
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und die 14 Ministerinnen und Minister dessen Kabinetts offiziell entlassen. Er lobte sie nach der konstituierenden Sitzung des neuen Bundestages für ihre Arbeit und überreichte ihnen ihre Entlassungsurkunden im Schloss Bellevue. „Sie als Bundesregierung mussten sehr oft sehr schnell und entschlossen handeln“, sagte der Bundespräsident und erinnerte an die Coronapandemie, den
russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine, den Angriff der Hamas auf
Israel und den anschließenden Gazakrieg.
Dem Kanzler dankte Steinmeier vor allem für seine Reaktion auf die russische Invasion in der Ukraine, die „ein immenser Kraftakt“ gewesen sei. Seine Regierung habe es vermocht, mithilfe eines Sondervermögens die Verteidigungsfähigkeit Deutschlands mittelfristig zu verbessern und alle Hebel in Bewegung gesetzt, um die Energieversorgung im ersten Kriegswinter sicherzustellen. Sie habe gemeinsam mit Ländern und Kommunen die Aufnahme zahlreicher Kriegsflüchtlinge ermöglicht. „Diese Leistung Ihrer Bundesregierung verdient Respekt.“
Rot-grün bleibt geschäftsführend im Amt
Die Entlassung des Kanzlers und seines Kabinetts steht so auch im Gesetz. „Das Amt des Bundeskanzlers (…) endigt in jedem Falle mit dem Zusammentritt eines neuen Bundestages“, heißt es in Artikel 69 des Grundgesetzes. Theoretisch sind Scholz und seine rot-grüne Minderheitsregierung also nicht mehr im Amt, die Koalitionsverhandlungen für die neue Regierung sind allerdings noch nicht abgeschlossen. Daher bat Steinmeier Scholz nach Angaben des Bundespräsidialamts bereits zuvor, die Amtsgeschäfte seines Kabinetts bis zur Ernennung einer neuen Bundesregierung geschäftsführend weiterzuführen. Auch das ist im Grundgesetz geregelt.
Eine solche Interimsregierung hat theoretisch noch alle Befugnisse, wird in der Regel aber keine großen Entscheidungen mehr treffen und nur noch Termine wahrnehmen, die sie für unbedingt notwendig erachtet. Scholz wird am Donnerstag beispielsweise zum Ukrainegipfel nach Paris fliegen.
Union und SPD dämpfen Erwartungen auf schnelle Einigung
Wann es eine neue Regierung geben wird, ist noch offen. Bleiben CDU-Chef Friedrich Merz und sein mögliches Kabinett im anfangs angekündigten Zeitplan, könnten sie noch vor Ostern ihre Koalitionsverhandlungen abschließen und im Schloss Bellevue ihre Ernennungsurkunden erhalten.
Doch zuletzt dämpften Union und SPD Erwartungen auf eine schnelle Einigung und begründeten das damit, eine möglichst gute gemeinsame Grundlage finden zu wollen. Zu den noch strittigen Themen gehören unter anderem die Migrations-, Wirtschafts- und Steuerpolitik.