Ermittlungen wegen Betrugs bei der Oberbürgermeisterwahl 2023

Die Frankfurter Staatsanwaltschaft ermittelt wegen des Verdachts des Wahlbetrugs bei der Oberbürgermeisterwahl 2023. Das hat ein Sprecher der Behörde auf Anfrage am Freitag bestätigt. Weitere Details wollte der Sprecher „aus ermittlungstaktischen Gründen“ nicht nennen.

Über die Ermittlungen berichtete zuerst der Hessische Rundfunk, demzufolge es sich um „ein paar Dutzend Stimmen“ handeln soll. Diese hätten sich nicht entscheidend auf das Wahlergebnis ausgewirkt. Laut dem HR habe es im Zusammenhang mit dem Fall im Juni 2024 Durchsuchungen bei zwei Personen gegeben, die die Daten von Wählern besorgt haben sollen. Sie seien jedoch nicht die Drahtzieher.

Offenbar wurden Briefwahlunterlagen unter falschem Namen beantragt und ohne Wissen der Wahlberechtigten ausgefüllt. Briefwahlanträge können online gestellt werden, nötig sind dafür nur Name, Adresse und Geburtsdatum. Die Unterlagen kann man sich auch an eine Adresse schicken lassen, unter der man nicht gemeldet ist.

Das soll es erleichtern, an der Briefwahl teilzunehmen, wenn man sich nicht an seinem Wohnort aufhält. Um Betrug zu verhindern, schickt das Wahlamt in solchen Fällen zusätzlich einen Brief an die Meldeadresse. Dieses Vorgehen ist vom Bundeswahlleiter vorgegeben. Dadurch sollte es Wahlberechtigten auffallen, wenn Unterlagen unter falschem Namen beantragt wurden.

Im Wahllokal mit Sperrvermerk abgewiesen

Doch in dem Fall, der zu den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft geführt hat, ist es einem Betroffenen offenbar erst aufgefallen, als er seine Stimme im Wahllokal abgeben wollte – und nicht durfte, weil er angeblich schon Briefwahl beantragt hatte. Um zu verhindern, dass doppelt gewählt wird, ist bei Briefwählern im Verzeichnis, das den Wahlhelfern vorliegt, ein Sperrvermerk eingetragen.

Der Leiter der Geschäftsstelle Wahlen im Bürgeramt, Statistik und Wahlen, Stefan Köster, sprach am Freitag von „Einzelfällen“, die man natürlich zur Anzeige bringe. Die Zahl der Briefwahlunterlagen, die an eine von der Meldeadresse abweichende Anschrift geschickt würden, sei generell gering.

„Es kommt vor, zum Beispiel, weil jemand in Urlaub ist.“ Wer das nicht getan habe und dennoch den entsprechenden Informationsbrief bekomme, solle sich unverzüglich bei der Geschäftsstelle melden.

Stadt informierte nicht von sich aus

Die Ermittlungen seien jetzt Sache der Staatsanwaltschaft, sagte Wahlleiter Gerhard Budde. „Eine Information der Öffentlichkeit schien uns nicht nötig“, antwortete die für Wahlen zuständige Dezernentin Eileen O’Sullivan (Volt) auf eine entsprechende Frage. „Außerdem wollten wir keine Zweifel an der Sicherheit und Zuverlässigkeit der Briefwahl kommunizieren.“

In den vergangenen Jahren ist die Briefwahl immer beliebter geworden. Vor allem seit der Corona-Pandemie ist der Anteil der Wähler, die ihre Stimme nicht erst am Wahlsonntag im Wahllokal abgeben, deutlich gestiegen. Bei der Bundestagswahl 2021 wurden mehr als die Hälfte der Stimmen per Brief abgegeben, bei der Europawahl im vergangenen Jahr lag der Anteil bei rund 41 Prozent.

Grundsätzlich gilt die Briefwahl als sicher. „Es passieren zwar immer wieder Fehler, aber die Fehleranfälligkeit steigt nicht mit der Zahl der Briefwähler“, schreibt der Politikwissenschaftler Daniel Hellmann vom Berliner Institut für Parlamentarismusforschung in einem Aufsatz. Häufigstes Problem sei, dass Wahlunterlagen falsch oder verspätet zugestellt würden.

Abwägung von Zugänglichkeit und Aufwand

Gegenüber der F.A.Z. betonte Hellmann, dass es sich um eine Abwägungsentscheidung handle: „Die Briefwahl ermöglicht es Wählergruppen an der Wahl teilzunehmen, die sonst nicht teilnehmen könnten.“ Je sicherer man das Verfahren gestalten möchte, desto aufwendiger und womöglich exklusiver werde es. So werde die Briefwahl schwerer zugänglich, wenn die Unterlagen nur an die Meldeadresse verschickt würden.

Sinnvoller wäre es seiner Meinung nach, bestehende Regeln konsequenter durchzusetzen, etwa die Obergrenze von vier Wahlscheinen, die man mit Vollmacht für andere Personen beim Wahlamt abholen kann. „Das begrenzt die individuelle Wirksamkeit des möglichen Wahlbetrugs.“

Wahlleiter Budde sagte, das Verfahren könne nur vom Gesetzgeber geändert werden. Bei den Onlineanträgen könne man über eine Zwei-Faktor-Identifizierung mit Hilfe der sogenannten Bund-ID oder der Onlinefunktion des Personalausweises nach­denken, sagte O’Sullivan. Sie ist bei jedem neuen Ausweis aktiviert und wird nach Worten von Lisa Rühmann, Leiterin des Bürgeramts, von jüngeren Leuten bei der Wohnungsanmeldung rege genutzt. Diese ist in Frankfurt seit August online möglich.