Einzelhandel: Discounter Kodi muss sich unter Schutzschirm retten

Die Pleitewelle im deutschen Einzelhandel geht weiter: Jetzt muss Kodi die Reißleine ziehen. Das Unternehmen verweist auf sinkende Umsätze bei gestiegenen Kosten. Experten sind nicht überrascht – und sehen die Branche unter Druck.

Die Insolvenzwelle im deutschen Einzelhandel setzt sich fort. Diesmal betroffen: der Non-Food-Discounter Kodi. Der Händler mit zuletzt 238 Filialen und einem Onlineshop hat beim Amtsgericht in Duisburg ein sogenanntes Schutzschirmverfahren beantragt. Diese besondere Art der Insolvenz ist Unternehmen möglich, denen zwar eine Überschuldung droht, die aktuell aber noch liquide sind. Zudem muss eine positive Fortführungsprognose bestehen.

Begründet wird die Schieflage bei Kodi mit der „deutlichen Kaufzurückhaltung“ der Verbraucher. Geschäftsführer Matthias Schob berichtet von einem „massiven Umsatzverlust in einer ohnehin harten Wettbewerbssituation“. Gleichzeitig würden gestiegene Kosten für Energie, Fracht und Werbung das Unternehmen belasten.

Ziel sei es nun, bis zum Frühjahr 2025 einen Sanierungsplan zu erarbeiten, mit dem Kodi wieder in die schwarzen Zahlen kommt. „Es gibt bereits Erfolg versprechende Ansätze, die wir nun finalisieren werden“, sagt Schob. Die Geschäftsführung bleibt während eines Schutzschirmverfahren im Amt und wird dabei von Restrukturierungsexperten unterstützt, in diesem Fall sind das Holger Rhode und Raul Taras von der Kanzlei Görg sowie Thomas Montag von der Beratung Montag & Montag.

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Unter Druck steht Kodi – der Name setzt sich zusammen aus den jeweils ersten Buchstaben von Gründer Karl Koch und dem Begriff Discount – schon seit vielen Monaten. Im Frühjahr wurden deswegen zum einen das Sortiment gestrafft und zum anderen einzelne Filialen geschlossen. Noch dazu hat die Inhaberfamilie dem Vernehmen nach einem Investor gesucht, entsprechende Gespräche blieben aber ergebnislos.

Experten sagen Konsolidierungswelle voraus

Die 1981 gegründete Kodi Diskontläden GmbH verkauft vor allem Produkte aus Bereichen wie Reinigen, Kochen, Dekorieren, Heimwerken und Textil. In diesem Segment ist die Konkurrenz mittlerweile allerdings groß. Experten haben daher schon Ende 2023 schwere Zeiten für die Branche vorhergesagt. „Die Discounter, die keine Lebensmittel verkaufen, geraten zunehmend unter Druck“, war damals die Aussage von Frank Liebold, dem Deutschland-Chef des Kreditversicherers Atradius. „Und nur die großen Marktteilnehmer mit einer entsprechenden Einkaufsmacht werden am Markt bestehen können.“ Seine Prognose: „Bei den Non-Food-Discountern rechnen wir mittelfristig mit einer Konsolidierungswelle.“

Kodi wurde von dieser vorhergesagten Welle nun erfasst. Das Problem des Unternehmens mit Filialen in Nordrhein-Westfalen, Hessen, Baden-Württemberg, Bayern und Hamburg sind aber nicht nur sinkende Umsätze bei zugleich steigenden Kosten. Auch der Wettbewerbsdruck hat sich in den vergangenen Monaten und Jahren weiter erhöht. Zusätzlich zu Tedi, Thomas Philipps, Woolworth, Pfennigpfeifer und Co. haben sich ausländische Anbieter etabliert und rasant ausgebreitet in Deutschland, allen voran das niederländische Unternehmen Action und der polnische Anbieter Pepco.

Und auch die chinesische Billigplattform Temu mit ihren täglich Hunderttausenden nach Deutschland gelieferten Paketen setzt der Branche zu. All das verschärft den Kampf um Kunden und Marktanteile, heißt es dazu von Atradius. „Der Kuchen wird nicht größer, sondern muss sich auf mehr Anbieter verteilen“, begründet Experte Liebold. „Wir schätzen, dass am Ende vielleicht nur noch eine Handvoll Anbieter übrigbleibt.“

Löhne sind gesichert

Der Verkauf in den Filialen geht bei Kodi derweil ohne Einschränkungen weiter. Die Löhne und Gehälter der rund 1800 Mitarbeiter sind zunächst über das Insolvenzgeld gesichert. 2023 lag der Umsatz des Unternehmens aus Oberhausen bei nach eigenen Angaben rund 130 Millionen Euro. Ein Jahr zuvor waren es laut Eintrag im Bundesanzeiger noch 146 Millionen Euro. Unter dem Strich stand dabei ein Nachsteuerverlust in Höhe von 5,3 Millionen Euro.

Kodi ist nicht der einzige mittelständische Non-Food-Händler, der aktuell unter den Schutzschirm geflüchtet ist. Auch die Gries Deco Company mit ihrer Kette Depot steckt in einem solchen Insolvenzverfahren. Das Familienunternehmen schließt nun jede elfte Filiale in Deutschland. 28 Standorte werden bis Jahresende aufgegeben, kündigte Geschäftsführer und Gründer-Enkel Christian Gries kürzlich gegenüber WELT an. Übrig bleiben dann noch 285 Läden. „Es gab keine Möglichkeit mehr, diese Filialen und Depot generell rentabel zu betreiben.“ Rund 80 Prozent der betroffenen Mitarbeiter werden im Zuge dessen in andere Filialen versetzt. Insgesamt 50 Beschäftigte verlieren ihren Job.