

Grundschullehrer in Hessen schlagen Alarm: Viele Erstklässler bringen oft nicht mehr die einfachsten Fertigkeiten mit. Sie können den Stift nicht richtig halten, sich nicht konzentrieren, halten keine Regeln ein und kommen nicht mit Frustrationen zurecht. Kurz gesagt: Immer mehr Eltern überlassen den Erziehungsauftrag der Schule.
Viele kognitive und soziale Fähigkeiten werden zwar erst in der Grundschule weiterentwickelt. In den ersten vier Schuljahren hat das soziale Lernen mindestens dieselbe Bedeutung wie das fachliche. Die meisten Kinder können den Stoff, der in der Grundschule vermittelt wird, innerhalb von vier Jahren gut bewältigen. Ebenso wichtig ist es aber, in der Gruppe seine Rolle zu finden und zu lernen, die Perspektive anderer einzunehmen und die eigenen Bedürfnisse und Emotionen zu regulieren. Auch das braucht Zeit.
Dass die Resolution der Grundschullehrer so viele Unterstützer gefunden hat, zeigt aber, dass die Beobachtungen offenbar nicht nur anekdotische Evidenz haben. Selbst wenn man den Impuls, die Vergangenheit zu verklären, immer mitdenken muss, so scheint die Klage der Lehrer doch berechtigt zu sein: „Vielen Kindern fehlt eine Erziehung, die sie dazu befähigt, sich in der Klasse angemessen zu verhalten und lernen zu können.“
Sie suchen den Fehler beim Lehrer
Zur Wahrheit gehört leider auch, dass viele Eltern ihre Kinder nicht nur unangemessen und unzureichend auf die Schule vorbereiten. Sie sind oft auch nicht kooperativ und begegnen der Schule mit Misstrauen. Wenn das Kind schlechte Leistungen bringt oder Konflikte mit Gewalt löst, suchen die Eltern oft als Erstes den Fehler beim Lehrer. Sie verhalten sich uneinsichtig und konfrontativ und drohen mitunter mit juristischen Schritten. Es ist unter Eltern mittlerweile weit verbreitet, den Lehrer nicht mehr als Autorität und pädagogischen Experten, sondern als Gegner zu betrachten.
Um unter diesen erschwerten Rahmenbedingungen noch einen guten Unterricht anbieten zu können, fordern die Grundschullehrer die Unterstützung des Landes Hessen. Die Lehrer wünschen sich mehr Personal und kleinere Klassen. Diese Forderung kann man nachvollziehen. Aber auch die Eltern sind gefragt, umzudenken und ihren Teil zu einer gelingenden Schullaufbahn ihrer Kinder beizutragen.
