Erster Tag in Wimbledon: Eva Lys setzt sich durch – Sport

Die letzten Momente, ehe das Wimbledon-Turnier erstmals seine Eingänge öffnet, sind immer wieder speziell. Eine erste Vorahnung, dass etwas in der Luft liegt, ist bereits in der betuchten Wohngegend hinter dem Wimbledon Park zu erahnen. Im Dropshot, eine kultige Café-Kette hier, taucht früh am Morgen plötzlich der britische Tennisprofi Cameron Norrie auf, Helm auf dem Kopf, ein Getränk – und schon düst er wieder weg auf dem Rennrad. Später konnte man ihn auf Court 18 siegen sehen, gegen den Spanier Roberto Bautista Agut. Ein paar Schritte weiter ein famoses Wimmelbild: Tausende Menschen harren auf der Wiese auf, wo die berühmte Queue beginnt, Woodstock in klein, alle hoffen, eine Karte nach Stunden des Anstehens zu ergattern. Ein Meisterwerk, wie dies alles organisiert wird und welche Geduld alle Beteiligten aufbringen.

Im All England Club übermittelt dann Sally Bolton letzte Informationen an die Medienvertreter; Rufus, der Falke, habe nun, Breaking News!, auch eigenen Nachwuchs als Vertretungen im Einsatz, sagt die Wimbledonchefin, leichtes Lächeln allerseits. Um 10 Uhr und keine Sekunde früher dürfen die Besucher schließlich hinein. Schnell sind die ersten Plätze auf dem Henman Hill belegt, vor der Videowand, die hinter Court No. 1 hängt. Die Massen fluten jedes Gässchen, und wer die deutschen Farben unterstützt, macht sich sogleich auf den Weg zum Court 8, der ohne große Tribünen bestückt ist, und legt dort sein Handtuch aus. Vier Germans in Serie soll es dort am Montag zu bestaunen geben, Eva Lys, Laura Siegemund, Jan-Lennard Struff und Daniel Altmaier.

Erstmals verzichtet Wimbledon auf Linienrichter

Die Weltranglisten-61. Lys machte den Anfang, gegen die Chinesin Yuan Yue.  Und das an einem Tag, der gleich zwei Besonderheiten bieten sollte. Es entwickelte sich der heißeste erste Montag der Turniergeschichte mit stechenden 32 Grad in der Spitze, die sich eher wie 40 Grad anfühlten. Und erstmals in der 148-jährigen Wimbledon-Historie fehlten Linienrichter. Das traditionsreiche Turnier hat sich dem Modernismus ergeben und auf das elektronische Kontrollsystem namens Hawk-Eye umgestellt. Von den rund 300 Linienrichtern, die hier Jahr für Jahr tätig waren, wurden aber noch 80 übernommen, berichtete die Tageszeitung The Times, sie fungieren als „Match Assistants“.

Die 23 Jahre alte Hamburgerin Lys, die bei den Australian Open noch als Lucky Loser aus der Qualifikation bis ins Achtelfinale vorgestoßen war, war tatsächlich in einer neuen Rolle – sie war die Favoritin. Yuan ist derzeit die Nummer 85 der Welt, die vergangenen drei Jahre verlor die Chinesin stets in der ersten Runde in Wimbledon. Lys tat sich schwer, auch aufgrund 43 unerzwungener Fehler, von denen Wimbledonsieger Michael Stich als kurzzeitiger Zuschauer einige miterlebte. Im zweiten Satz vergab sie zwei Matchbälle, sicherte sich aber noch den Sieg, 6:4, 5:7, 6:2.

Damit hat Lys auch beim dritten Grand-Slam-Turnier der Saison die zweite Runde erreicht, was ihr nun schon 115 740 Euro garantiert, derart sind die Preisgelder inzwischen gestiegen. „Ich glaube, ich kann sagen, das war eines der besten Rasenmatches, die ich gespielt habe“, sagte sie später, „ich bin sehr zufrieden.“ Auch, weil sie einige Tiefen überwinden konnte, wie sie befand. Zweimal sei sie zudem weggerutscht. Nach den vergebenen Matchbällen habe sie sich selbst das gesagt, was sie immer anderen riet: „Get over it“, hake es ab. Lys erlebt in jedem Fall die beste Saison ihrer Karriere. „Nach dem heutigen Match ist das Gefühl, dass ich mich etabliert habe, natürlich noch größer geworden.“ In der zweiten Runde trifft sie auf die 20 Jahre alte Tschechin Linda Noskova, 27. der Weltrangliste. Nach Lys gewann dann Laura Siegemund, 37, in einem weitaus einseitigeren Duell mit 6:4, 6:2 gegen die Amerikanerin Peyton Stearns, 23. Und auch Jan-Lennard Struff startete erfolgreich, der 35-Jährige aus Warstein bezwang den österreichischen Qualifikanten Filip Misolic, 23, mit 6:2, 5:7, 6:3, 6:3. Daniel Altmaier, 26, unterlag dem Kanadier Gabriel Diallo 1:6, 2:6, 4:6.