Mit der Senkung des Einlagensatzes durch die EZB um 0,25 auf nunmehr 3 Prozentpunkte verschlechtern sich die Aussichten für Sparer. Kreditnehmer hingegen dürfte die Entscheidung erfreuen. Ob auch Immobilienfinanzierungen günstiger werden, lesen Sie hier.
Die Europäische Zentralbank (EZB) hat den Einlagensatz trotz zuletzt gestiegener Inflationsraten erneut gesenkt. Parken Banken Geld bei der EZB, erhalten sie dafür künftig einen viertel Prozentpunkt weniger – nämlich 3 Prozent Zinsen.
Darauf, was die Zinssenkung für Verbraucher bedeutet, haben Vergleichsportale einen kritischen Blick geworfen. Betrachtet wurden die Bereiche Baufinanzierung, Geldanlage, Girokonto und Ratenkredite.
Festgeldkonten
Die EZB-Entscheidungen von Juli, September, Oktober und Dezember 2022 sowie Februar, März, Mai und Juli 2023 hatten für steigende Zinsen auf Festgeldkonten gesorgt. Damit ist es vorbei. Obwohl die Leitzinsen bis vor der erneuten Zinssenkung bei 3,65 beziehungsweise 3,5 standen, sind bereits vor dem EZB-Entscheid die Festgeldzinsen gesunken. Im November brachten Termingelder mit zwei Jahren Laufzeit im Schnitt noch 3,39 Prozent Zinsen, aktuell liegen sie bei 2,34 Prozent, wie eine Auswertung des Vergleichsportals Verivox zeigt. Allerdings ist die Inflationsrate zuletzt in Deutschland mit 2,2 Prozent wieder gestiegen. Infolgedessen ist der Realzins einer durchschnittlich verzinsten zweijährigen Festgeldanlage nur noch knapp positiv.
Für ein einjähriges Festgeld mit deutscher Einlagensicherung sind laut FMH-Finanzberatung derzeit 3,10 Prozent Zinsen zu holen (Varengold Bank). Die Urbo Bankas bietet via Weltsparen 3,25 Prozent mit einer gesetzlichen Einlagensicherung bis 100.000 Euro durch den litauischen Einlagensicherungsfonds. Der Durchschnittszins für einjähriges Festgeld liegt laut FMH-Finanzberatung aktuell für ein Jahr bei 2,24 Prozent.
Bei Laufzeiten von drei Jahren bietet die ViViBanca aus Italien via Weltsparen mit 3,30 Prozent derzeit am meisten Zinsen. Ohne Vermittler bietet die deutsche Varengold Bank 2,8 Prozent für drei Jahre. Und wer sein Geld aktuell für 10 Jahre entbehren kann, bekommt in Deutschland ebenfalls bei der Varengold Bank 2,9 Prozent Zinsen.
Tagesgeld
Bereits mit der ersten Leitzinssenkung im Juni, September und Oktober haben die Geldinstitute beim Tagesgeld schnell reagiert. Mit durchschnittlich 1,62 Prozent haben die Zinsen bundesweit verfügbarer Tagesgeldangebote den tiefsten Stand seit über einem Jahr erreicht. Auch das Phänomen der Niedrigzinsen ist wieder auf dem Vormarsch: Bei einem Viertel aller Kreditinstitute beläuft sich der Tagesgeldzins auf 0,25 Prozent oder weniger. Das zeigt eine aktuelle Analyse von Verivox.
Von Null- und Niedrigzinsen selbst betroffen sind fast ausschließlich Kunden regionaler Kreditinstitute. Unter den insgesamt 185 Kreditinstituten mit Niedrigzinsen im Bereich von 0 bis 0,25 Prozent befinden sich nur 5 überregionale Banken. Die übrigen Niedrigzinsangebote kommen von den Sparkassen (78 Institute mit Niedrigzinsen) und den regionalen Genossenschaftsbanken (102 Institute), also den örtlichen Volks- und Raiffeisenbanken sowie den PSD- und Sparda-Banken.
Den höchsten Zinssatz bietet derzeit laut FMH die niederländische Credit Europe Bank mit 3,55 Prozent (begrenzt auf drei Monate). Bei der französischen Consorsbank und bei der deutschen Ing sind 3,5 Prozent fix für drei Monate zu holen. Alle genannten Angebote richten sich nur an Neukunden.
Ratenkredite
Mit den noch immer recht hohen Zinsen für Sparer bleiben auch Verbraucherkredite teuer. Denn wenn die Festgeldzinsen auf hohem Niveau verbleiben, werden von jeher auch die Ratenkredite nicht wesentlich günstiger. Unerfreulich aus Sicht der Verbraucher, denn die Banken nutzen die Festgeld- und Tagesgeldanlagen zur Refinanzierung von Konsumentenkrediten. Lagen die Zinsen für ein solches Darlehen mit 60 Monaten Laufzeit im Januar 2022 noch bei mittleren 3,7 Prozent, waren es zum Jahresende 2022 bereits 5,95 Prozent. Derzeit liegen sie laut FMH im Schnitt bei 7,21 Prozent für den genannten Zeitraum.
Ein Vergleich der Konditionen lohnt sich aber. Denn die Spanne der Angebote liegt aktuell zwischen 4,99 und 12,67 Prozent.
Bauzinsen
Die Bauzinsen haben sich seit Jahresbeginn 2022 nahezu vervierfacht. Laut FMH liegt der Durchschnittszinssatz für ein Zehn-Jahres-Darlehen bei derzeit 3,18 Prozent. Je nach Anbieter schwankten diese zwischen 2,76 und 4,09 Prozent pro Jahr.
Dabei beeinflusst die EZB-Entscheidung die Bauzinsen nur indirekt. Wichtigster Indikator sind die Zinsen für zehnjährige Bundesanleihen. Denn sie bestimmen maßgeblich die Renditen für Pfandbriefe, die wiederum von Banken für die Refinanzierung von Immobilienkrediten genutzt werden.
Max Herbst, Inhaber der FMH-Finanzberatung, gibt zu bedenken: „Wer jetzt denkt, dass die Bauzinsen bald bei 2 Prozent sein werden, der verkennt die Zusammenhänge der Refinanzierung. Wenn die EZB es schafft, die Inflation in einem Korridor zwischen 2 und 2,5 Prozent zu halten, werden auch die Bauzinsen sich zwischen 3 und 3,5 Prozent bewegen. Wir haben zwar jetzt schon selbst bei Finanzierungen bis 80 Prozent des Kaufpreises Zinsen von unter 3 Prozent, aber die Bundesanleihe wird nicht viel unter die Inflationsrate sinken, die Pfandbriefe sind dann nochmals etwa 0,6 Prozentpunkte höher rentiert und die Bauzinsen nochmals um etwa 0,5 bis ein Prozent über den Pfandbriefen. Aktuelles Zahlenbeispiel: Bundesanleihe 2,15 Prozent; Pfandbrief 10 Jahre etwa 2,8 Prozent; Bauzinsen im Durchschnitt etwa 3,2 Prozent und Inflation bei etwa 2,2 Prozent.
Wer vor der Entscheidung für eine längere oder kürzere Zinsbindung steht, sollte sich überlegen, welche Zinsentwicklung er erwartet. Geht man davon aus, dass die Zinsen in fünf Jahren deutlich niedriger sein werden als heute, empfiehlt sich eine kurze Laufzeit. Geht man hingegen davon aus, dass sich die Zinsen eher nach oben bewegen, wäre eine langfristige Absicherung von 20 Jahren sinnvoll. Sicherheit kostet Geld, schafft aber langfristige Gewissheit über die eigene Belastung.
Dispozinsen beim Girokonto
Wer gerade etwas klamm ist, überzieht nicht selten sein Konto und nutzt den Dispokredit, um den Engpass zu überwinden. Was meist keine gute Idee ist, vor allem aber in Zeiten hoher Zinsen nicht. Abgesehen davon bleiben auch die Dispozinsen trotz Zinssenkung hoch, da sich die Geldinstitute am EZB-Leitzins orientieren. So liegt der Durchschnittszins eines Dispokredits derzeit laut FMH bei 11,68 Prozent. Der Zins für die Überziehung des Disporahmens beträgt demnach 12,98 Prozent. Abgesehen davon sollte Schuldnern klar sein, dass der Dispokredit zum Girokonto meist der teuerste Kredit der Bank ist. Sie sollten ihn nur ausnahmsweise und für kurze Zeit in Anspruch nehmen.