
Team Europa liegt auch nach dem zweiten Tag beim 45. Ryder Cup klar in Führung und greift im ewigen Duell mit den US-Golfern nach dem seltenen Auswärtssieg. Die Stimmung vor den Toren New Yorks war aufgeheizt. Superstar Rory McIlroy legte sich mit den US-amerikanischen Fans an.
Nach dem zweiten Tag im Bethpage State Park von Long Island bauten die Europäer ihre Führung sogar noch aus und gingen mit einem Vorsprung von 11,5:4,5 in den entscheidenden Sonntag. Noch zwölf Single-Matches stehen auf dem Programm, die Europa-Auswahl benötigt als Titelverteidiger 14 Punkte für den Sieg. Es wäre der elfte bei den vergangenen 15 Ausgaben – ein Triumph im Staat New York wäre zudem der erste Ryder-Cup-Auswärtssieg seit 2012, als die Europäer das „Wunder von Medinah“ in Illinois vollbrachten.
Europas Top-Golfer zeigten auch am zweiten Tag eine beeindruckende Dominanz – und lieferten dabei auch die passenden Antworten auf die teils feindselige Stimmung. Die amerikanischen Fans verstießen nicht nur gegen die Golf-Etikette, die Spieler nicht durch Zwischenrufe beim Schlag zu stören. Einige benahmen sich auch sonst schwer daneben.
McIlroy ruft Fans zur Ordnung: „Shut the f*** up“
Rory McIlroy, der sich schon am Freitag mit einigen amerikanischen Fans angelegt hatte, reagierte auf die Zwischenrufe der Fans, während er sich am 16. Green auf seinen Schlag vorbereitete: „Guys, shut the f*** up“, rief der fünfmalige Major-Gewinner ins Publikum. Eine ablehnende Stimmung sei zu erwarten gewesen: „So ist das bei einem Auswärts-Ryder-Cup“, sagte der Nordire im Anschluss. „Zwischen den Schlägen sollen sie sagen, was sie wollen, das ist okay. Aber sie sollten Respekt zeigen und uns in Ruhe schlagen lassen, gebt uns die selbe Chance, die die Amerikaner haben.“
McIlroy musste wegen der störenden Fans mehrmals die Vorbereitung auf einen Schlag abbrechen. Medienberichten zufolge hatte ein Zuschauer dabei auch „Freedom“ gerufen. Der Begriff steht seit einigen Wochen in einem neuen politischen Zusammenhang, der rechtsextreme Aktivist Charlie Kirk trug ein T-Shirt mit der Aufschrift „Freedom“, als er ermordet wurde.
Auch Lowry im Clinch mit US-Fans
McIlroy hatte schon zuvor, nach diversen Schmähungen, ironisch Handküsse ins Publikum verteilt. Sein Teampartner Shane Lowry musste am 10. Loch sogar zurückgehalten werden, nachdem er sich mit einem wütenden Fan angelegt hatte.
Europas Kapitän Luke Donald kritisierte das Verhalten der Fans, die Tickets ab 750 Dollar aufwärts bezahlt hatten: „Persönliche Beleidigungen, bewusst Geräusche zu machen, wenn die Spieler sich auf den Schlag vorbereiten, damit ist die Grenze überschritten„, sagte der Brite. „Aber darauf waren wir vorbereitet, die Spieler haben hervorragend darauf reagiert. Ich hätte nicht mit einem so großen Vorsprung gerechnet. Ich bin sehr zufrieden mit der Stärke unseres Teams, der Schlagkraft, der Intensität und der Mentalität.“
Europa dominiert beim Ryder Cup
In den sogenannten „Foursomes“ am Vormittag, bei denen die Zweierteams jeweils mit einem Ball im Wechsel spielen, konnten nur der zweimalige US-Open-Sieger Bryson DeChambeau und Cameron Young, die sich gegen das schwedisch-englische Duo Ludvig Aberg/Matt Fitzpatrick mit 4&2 durchsetzten, für den Gastgeber punkten.
Die übrigen Duelle entschied Team Europa: der frühere Masterssieger Jon Rahm (Spanien) und Tyrrell Hatton (England) gewannen gegen den zweimaligen Major-Champion Xander Schauffele und Patrick Cantlay mit 3&2. Robert MacIntyre (Schottland) und Viktor Hovland (Norwegen) setzten sich gegen Scottie Scheffler und Russell Henley 1-up durch, und auch McIlroy und Tommy Fleetwood (England) punkteten durch das 3&2 gegen Collin Morikawa/Harris English.
Caddie von De Chambeau provoziert
In den anschließenden „Fourballs“, ebenfalls ein Teamduell, bei dem allerdings jeder Golfer seinen eigenen Ball spielt, setzte sich die europäische Dominanz fort. Auch hier gelang den US-Amerikanern nur ein Erfolg, durch J.J. Spaun und Schauffele. Hatton und Fitzpatrick schlugen für Europa mit einem 1-up gegen Sam Burns und Cantlay zurück. McIlroy und Lowry (Irland) setzten sich 2-up gegen Justin Thomas und Young durch.
Und auch das englische Duo Justin Rose und Fleetwood gewannen 3&2 gegen Scheffler/DeChambeau, in einem ebenfalls nicht störungsfreien Duell: Rose monierte, dass sich De Chambeaus Caddie zu nah in seinem Blickfeld aufhielt, womöglich um ihn bei der Konzentration zu stören. Ein weiteres No-Go in Golfkreisen, in der Folge wurden weitere Nettigkeiten zwischen den Caddies und den Spielern ausgetauscht. Es dürfte ein interessanter Schlusstag werden beim Ryder Cup.