
Trump sagt es selbst: Was Israel und die Hamas jetzt vereinbart haben, ist die erste Phase. Sein Friedensplan, der eine gute Grundlage für ein Ende des Krieges und die Rückkehr zu stabileren Verhältnissen im Nahen Osten wäre, sieht weitere Schritte vor. Aber es wäre schon ein großer Fortschritt, wenn dieser erste Schritt gelänge. Trump, der sich selbst oft zu Unrecht feiert, hat allen Grund, sich diesen Erfolg gutzuschreiben.
Wenn die Hamas nun wirklich die verbliebenen Geiseln freilässt, dann hat sie sich im Kern mit ihrer Niederlage abgefunden. Sie gäbe ihr letztes Faustpfand aus der Hand und wäre dann auch in den weiteren Etappen zu Kompromissen und zum Nachgeben gezwungen. Netanjahu wiederum lässt sich mit dem Rückzug auf eine erste vereinbarte Linie auf einen Prozess ein, der wegführt von den Annexions- und Vertreibungsphantasien, die nicht nur seine radikalen Koalitionspartner hegen. Das sind bessere Aussichten als bei den vorherigen Waffenruhen. Noch nie in den zwei Jahren, die seit dem Überfall der Hamas vergangen sind, waren Gaza und die ganze Region einem Frieden so nahe.
Ehrgeiz als globaler Friedensstifter
Auch Trumps Dauerkritiker sollten anerkennen, dass schon allein das eine Leistung des Präsidenten ist. Er hat es ernst gemeint mit seinem Wahlkampfversprechen, diesen in jeder Hinsicht komplexen Krieg zu beenden (wie auch den in der Ukraine). Schon in seiner ersten Amtszeit wurde oft übersehen, dass Trump im Gegensatz zu seinen Vorgängern Amerika in keinen neuen Krieg führte. Daraus wurde in seiner zweiten Amtszeit ein Ehrgeiz als globaler Friedensstifter, der mindestens so sehr der persönlichen Eitelkeit des Präsidenten entspringt wie den objektiven Interessen der strategisch überdehnten Weltmacht.
Im Fall Gazas bestehen sie nicht nur darin, die Sicherheit Israels zu gewährleisten, sondern auch die Stellung Amerikas als Vormacht in der arabischen Welt zu wahren. Letzteres hat Netanjahu in erstaunlicher Weise unterschätzt, als er die Hamas-Führung in Qatar bombardieren ließ. Dass Trump den israelischen Ministerpräsidenten diesmal nicht gewähren ließ, sondern ihm einen Friedensplan für Gaza aufnötigte, zeigt wieder einen Lernprozess. Ähnlich wie bei Putin war Trump bereit, am Ende Druck auf Netanjahu auszuüben.
Militärische Vorarbeit Israels
All das wäre trotzdem nicht möglich gewesen ohne die militärische Vorarbeit, die Israel geleistet hat. Nach allem, was man weiß, ist die Hamas derzeit nur noch eine Guerillatruppe; ihre Hauptverbündeten in Iran und in Libanon sind entscheidend geschwächt. Wichtige arabische und muslimische Staaten unterstützen Trumps Plan. So eine Konstellation gab es unter Biden einfach nicht.
Die Geschichte des Nahen Ostens lehrt, dass man den Tag nicht vor dem Abend loben sollte. Wichtige Elemente von Trumps Plan sind noch nicht im Einzelnen geklärt, allen voran die Entwaffnung der Hamas und die künftige Ordnung des Gazastreifens (vom Westjordanland zu schweigen). Die Hamas wird versuchen, irgendwie zu überleben und weiter eine Rolle zu spielen, und auch in Israel wird es weiter Leute geben, die gegen einen Ausgleich mit den Palästinensern sind. Aber es ist beiden Völkern zu wünschen, dass Trump weiter Erfolg hat.