Ex-Bischöfin Margot Käßmann plädiert für Fortführung des Kirchenasyls

Die Zahl der Kirchenasyl-Anträge steigt laut Angaben der evangelischen Kirche. Ex-EKD-Ratsvorsitzende Margot Käßmann will trotz Kritik an dem System festhalten. Es habe sich bewährt.

Die frühere Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, Margot Käßmann, hat am Rande des Evangelischen Kirchentages in Hannover das Kirchenasyl gelobt und sich für eine Fortsetzung ausgesprochen.

„Das Kirchenasyl hat sich bewährt“, sagte Käßmann im Fernsehsender phoenix. Man habe als Kirche immer alle Maßnahmen im Gespräch mit den Behörden transparent dargelegt. „Und in den meisten Fällen war dann klar, mit dem Zeitgewinn gab es für die Geflüchteten, die im Kirchenasyl waren, doch einen Weg, in Deutschland zu bleiben“, sagte die frühere Landesbischöfin von Hannover. Sie ergänzte: „Ich denke, das wird so bleiben.“

Immer öfter erlebe man, dass Menschen, die in Deutschland sich eine Existenz aufgebaut und integriert hätten, abgeschoben würden. „Warum kann man nicht sagen: Wenn du hier Arbeit hast und du dich integrierst, kannst du bleiben“, sagte Käßmann. Schließlich benötige Deutschland dringend Arbeitskräfte.

EKD beklagt „gestiegenen Abschiebedruck“

Die Zahl der Anfragen nach Kirchenasyl ist nach Angaben der EKD „stark gestiegen“. Das mache die „Rückmeldung aus vielen Landeskirchen von Flüchtlingsbeauftragten und den zuständigen Ansprechpersonen für Kirchenasyl“ deutlich, teilte die EKD auf Anfrage der Tageszeitungen der Funke Mediengruppe mit. Aufgrund der großen Nachfrage sei es oft so, dass kein Kirchenasyl gefunden werden könne und „Betroffene schutzlos bleiben“, erklärte eine EKD-Sprecherin.

Die Anfragen hätten sich teilweise „mehr als vervierfacht“, gab die Sprecherin weiter an. Verantwortlich für die starke Nachfrage macht die Evangelische Kirche vor allem den „gestiegenen Abschiebedruck“.

617 Fälle von Kirchenasyl im ersten Quartal 2025

Laut Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) meldeten die evangelischen, katholischen und freien Gemeinden im ersten Quartal 2025 insgesamt 617 Fälle von Kirchenasyl. Im selben Zeitraum 2024 waren es demnach 604 Fälle. 2024 waren es im gesamten Jahr 2386 Fälle, darunter 1813 in evangelischen, 425 in katholischen Gemeinden und 148 in Freikirchen.

Für das Kirchenasyl gibt es keine gesetzliche Grundlage. Es ist ein vom Staat aufgrund christlich-humanitärer Traditionen geduldetes Sonderprivileg, um Ausreisepflichtige in Härtefällen zeitweise vor der Abschiebung zu bewahren. Ziel ist, eine neue Prüfung des Falls durch die Ausländerbehörden zu erreichen und Zeit für die Ausschöpfung rechtlicher Mittel zu gewinnen.

dpa/AFP/luz