
Die Pläne des hessischen Ministerpräsidenten Boris Rhein (CDU) zum Frankfurter Bahnhofsviertel stoßen bei den Trägern der Drogenhilfe auf Kritik. „Wir sind Teil der Lösung, nicht Teil des Problems“, sagte Gabi Becker, Geschäftsführerin der integrativen Drogenhilfe. „Die in allen Äußerungen mitschwingende Diffamierung unserer Arbeit ist vollkommen inakzeptabel.“ Christine Heinrichs, stellvertretende Geschäftsführerin des Frankfurter Vereins für soziale Heimstätten, bezeichnete die Pläne als „falschen Schluss“, und für Achim Teipelke, Geschäftsführer der Aids-Hilfe Frankfurt, sind sie „geradezu verführerisch falsch“.
Der Sieben-Punkte-Plan sieht vor, dass Drogenhilfseinrichtungen künftig vom Bahnhofsviertel in andere Stadtteile verlegt werden sollen. Die „Magnetwirkung“ für Drogensüchtige solle damit reduziert, der „Kreislauf aus Beschaffung, Betäubung, Beratung und Behandlung an einem Ort“ durchbrochen werden. Das sei eine „komplette Verdrehung der Tatsachen“, hielt Becker dem entgegen. Die „massenhaft zur Verfügung stehenden billigen Drogen“ seien der Grund für die Menschen, nach Frankfurt zu kommen, nicht die Hilfseinrichtungen.
Süchtige nicht allein für die Zustände verantwortlich
Ein Viertel für eine ganze Personengruppe abzuriegeln, sei eine Illusion, sagte sie. Die Hilfen seien im Bahnhofsviertel angesiedelt, weil dort nun einmal die Hilfsbedürftigen seien. Und die seien dort, wo ihre Dealer seien, fügte Heinrichs hinzu. Wenn Rhein dem Viertel wirklich helfen wolle, müsse er die Einrichtungen als Brücken aus dem Viertel hinaus stärken.
Teipelke sagte, es sei „fahrlässig und unangemessen“, die Süchtigen für die unmenschlichen Zustände im Quartier verantwortlich zu machen. Das Bahnhofsviertel sei kein „isoliertes Biotop für Drogensucht und Kriminalität, sondern ein Verkehrsknotenpunkt“. Allein deshalb siedelten sich Branchen aus allen Milieus dort an, legale wie illegale. Dazu gehörten Spielhallen und Feiernde ebenso wie Drogendealer und Prostituierte.
Poseck reagiert nicht auf ihren Hilferuf
Innenminister Roman Poseck (CDU) bezeichnete am Donnerstag den Frankfurter Weg als gescheitert und warf Frankfurts Sozialdezernentin Elke Voitl (Die Grünen) nach ihrer Kritik an den Plänen der Landesregierung ein „Weiter so“ vor. Voitl hatte vor allem kritisiert, dass sich nach den Plänen der Landesregierung die Drogenszene in der ganzen Stadt verteilen würde, wenn die Einrichtungen in andere Stadtteile verlegt würden. Poseck forderte Voitl auf, „sich an neuen Lösungen aktiv zu beteiligen“.
Das jedoch hatte die Dezernentin schon vor einem Monat getan. Über den Hessischen Städte- und Gemeindebund waren Voitl und Oberbürgermeister Mike Josef (SPD) auf das Land zugegangen. Sie hatten um Unterstützung gebeten bei dem Versuch, eine landesweite Drogenhilfe einzurichten, damit sich die Szene nicht allein auf Frankfurt konzentriere.
Ziel sei es, in anderen Kommunen eigene Hilfseinrichtungen zu etablieren und Gespräche mit anderen Bundesländern zu führen, deren Abhängige derzeit nach Frankfurt kämen. Das Land solle eine steuernde Funktion einnehmen. Dem ist es bisher jedoch nicht nachgekommen und hat stattdessen nun einen eigenen Plan für das Bahnhofsviertel vorgelegt.