Einbruch im Louvre: Was passiert mit gestohlenen Kunstwerken – Panorama

Sieben Minuten dauerte der Einbruch. Sieben Minuten, in denen zwei Männer am frühen Sonntagmorgen durch ein Fenster in den Pariser Louvre eindrangen, zwei Vitrinen aufbrachen und neun Schmuckstücke von bisher unschätzbarem Wert entwendeten – darunter Ohrringe, eine Halskette, ein Collier, eine Krone, besetzt mit Tausenden Diamanten. Auf der Flucht verloren sie einen Teil ihrer Beute. Die Krone der französischen Kaiserin Eugénie wurde wenig später vor dem Museum gefunden. Von den übrigen Juwelen und den Tätern fehlt seitdem jede Spur. Rund sechzig Ermittler arbeiten an dem Fall, werten Videomaterial aus, sichern Spuren.

So weit, so spektakulär. Aber was machen Kriminelle eigentlich mit solch einzigartigem Diebesgut? Anruf im Sachgebiet 622 des bayerischen Landeskriminalamts. Dort, in München, sitzt Patrick Haggenmüller, Kriminalhauptkommissar und stellvertretender Fachbereichsleiter der Kunst– und Kulturgutfahndung. Wenn irgendwo auf der Welt ein Kunstwerk verschwindet, landet die Meldung über kurz oder lang auch auf den Schreibtischen seiner Abteilung. Auch an den Ermittlungen zum Diebstahl des keltischen Goldschatzes von Manching waren die Sonderermittler beteiligt.

Der Fall Manching zeigt, was passieren kann, wenn Kunst in die Hände von Kriminellen gerät. Damals brachen die Täter in das dortige Kelten- und Römermuseum ein, stahlen 483 Goldmünzen, 2100 Jahre alt und von unschätzbarem immateriellen Wert. „Im Zuge der Ermittlungen konnten wir einen Teil der Münzen sichern“, sagt Haggenmüller. Darunter auch eingeschmolzene Goldreste. Ein Großteil der Münzen ist bis heute verschwunden. Auch die 2017 aus dem Berliner Bode-Museum gestohlene 100 Kilogramm schwere Goldmünze „Big Maple Leaf“ wurde wohl eingeschmolzen.

Beim Einbruch in das Grüne Gewölbe in Dresden 2019 wurden 21 Schmuckstücke mit Brillanten und Diamanten im Wert von mehr als 113 Millionen Euro gestohlen. Die Täter gaben später einige Stücke stark beschädigt wieder zurück, andere gelten weiterhin als verschollen.

Auf dem legalen Kunstmarkt lasse sich solche Beute nicht verkaufen. sagt Haggenmüller. „Viele Stücke sind eindeutig identifizierbar.“ Jeder Edelstein, jede Fassung, jeder Schliff sei dokumentiert. Ein Händler würde bei solchen Angeboten sofort stutzig werden. Deshalb, so der Kommissar, sei gestohlene Kunst „fast unverkäuflich“. Und so bleibe den Tätern oft nur, die Schmuckstücke zu zerlegen oder einzuschmelzen.

„In manchen Fällen steckt reine Habgier dahinter.“

Die Arbeit der Ermittler beginnt, sobald ein Kunstwerk verschwindet. „Die gestohlenen Objekte werden nach einem Diebstahl in die Kunstfahndungsdatenbanken des Bundeskriminalamts und von Interpol eingestellt“, sagt Haggenmüller. „Dann prüfen wir, ob es vergleichbare Fälle gibt.“ Oft geschieht das in enger Abstimmung mit europäischen Partnern. Parallel werden Online-Marktplätze und Auktionshäuser überprüft.

Warum aber nehmen Täter ein solches Risiko überhaupt auf sich? „In manchen Fällen steckt reine Habgier dahinter, in anderen gezielte Beauftragung“, so Haggenmüller. Manche Taten seien auch auf Erpressungsversuche zurückzuführen – etwa, wenn Täter Lösegeld für die Rückgabe eines Kunstwerks fordern.

Dass solche Fälle nicht immer mit Zerstörung enden müssen, zeigt ein Beispiel aus Wien: 2003 wurde aus dem Kunsthistorischen Museum die „Saliera“, ein goldener Salzstreuer von Benvenuto Cellini, gestohlen. Der Täter versteckte sie zwei Jahre lang in einem Wald, bevor sie unversehrt wieder auftauchte. Doch das ist die Ausnahme. Einige Kunstgegenstände verschwinden auch für immer.„Kunstkriminalität ist international“, sagt Haggenmüller. Ein Objekt könne binnen Tagen über mehrere Grenzen gebracht werden. „Wir arbeiten eng mit Interpol, dem BKA und Museen zusammen – aber viele Spuren verlieren sich schnell.“ In den meisten Fällen bleiben die Kunstwerke verschwunden – für Jahre, manchmal für immer.