänden gehen. Rechtliche Änderungen sollen dann im ersten Halbjahr 2026 auf den Weg gebracht werden. Bis die geplanten Maßnahmen bei den Fahrschülern ankommen, dürfte noch einige Zeit vergehen.

So könnten die Preise vorerst weiter steigen. Allein 2024 ist die Fahrausbildung um 5,8 Prozent im Vergleich zum Vorjahr teurer geworden. Die Durchschnittskosten für einen Führerschein der Klasse B betragen 3400 Euro. Die Gesamtkosten setzen sich aus mehreren Faktoren zusammen: Grundgebühren, Kosten für Sonder- und Übungsstunden oder auch Prüfungsgebühren bei TÜV oder DEKRA.

Prüfungsanforderungen sind gestiegen

Gesetzlich festgelegt sind nur die Kosten für die Anträge und die Gebühren von TÜV und DEKRA. Doch diese machen nur einen geringen Teil der Gesamtkosten aus. Der Großteil des Geldes fließt in die regulären Fahrstunden. Personalkosten, Fahrzeuge, Energie, Versicherung: All das treibt den Preis für die Fahrausbildung in die Höhe.

Den Fahrschulen Geldmacherei vorzuwerfen, sei falsch, betont die BVF: „Was den Führerschein teurer macht, ist, dass heute immer mehr Fahrstunden gefahren werden müssen, um den Prüfungsanforderungen gerecht zu werden.“ Diese Vorgaben seien im Vergleich zu früher anspruchsvoller. Der BVF weist auch auf eine höhere Verkehrsdichte, neue Autosysteme und mehr Verkehrsteilnehmer hin, etwa E-Scooter.

„Nicht die Leistungen der Fahrschulen sind zu teuer“, betont auch der VIFD. Vielmehr seien „die langen Wartezeiten auf Theorieunterricht, Fahrstunden und Prüfungstermine“ ein Problem. Wenn Schüler nach jeder nicht bestandenen Prüfung wochenlang auf einen neuen Termin warten oder durch zu viel Leerlauf die Prüfungen neu absolvieren müssten, verlängere sich die Ausbildung unnötig. „Ein ineffizienter Ausbildungsprozess wird so zur Kostenfalle“, warnt der VIFD.

Zudem seien die Fahrschulen ausgelastet, während neue Fahrlehrer fehlen. Der Fachkräftemangel, in den nächsten Jahren verstärkt durch den Wegfall der geburtenstarken Jahrgänge der Babyboomer, führe zu steigenden Kosten.

Wer seinen Führerschein besonders günstig erwerben will, könnte bei der Bundeswehr Erfolg haben. Der Truppe fehlen Soldaten. Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) plant daher, Anreize für den Dienst zu schaffen. Eine Idee ist, einen Zuschuss von bis zu 3500 Euro für die Fahrausbildung beizusteuern – allerdings nur für diejenigen, die zwölf Monate Wehrdienst leisten.

Dieser Artikel wurde für das Wirtschaftskompetenzzentrum von WELT und „Business Insider Deutschland“ erstellt.

Klemens Handke ist Wirtschaftsredakteur in Berlin. Er berichtet über Verkehrspolitik und die Deutsche Bahn.