

Die Gerüchte um Edin Terzic ließen Markus Krösche nicht aus der Haut fahren – er zweifelte lediglich die Quelle an: „Hat das ein Blogger geschrieben?“
Krösche stand im dicken, schwarzen Daunenmantel in der zugigen Interviewzone des Volksparkstadions. Er wollte das alles in allem enttäuschende 1:1 beim Hamburger SV zum Ende des Fußballjahres 2025 der Eintracht erklären.
Doch die Nachfrage nach Trainer Dino Toppmöller ließ den 45 Jahre alten Sportvorstand am Samstagabend grundsätzlich werden: „Man muss das Ganze mal in Kontext setzen. Wir haben eine junge Mannschaft, wir haben im Sommer Leistungsträger verloren. Es dauert, bis ein Rädchen ins andere greift. Wir sollten hier alle mal entschleunigen und auch mal Ruhe, Geduld und Demut haben“, hob Krösche an, „wer sind wir denn als Eintracht Frankfurt? Wir kommen aus schwierigen Jahren mit Abstiegskampf und Relegation.“
Natürlich habe es etwas mit der Mannschaft in den folgenden Bundesligaspielen „gemacht“, wenn sie vorher in der Champions League „auf die Mütze“ bekommen habe, sagte Krösche: „Da haben wir Lehrgeld gezahlt.“
Ein wenig ist es auch der Fluch der guten Tat, der die Eintracht gerade unzufrieden und zur Zielscheibe von Kritik macht. An anderen Standorten, in Bremen und auch Hamburg, gelten die Hessen nämlich als glänzendes Vorbild, wie sich strauchelnde Traditionsvereine beeindruckend aufrappeln können und zu Mitgliedern der europäischen Beletage werden.
Während man sich in Frankfurt an Erfolge und begeisternde Auftritte gewöhnt hat und nun eher hohe Niederlagen gegen Atlético, Liverpool oder Bergamo zur negativen Benchmark werden, würde der HSV für Rang 30 in der Champions-League-Tabelle sofort Maskottchen Dino Hermann verschenken.
Die angemessen unzufriedene Innensicht und die eher staunende Außensicht klaffen bei der Eintracht gerade weit auseinander.
„Kontext“ bot deswegen Dino Toppmöller in seiner Halbjahresbilanz – und eine Portion Eigenwerbung im zweiten Teil seiner dritten Saison als Cheftrainer: „Mit 25 Punkten haben wir wieder ein sehr gutes Halbjahr in der Bundesliga gespielt. Da lassen wir uns auch nichts anderes einreden, wenn man auch heute sieht, wie viele Leistungsträger ausgefallen sind.“
Dass manchmal die Tabelle die Ausbeute verzerrt, sieht man am Vergleich von 2024 mit 2025: Vor einem Jahr waren die Frankfurter mit zwei Punkten mehr Dritter. Nun bei 25 Zählern Siebter.
Ohne Arthur Theate, Mario Götze, Ellyes Skhiri, Fares Chaibi, Jonathan Burkardt und Michy Batshuayi (verletzt, krank oder auf dem Weg zum Afrika-Pokal) errang die SGE in der stimmungsvollen Arena einen Punkt, der am Ende sogar glücklich war, denn in den neun Minuten Nachspielzeit spielte der HSV auf Sieg. „Bei uns sind die beiden besten Torschützen weg, der beste Vorlagengeber fehlt – natürlich fehlt uns da Qualität im Abschluss“, sagte der 45 Jahre alte Cheftrainer.
Die hatte zumindest Hugo Larsson bei seinem 1:1 in der 27. Minute bewiesen. Sambi Lokongas Führung acht Minuten vorher war ausgeglichen, und als sich Frankfurt nach schwacher erster in eine bessere zweite Halbzeit steigerte, lag das 2:1 in der 77. Minute in der Luft: Doch Hamburgs Bakery Jatta wehrte den Schuss von Nathaniel Brown auf der Linie stehend mit dem Bauch ab.
Der Eintracht fehlt es weiter an Mut und Spielfreude
Ansonsten aber mangelte es an Mut, Inspiration, Spielfreude. „Wir haben in der Offensive zu wenige Ballphasen“, monierte Krösche.
Wie anfällig die neben Heidenheim schwächste Abwehr der Bundesliga ist, sah man beim Hamburger Konter über Ransford Königsdörffer in der 80. Minute; er hatte Fabio Vieira geschickt angespielt, der traf gekonnt – war aber mit der Schulter im Abseits.
„Beim Umschalten des Gegners machen wir es nicht gut“, kritisierte Sportvorstand Krösche, seit 2021 dabei und ebenfalls 45 Jahre alt, „da müssen wir uns entwickeln, denn wir werden auch in der Rückrunde mehr Ballbesitz haben als die meisten Gegner.“
Toppmöller hatte vor allem der persönliche Fehler von Nnamdi Collins vor dem 0:1 gestört: „Er kann den Ball da einfach hinten rausspielen.“ Stattdessen legte der Nationalspieler Hamburgs Lokonga den Ball zum Treffer auf. Nach dem Ausgleich verhinderten die Latte (bei Philippes Schuss) und Nathaniel Brown auf der Linie das 1:2 (28. Minute). Tatsächlich wurde die zweite Runde der Eintracht etwas besser, weil aktiver. Am Ende aber war das Remis das gerechte Resultat nach 99 Minuten, die den Frankfurtern alles abverlangt hatten.
Bei der Eintracht sehnt man sich nun nach ein paar Tagen auf dem Sofa. „Wir sind personell gebeutelt, und bei vielen Spielern merkt man die Belastung der vielen Spiele“, sagte Toppmöller. „Einige sind auf der letzten Rille unterwegs. Ich bin froh, dass die Jungs jetzt mal abschalten können. Wir freuen uns auf die Pause und wollen mit Wucht, Energie und Power ins Jahr 2026 starten.“ Am ehesten hatte am Samstag noch der eingetauschte Oscar Højlund für frischen Wind gesorgt.
Ob sich dann im Kader noch etwas tut, wollte Dino Toppmöller nicht verraten, schob stattdessen Markus Krösche den Ball zu, als er sagte: „Lass den Markus mal machen, und dann gucken wir, was der Weihnachtsmann bringt.“ Einen neuen Trainer wahrscheinlich nicht.
