

Die Stimmungseintrübung am Fußballstandort Frankfurt hat sich fortgesetzt. Den November-Blues, von dem das Team, sein Trainer und die Anhängerschaft nach dem 0:3 gegen Bergamo in der Champions League erfasst worden waren, konnten die Hessen zum Ausgang der Arbeitswoche nicht vertreiben: Sie kamen gegen den VfL Wolfsburg nicht über ein 1:1 hinaus.
Ein später Strafstoßtreffer des eingewechselten Michy Batshuayi (96. Minute) verhinderte die Niederlage. Abermals lieferten sie über weite Strecken eine unterkühlte Vorstellung ab, die nicht dazu beitrug, dass den SGE-Freunden unter den 58.000 Besuchern bei nasskaltem Herbstwetter warm ums Herz wurde. Die Selbstzweifel konnten kaum verringert werden – eigentlich die Absicht von Trainer Dino Toppmöller, der sich nun als Nächstes mit zwei schweren Aufgaben für seine flatterhafte Mannschaft konfrontiert sieht: Kommenden Samstag (18.30 Uhr im F.A.Z.-Liveticker zur Fußball-Bundesliga und bei Sky) geht es im Ligaalltag nach Leipzig, drei Tage später wartet mit dem FC Barcelona eine hohe Auswärtshürde in der Königsklasse.
Durch das Unentschieden verpassten es die Frankfurter, die nun seit immerhin sechs Partien in der Bundesliga unbezwungen sind, ihre Position im oberen Tabellendrittel weiter auszubauen. Sie finden sich nach dem zwölften Spieltag auf Rang sieben wieder. Die Wolfsburger, die in dieser Saison überhaupt erst zwei Erfolge feierten, zuletzt am 25. Oktober beim 1:0 in Hamburg drei Punkte holten und sich in einer ungleich ungemütlicheren Situation befinden, belegen Platz 15.
Knauff ersetzt Burkardt als Sturmspitze
Dass die Ausgangslage der Eintracht schon einmal verlockender aussah, ließ sich an der Startelf erkennen. Toppmöller verzichtete nach dem Ausfall Jonathan Burkardts, der nach den Worten seines Coaches vom Sonntag wegen einer Muskelverletzung in der Wade definitiv in diesem Jahr nicht mehr zum Einsatz kommen wird, sowohl auf Batshuayi als auch auf Elye Wahi, der gar nicht im Aufgebot stand.
Vorne sollte der üblicherweise im Mittelfeld aufgebotene Ansgar Knauff, unterstützt von Jean-Mattéo Bahoya und Ritsu Doan auf den Flügeln, den bis dato wenig sattelfesten Deckungsverbund der Wolfsburger durchbrechen. Soweit die Theorie, die sich in der Praxis nur bedingt als funktionstüchtig erwies. Die Eintracht hinterließ zwar den deutlich aktiveren Eindruck und fand Mittel und Wege, die letzte Linie des VfL zu überwinden. Doch bei der Strafraumbesetzung gab es immer wieder Abstimmungsschwierigkeiten: Laufwege stimmten nicht, der letzte Pass kam nicht an.
„Ich müsste lügen, wenn ich behaupten würde, dass Johny uns nicht gefehlt hat“, kommentierte der Frankfurter Sportvorstand Markus Krösche die selten zwingend anmutenden Versuche. Schlussmann Michael Zetterer bemängelte, dass „zu wenig Emotionalität“ spürbar geworden sein, „dass müssen wir in den nächsten Tagen im Training reinbekommen“. Der 30-Jährige vermisste „den letzten Punch und die pure Leidenschaft“. Er könne, räumte er ein, „verstehen“, dass es den Fans ein „bisschen auf den Magen schlägt“, wie die Eintracht momentan Angriff aktuell aufziehe. „Wir wollten ein anderes Gesicht zeigen“, sagte Zetterer, „die Enttäuschung ist da.“
Mario Götze, der mit Doan rotierte und mal rechts, dann wieder links auf der Außenbahn als Ideengeber positiv auffiel, ließ die erste Chance zur Frankfurter Führung verstreichen (12.). Mit dem Schuss von Rasmus Kristensen, der durch ein großes Arbeitspensum auffiel, hatte VfL-Keeper Kamil Grabara ebenfalls keine Mühe (32.), während Doan knapp am Pfosten vorbeizielte (40.).
Zudem verhinderte Yannick Gerhardt Schlimmeres für die Wolfsburger. Kurz vor der Pause – der stärksten Phase der Frankfurter im ersten Abschnitt – und bei ihrer dritten Ecke in Folge faustete Grabara den Ball genau in die Füße von Arthur Theate, der direkt aus sieben Metern abzog. Gerhardt stand im eigenen Fünfer jedoch richtig und blockte den Versuch ab (42.). Der VfL tauchte selbst nur einmal gefährlich vor Zetterer auf. Mohamed Amoura lenkte die Hereingabe von Christian Eriksen allerdings über die Latte (22.).
Im zweiten Durchgang wurden die Niedersachsen aktiver, sie starteten ihr Pressing früher. So kamen sie zu Möglichkeiten, die Patrick Wimmer (52., 53.) und Amoura (59.) jedoch nicht zu nutzen wussten. Mit der Hereinnahme Batshuayis für Götze, dessen Energiereserven zur Neige gingen, wollte Toppmöller die Offensive für die Schlussphase um einen Spieler ergänzen, der mit seiner Statur auch als kopfballstarker Flankenabnehmer in Frage kommt.
Stattdessen schlug aber zunächst der VfL zu: Aus einem Einwurf der Eintracht kam die Kugel zu Saël Kumbedi, der eine Vorlage lieferte, die Kristensen so falsch einschätzte, dass sich Aaron Zehnter hinter seinem Rücken davonschleichen und zum 1:0 für Wolfsburg einschieben konnte (68.).
Worst Case an diesem Abend abgewendet
Als vieles darauf hindeutete, dass die Eintracht den nächsten Nackenschlag würde verkraften müssen, gab es noch eine Wendung: Auf Intervention des Videoassistenten Sven Jablonski entschied Referee Harm Osmers in der Nachspielzeit auf Strafstoß, nachdem er am Seitenrand die TV-Bilder angeschaut und ein Foul von Denis Vavro an Theate erkannt hatte.
Batshuayi nutzte die Gunst des Augenblicks und verwandelte aus elf Metern mit seinem ersten Saisontor zum 1:1-Endstand. Für Toppmöllers Team war damit der Worst Case an diesem Abend abgewendet – mehr nicht: In dieser Verfassung wird es schwer, ohne weitere Schwierigkeiten in die Winterpause zu kommen, in der vom 1. Januar an Transfers wieder möglich sind. Die Eintracht hat sie dringend nötig, Wolfsburg nicht weniger.
