Ein Dirigent wird gut im Alter von etwa 60 Jahren, sagte Simon Rattle einmal. Mit 97 Jahren erscheint Herbert Blomstedt für drei Konzerte vor den Berliner Philharmonikern und zeigt, wie viel da noch kommen kann.
„Ihr Kinderlein kommet“ hat man am Tag vor dem 4. Advent im Ohr – jetzt sogar in der Berliner Philharmonie – und hört die Kleinen anscheinend auch dort singen und tirilieren. Dann aber kommt ein hochbetagter Herr in den voll besetzten Saal, der Dirigent Herbert Blomstedt, mit seinen 97 Jahren vom Pianisten Leif Ove Andsnes behutsam am Arm aufs Podium geführt. Blomstedt dirigiert Anton Bruckners monumentale Neunte, seine unvollendete letzte Symphonie, in ihrem Entstehungskampf jahrelang herangereift bis zu Bruckners Tod 1896, von ihm selbst nicht mehr gehört, erst 1903 zum ersten Mal aufgeführt.