Eine extreme Lektüre: Thomas Melles neuer Roman „Haus zur Sonne“ – Kultur

Lässt sich ein Krankheitsbild in eine poetische Kraftquelle verwandeln? Der manisch-depressive Schriftsteller Thomas Melle könnte einen Weg gefunden haben.

Wenn Thomas Melle in seinen Büchern als Autor „Ich“ sagt, wird die Lektüre schlagartig kompliziert. In den beiden als Roman bezeichneten Büchern, die als Ich-Erzählung konzipiert sind – „Die Welt im Rücken“ und „Haus zur Sonne“ –, ist Thomas Melle ein körperlich und seelisch zerrütteter, ja zerstörter Mensch, der von nichts anderem erzählen kann als von dieser Zerrüttung selbst, weil sie in ihrer Totalität eben auch die Erkenntnis- und Ausdrucksfähigkeit bestimmt, das Denken und Sprechen, das Deuten und Reflektieren, die Rhythmen und Motive, einfach alles. Das ist Effekt der Krankheit, und das ist zugleich gewollt. Es ist ein Schicksal, und es ist ein ästhetisches Programm.