Europapokal: Verspätete Wertschätzung für die Conference League

Stand: 01.10.2025 15:41 Uhr

Den Anfang hat Tirana gemacht. Als die Europäische Fußball-Union (UEFA) mit der Conference League zur Saison 2021/2022 einen völlig neuen Wettbewerb aus dem Boden stampfte, standen die Bewerber für das erste Endspiel nicht gerade Schlange.

Die immer noch gerne unterschätzte Hauptstadt Albaniens warf damals den Hut in den Ring und richtete das erste Endspiel aus, in dem AS Rom sich gegen Feyenoord Rotterdam durchsetzte. Auf der einen Seite coachte der gerade zu Benfica Lissabon gewechselte José Mourinho den Sieger, der beim FC Liverpool gefeierte Arne Slot den Verlierer.

Leipzig hat sich über Zuschlag gefreut

So prominent wie diese Trainerfiguren ist die Conference League noch nicht, doch hat sich der Wettbewerb etabliert. Das simple Argument von UEFA-Boss Aleksandar Ceferin („Es wird mehr Spiele für mehr Klubs geben und in den Gruppenphasen werden mehr Verbände als bisher vertreten sein.“) hat verfangen. Der erleichterte Zugang sorgt bei vielen kleineren Klubs für Begeisterung – und an Bewerbern um die Ausrichtung des Finales herrscht kein Mangel.

In dieser Spielzeit ist Deutschland erstmals an der Reihe. Als Leipzig vom UEFA-Exekutivkomitee den Zuschlag erhielt, das Endspiel am 27. Mai 2026 auszutragen, teilte Johann Plenge, der Geschäftsführer von RB Leipzig mit: „Es freut uns sehr, dass wir mit dem Finale der Conference League 2026 nach der  EURO 2024 das nächste sportliche Großereignis nach Leipzig holen konnten. Gleichzeitig bestätigt die Vergabe, dass die Red-Bull-Arena als Stadion auf Top-Niveau beste Voraussetzungen für internationale Highlights bietet.“

Ärger über verpassten Europapokalplatz

Es entbehrt nicht einer gewissen Pikanterie, dass der Brauseklub im Frühjahr unverhofft sogar die Option hatte, sich für diesen Wettbewerb zu qualifizieren. Aber auch dieses Ziel verpassten die Sachsen, die letztlich als Siebter einliefen. Der Ärger am Cottaweg über diese verpasste Chance soll nicht gerade klein gewesen sein. Aber so konnte man sich wenigstens die Überlegung ersparen, wie „Finale dahoam“ auf Sächsisch geklungen hätte.

Mainz 05 feiert den Sieg im Conference-League-Duell mit Rosenborg Trondheim.

Dafür erwarb der 1. FSV Mainz 05 als Sechster die Berechtigung, die Playoffs zu bestreiten. Als die Hürde Rosenborg Trondheim (1:2, 4:1) genommen war, herrschte Partystimmung in der ausverkauften Arena. Der dänische Einpeitscher Bo Henriksen schwärmte danach am SWR-Mikrofon: „Das ist natürlich ein wunderschöner Abend für uns.“ Vielleicht am schönsten die Choreographie der Fankurve, die ein Banner spannte mit der Aufschrift „Internationaler Fußballsportverein“.

In Zypern geht das neue Abenteuer los

Vor dem Auftakt der Liga-Phase bei Omonia Nikosia am Donnerstag (18.45 Uhr) ist auch bei Vorstand Christian Heidel die frühere Skepsis verflogen. „Als das Ding mal irgendwann erfunden wurde, habe ich es überhaupt nicht verstanden. Jetzt sind wir dabei und verstehen es gut“, sagte der Mainzer Macher bei „RTL/ntv“: „Das ist ein ganz spannender Wettbewerb, auf den wir uns riesig freuen.“ Für seinen Verein sei das etwas Besonderes: „Wir wissen genau, was für wirtschaftliche Möglichkeiten wir haben. Und deswegen genießen wir natürlich jetzt auch Europa.“

Das war beim vergangenen internationalen Gastspiel noch ganz anders. Als die Rheinhessen damals gegen AS St. Etienne in die Gruppenphase der Europa League starteten, kamen nur 20.275 Zuschauer. Der Funke wollte nicht richtig überspringen. Auch gegen den RSC Anderlecht war der rote Klotz am Europakreisel bei weitem nicht ausverkauft, im letzten Heimspiel gegen FK Qäbälä verloren sich gar nur 12.860 Besucher auf den Rängen.

Jeder Punkt hilft der Bundesliga in der UEFA-Fünfjahreswertung

Kaum verwunderlich, dass nach der Gruppenphase bereits Endstation war. Der damalige Trainer Martin Schmidt hat von den Europapokalreisen vor allem die „gefühlt 100.000 Regenwürmer“ in Erinnerung behalten, die beim Abschlusstraining auf dem zugeteilten Ausweichplatz in St. Etienne herumkrochen. „Das war einfach nur grauselig und eklig“, erinnert sich der noch als Berater in Mainz eingebundene Schweizer.

Da haben sich die Bedingungen hoffentlich verbessert, wenn Mainz auswärts noch bei Uni Craiova und Lech Posen antritt, zu Hause geht’s gegen Zrinjski Mostar, AC Florenz und Samsunspor. Was ist drin? „Nach außen irgendwelche Ziele zu posaunen, um dann unter Umständen eine Lachnummer zu werden, das machen wir nicht“, sagte Heidel. Es sei natürlich das Ziel, die Liga-Phase zu üverstehen. Fleißig Punkte zu sammeln, hilft der Bundesliga auch für die UEFA-Fünfjahreswertung, für die Siege in der Conference League genauso zählen wie in der Champions League.

Krasse Einnahmeunterschiede

England hat seine Vormachtstellung ja auch deshalb ausgebaut, weil in diesem Jahr Tottenham Hotspur die Europa League und der FC Chelsea die Conference League gewannen. Das ist auch deshalb bemerkenswert, weil keine Reichtümer winken. Denn der Europapokal ist finanziell eine Drei-Klassen-Gesellschaft. In der Champions League fließen allein 2,5 Milliarden Euro an die 36 Klubs, 565 Millionen Euro sind es in der Europa League, 285 Millionen Euro bleiben noch für die Conference League.

Heidel hat schon mal grob durchgerechnet, dass in der Liga-Phase zunächst rund drei Millionen Euro reinkommen, die aber durch Prämien, Reise- und Organisationskosten wieder aufgefressen werden. Es sei denn, die Mainzer Mannschaft kämpft sich bis nach Leipzig durch. Der Gewinner der Conference League 2026 wird nicht nur mit einem Preisgeld in Höhe von sieben Millionen Euro belohnt, sondern hat gleich auch noch die Startberechtigung für die Europa League in der nächsten Saison sicher. Wenn das mal kein Anreiz ist.