European Darts Championship, Martin Schindler: „Ich habe mir selbst etwas bewiesen“

Als er die Bühne verlassen hatte, verschwand er mit einem Hüpfer der Freude durch den großen schwarzen Vorhang in der Dortmunder Westfalenhalle. Hinter dem deutschen Dartsprofi lag eine Premiere. Mit 6:5 hatte er sich in einem hochklassigen Match gegen den Engländer Dave Chisnall durchgesetzt. Ein Sieg – den gab es für Schindler bei der European Darts Championship noch nie.

Fünfmal, 2017, 2018, 2022, 2023 und 2024 hatte er es versucht. Fünfmal hatte er verloren. Trotz oft starker Leistungen. 2022 warf er gegen Jose de Sousa einen Average von 101,15 und ging 1:6 unter. Im vergangenen Jahr genügten 101,78 Punkte nicht zum Triumph über Dirk van Duijvenbode.

Wie so oft lieferte Schindler ab, wie so oft schien es jedoch nicht für das Achtelfinale zu reichen. „Die Gedanken waren da“, verriet der 29-Jährige später. Schnell lag er gegen Chisnall 0:3 zurück. „Dass ich dann mit einer 140 und 134 reinkomme…“, sagte er später und markierte die Trendwende im Match: „Das sind die Scores, die du dann brauchst, und die beiden Elf-Darter und der 15-Darter waren dann echt gut.“ In eindrucksvoller Manier egalisierte Schindler den frühen Rückstand. Dreimal ging es über Tops.

Schindler checkt alle sechs Legs auf Tops

Auch zum 4:4 checkte er mit dem ersten Dart auf der Doppel-20, benötigte aber immer noch ein Break zum Sieg. Zum 5:4 gelang es noch nicht – Schindler verpasste 110 Punkte auf der Doppel-18. Chisnall dagegen traf unter den Pfiffen des Dortmunder Publikums auf der Doppel-3.

Schindler aber blieb stabil, löschte 182 Punkte in vier Darts – natürlich über Tops. Im Decider verschaffte er sich mit einer 180 Luft, stand bei 177 Punkten und ließ 137 folgen. „Da wusste ich, dass ich den Sieg hatte“, so Schindler, der passend schloss: Tops mit dem ersten Dart zur Erlösung.

„Ein Average von 104, dazu 67 Prozent auf den Doppeln, und trotzdem war es nur ein 6:5. Es war ein sehr gutes Spiel. Ich fühle mich sehr gut und bin einfach nur glücklich“, sagte Schindler: „Ich habe mir selbst etwas bewiesen. Nämlich, dass ich es auf jeden Fall kann, auch bei einem Majorturnier in Deutschland meine Leistung abzuliefern. Ich habe an mich und mein Spiel geglaubt.“

Ungewohnte Glücksgefühle: „Jetzt habe ich morgen erst mal frei und darf in Dortmund bleiben. Das ist etwas Neues für mich.“ Vor allem muss er sich erst mal eine Bleibe für die Nacht suchen. Das Hotel hatte er nur bis Freitag gebucht. Alte Gewohnheiten…

Am Samstag trifft er in seinem ersten Achtelfinale auf den Engländer Ryan Joyce, in der Weltrangliste als 24. sieben Plätze hinter ihm platziert. Freitagabend sind zuvor die beiden weiteren Deutschen im Einsatz. Debütant Niko Springer eröffnet den Abend um 19 Uhr (DAZN und Sport1 live) gegen den formstarken Niederländer Jermaine Wattimena. Im sechsten Match des Abends bekommt es Ricardo Pietreczko mit der Nummer neun der Weltrangliste, dem Nordiren Josh Rock, zu tun. Die deutsche Nummer zwei hatte im Vorjahr das Viertelfinale erreicht.

Wenn Lutz Wöckener nicht gerade irgendeinen Sport im Selbstversuch ausprobiert, schreibt er über Darts und Sportpolitik, manchmal aber auch Abseitiges wie Fußball.

European Darts Championship, Ergebnisse

Donnerstag, 1. Runde

Ryan Joyce (ENG/15) – Luke Woodhouse (ENG/18) 6:3

Ross Smith (ENG/11) – Peter Wright (SCO/22) 6:2

Gian van Veen (NED/10) – Damon Heta (AUS/22) 6:3

Gerwyn Price (WAL/6) – Daryl Gurney (NIR/27) 3:6

Jonny Clayton (WAL/7) – Ryan Searle (ENG/26) 3:6

Martin Schindler (D/2) – Dave Chisnall (ENG/31) 6:5

Wessel Nijman (NED/14) – Michael van Gerwen (NED/19) 5:6

Stephen Bunting (ENG/3) – Chris Dobey (ENG/30) 3:6

Freitag, 1. Runde

Niko Springer (D/9) – Jermaine Wattimena (NED/24)

Gary Anderson (SCO/12) – Cameron Menzies (SCO/21)

James Wade (ENG/13) – Mike De Decker (BEL/20)

Josh Rock (NIR/8) – Ricardo Pietreczko (D/25)

Luke Humphries (ENG/5)– Krzysztof Ratajski (POL/28)

Luke Littler (ENG/4) – Raymond van Barneveld (NED/29)

Nathan Aspinall (ENG/1) – Rob Cross (ENG/32)

Dirk van Duijvenbode (NED/16) – Danny Noppert (NED/17)