F.A.S. Rechtskolumne: Ungeschützte Informanten

Wenn öffentlich über einen Verdacht gegen eine Person berichtet werden soll, bedarf es eines Mindestbestands an Beweistatsachen. Es müssen Rechercheergebnisse vorliegen, die aus Sicht der Journalisten tragfähig sind. Häufig sind das Offenbarungen von Zeugen, oft Betroffenen, gegenüber den Redaktionen.

Die lassen sich die Schilderungen eidesstattlich versichern, um die eigene Rechtsposition gegenüber potentiellen Klägern zu unterstützen. Die Strafbedrohung für falsche eidesstattliche Versicherungen verschafft ihnen einen erhöhten Beweiswert. Gleichzeitig gelten sie als privilegiert. Das bedeutet, sie werden nicht so behandelt wie Interviewäußerungen oder andere öffentliche Erklärungen.

Stefanie Schork
Stefanie SchorkF.A.Z.

In der Rechtsprechung herrschte lange die Auffassung, etwaige Unterlassungsbegehren seien direkt und ausschließlich an die Medien zu richten. Zeugen dürften nicht aus Angst vor Widerrufs-, Unterlassungs- oder Schadenersatzklagen in ihrer Äußerungsfreiheit beschränkt werden. Die Prüfung, ob deren Schilderungen richtig sind, obliege allein dem Gericht im Ausgangsverfahren. Klagen gegen Zeugen in einem separaten Prozess wurde das Rechtsschutzbedürfnis abgesprochen. Im Widerspruch dazu scheint sich in jüngerer Zeit die Unsitte zu etablieren, erst den Verlag und im Erfolgsfall die Quellen persönlich zu verklagen.

Dieser Text stammt aus der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung.



Diese stehen – sofern identifizierbar – dann allein vor Gericht, haben ein enormes Prozessrisiko zu tragen und müssen, anders als das Medium, das sich auf die eidesstattlichen Versicherungen stützen kann, die Wahrheit ihrer Schilderungen selbst beweisen. Das ist nicht sachgerecht und bedeutet faktisch eine Aushebelung der Privilegierung. Das Medium prüft, wägt das Berichterstattungsinteresse gegen Persönlichkeitsrechte ab und entscheidet, ob und wie die Schilderung eines Informanten veröffentlicht wird. Das ist alles nicht Aufgabe des Zeugen.

Er hat keinen Einfluss auf diesen Prozess. Wenn der Entwicklung nicht Einhalt geboten wird, kann man Informanten nur empfehlen, sich zum eigenen Schutz lediglich auf Hintergrundgespräche einzulassen und strafbewehrte Anonymisierungsabreden mit Journalisten zu treffen. Damit stützen sie aber keine öffentliche Berichterstattung und gerät die Wächterfunktion der Presse in Gefahr.