

Vier Tage nach dem Rücktritt des französischen Premierministers Sébastien Lecornu hat Präsident Emmanuel Macron Lecornu am Freitag überraschend wieder zum Premierminister bestimmt. Zuvor stimmte sich der Präsident im Elysée-Palast mit den Partei- und Fraktionsvorsitzenden der wichtigsten politischen Kräfte ab. Die Repräsentanten des Rassemblement National (RN) sowie der Linkspartei LFI wurden nicht eingeladen.
Zwar hatte Lecornu zuvor gesagt, er wolle nicht als Premier weitermachen. Aber als enger Vertrauter des Präsidenten konnte er dessen Wunsch nicht abschlagen. Ein Vorteil ist, dass Lecornu nach seinen intensiven Beratungen mit den Parteien möglicherweise auf eine Unterstützung einer ausreichend großen Zahl von politischen Gruppierungen wird bauen können.
Lecornu war nach Gesprächen mit den Parteien überzeugt, dass ein Ausweg aus der Politikkrise in Frankreich ohne eine Neuwahl des Parlaments möglich sei. Er zeigte sich zudem optimistisch, dass es eine „sehr relative Mehrheit“ mehrerer politischer Gruppierungen gebe, einschließlich der linken Opposition, die sich auf einen Haushalt und Stabilität verständigen wollten.
Die Zeit drängt
Viel Zeit bleibt Lecornu nicht mehr. Der Präsident des Rechnungshofes, Pierre Moscovici, erinnerte am Freitag daran, dass der Haushaltsentwurf für 2026 spätestens am Montag dem Kabinett vorgelegt werden müsse. Es müsse derselbe Entwurf sein, der vor Lecornus Rücktritt zur Prüfung an den Rechnungshof gegangen war. Dieser sehe ein Haushaltsdefizit von höchstens 4,7 Prozent vor. Lecornu hatte zuletzt angedeutet, dass auch ein Haushaltsdefizit von fünf Prozent denkbar sei.
RN und LFI reagierten auf Lecornus zweite Ernennung mit Kritik: „Es ist ganz klar, dass der Präsident den Zusammenbruch des Landes will“, schrieb Laure Lavalette, Sprecherin des Rassemblement National. Manuel Bompard, Koordinator von LFI, bezeichnete es als „neuen Schlag ins Gesicht der Franzosen“. LFI wolle am Montag zudem einen Misstrauensantrag gegen Lecornu stellen, berichtet die französische Zeitung „Le Figaro“.
Lecornu hatte am Montag nur 27 Tage nach seiner ersten Ernennung seinen Rücktritt angekündigt, nachdem eine am Sonntagabend vorgestellte Kabinettsliste bei den Republikanern auf Widerstand gestoßen war. Der Parteivorsitzende, Bruno Retailleau, entrüstete sich darüber, dass Lecornu ihm verheimlicht hatte, dass der langjährige Finanzminister Macrons als Verteidigungsminister zurückkehren sollte.
Bruno Le Maire ist aus Sicht vieler Franzosen für die Schuldenpolitik verantwortlich, die zu den derzeitigen Sparzwängen geführt hat. Ohne die Unterstützung der Republikaner fehlten „die Voraussetzungen, um das Amt des Premierministers auszuüben“, wie Lecornu sagte.
