Erste Hilfe und Laienreanimation in Deutschland: Einführung in Schulen – Gesundheit

Man stelle sich vor, es ist ein heißer Septembersamstagvormittag, man schleppt sich verschlafen zur örtlichen Bäckerei, voll konzentriert, diesmal wirklich nicht die Laugenstangen zu vergessen, und vorne in der Schlange rutscht ein Mensch in sich zusammen. Einfach so. Nicht spektakulär wie im Film, mit dramatischem Schrei und beiden Händen auf der Brust. Alles passiert lautlos, als hätte jemand bei einem Schwimmring das Ventil gezogen, pffff, liegt dieser Mensch plötzlich am Boden. Die Augen starr, keine Regung. Und nun?

Diese Szene ist Alltag in Deutschland, der Herzstillstand ist einer der häufigsten Todesursachen außerhalb von Klinikmauern. Doch immerhin, etwa jeder zweite Patient erleidet den Herzstillstand in der Nähe anderer Menschen, die sofort reanimieren könnten: Freunde, Passanten, Kollegen. Doch, leider, erkennen diese Menschen wiederum in etwa der Hälfte aller Fälle den Ernst der Lage nicht oder nicht schnell genug, beginnen die Reanimation zu spät oder verzichten gleich ganz darauf.

Es ist ein Dienst an der Gesellschaft, wenn Menschen helfen, statt nichts zu tun

Deshalb ist es richtig und wichtig, dass auch Schülerinnen und Schüler früh lernen, wie Erste Hilfe funktioniert. Dazu zählt nicht nur, aber eben ganz besonders die Laienreanimation. In Rheinland-Pfalz soll im Schuljahr 2026/27 die Erste Hilfe in den Lehrplan für Biologie aufgenommen werden. Auch im Saarland wird sie fester Bestandteil des Unterrichts an allen weiterführenden Schulen, die ADAC- und die Björn-Steiger-Stiftung fördern diese und ähnliche Angebote in verschiedenen Bundesländern. Der Föderalismus lässt grüßen, und so bleibt es eines der vielen Geheimnisse der deutschen Schulpolitik, warum das Reanimationstraining noch immer nicht zum Unterrichtsklassiker für alle Schülerinnen und Schüler geworden ist. Bundesweit und ohne Stiftungsgeld von außen.

Dabei wären große Veränderungen gar nicht unbedingt nötig, schon heute finden an vielen Schulen und Arbeitsstätten in Deutschland Reanimationstrainings statt. So bleibt es eine politische Aufgabe, diese zu institutionalisieren, statt sie mehr oder weniger dem Engagement Einzelner zu überlassen.

Es ist ein Dienst an der Gesellschaft, wenn Menschen helfen, statt nichts zu tun, das könnte man schon früh lehren. Doch Menschen tun nichts, oft weniger aus bösem Willen als aus Überforderung. Herausgerissen aus den Gedanken um die Pläne für das heiße Septemberwochenende in der Bäckereischlange, plötzlich und völlig unvorbereitet ist man Teil des Todeskampfs eines anderen, oft fremden Menschen. Ohne Übung und voller Sorge, mehr Schaden als Hilfe zu leisten, erstarren viele Menschen, statt zu handeln.

Und genau deshalb ist es wichtig, Erste Hilfe früh und bestenfalls mehrmals im Leben zu üben. Denn so richtig es ist, dass möglichst jeder eine ordentliche Herzdruckmassage beherrscht, ist doch ein anderer Punkt entscheidend: die innere Hemmung zu überwinden und überhaupt zu handeln. Arg viel falsch machen kann man nicht, und Studien zeigen, dass Zeit wichtiger ist als die perfekte Technik: Wer sofort mit dem Drücken beginnt, kann die Überlebenschancen des Patienten verdoppeln bis verdreifachen.

Prüfen. Rufen. Drücken. Mehr braucht es nicht. Und für den richtigen Takt im inneren Ohr die Bee Gees summen: Stayin’ Alive.