
Mit London ist es ähnlich wie mit New York: Auch wenn man die Stadt zum ersten Mal besucht, fühlt man sich oft gleich merkwürdig heimisch. Orte wie die Tower Bridge, Borough Market, Hyde Park oder King’s Cross sind Hintergrund so vieler Lieblingsfilme, dass man sie mindestens genauso gut zu kennen glaubt wie die Welt vor der eigenen Haustür. Warum also nicht mal eine England-Reise zu beliebten Film-Locations machen? Neben London bieten sich auch Birmingham und Bath als Stationen an.
Selbst wenn große Player wie die BBC mittlerweile auch andere Standorte stärken wollen: London ist und bleibt als Hauptstadt Englands und Großbritanniens das Herz der Filmindustrie. Ein paar Orte, die gleich Kopfkino auslösen: die Portobello Road im Stadtteil Notting Hill, über deren Straßenmarkt der von Hugh Grant gespielte William Thacker im Liebeswirrwarr läuft und dabei in einer Sequenz zur Musik von Bill Withers „Ain’t No Sunshine When She’s Gone“ alle Jahreszeiten erlebt. Der Bahnhof King’s Cross, an dem Harry Potter am fiktiven Gleis 9 ¾ auf seine Reisen nach Hogwarts startet. Das von der Vauxhall Bridge oder der Themse aus zu sehende Gebäude, das in den James-Bond-Filmen als MI6-Hauptquartier dient.
Von der Themse aus eröffnet sich sowieso ein erstklassiges London-Panorama, in dem neben James Bond auch der von Tom Cruise gespielte Agent Ethan Hunt in „Mission: Impossible“ schon mehrfach unterwegs war. Will man es betrachten und sich dabei gleichzeitig wie ein Action-Held fühlen, steigt man am Anlegesteg unterhalb des Riesenrads London Eye in ein Thames Rocket. Diese raketenschnellen Motorboote katapultieren kleinere Gruppen geradezu über den mythenumrankten Fluss: Westminster Abbey, Big Ben, Tower, Tate Gallery, Millennium Bridge – alles fliegt vorbei, daneben Möwen, deren Schreie sich mit den entzückten Ausrufen der Passagiere mischen, die sich fühlen wie auf einer Achterbahn.
Anders trubelig geht es auf dem Borough Market zu. Die Ursprünge dieses Lebensmittel- und mittlerweile auch Feinschmecker- und Streetfood-Markts gehen bis ins 13. Jahrhundert zurück, andere Stimmen sagen, er ist schon über 1000 Jahre alt. Direkt an der Ecke vor dem Eingang, im Haus, das den Pub „The Globe“ beherbergte und heute ein Thai-Barbecue-Restaurant, wohnt in den ersten drei Filmen Bridget Jones (Renée Zellweger), die natürlich gern auf dem Borough Market Essen shoppt. Ob sie im neuen vierten Teil der Filmreihe, der in Deutschland „Verrückt nach ihm“ heißt und am 27. Februar startet, auch noch dort leben wird, ist allerdings zu bezweifeln. Die Wohnung ist wahrscheinlich zu klein für zwei Kinder. Aber eine Referenz an diesen lebendigen Ort, wo Colin Firth und Hugh Grant in ihren Rollen vor der Tür standen, um ihre Angebetete zu sprechen, werden die Macher sicher einbauen.
Birmingham ist das Ruhrgebiet Englands. Hier ist alles etwas rauer und grauer, auch verbauter. Englischen Charme hat die Stadt natürlich trotzdem und als große Besonderheit ein Kanalnetz, das größer sein soll als das von Venedig. Die Kanäle sind in der gleichnamigen Serie die Welt der „Peaky Blinders“, die eine gewalttätige Jugendbande um die Wendezeit vom 19. zum 20. Jahrhundert war. Natürlich schlägt Birmingham Kapital aus dem großen Erfolg der Show: Wenn nicht gerade eine giftige Alge überhandnimmt, kann man Kayak-Touren auf den Kanälen machen, die mitten durch die Stadt an legendären Orten wie The Malt House Pub vorbei führen. Man kann über Get Your Guide eine Slogging-Gangs-Tour buchen und wird von einem Schauspieler mit Schiebermütze in die Welt der Peaky Blinders eingeführt – inklusive Getränk im stilechten Gunmakers Arms Pub.
Serien-Erfinder Steven Knight ist in Birmingham aufgewachsen und bemüht sich weiter darum, dass hier in alten Fabrikhallen eine Filmstudio-Infrastruktur entsteht. Auch die BBC renoviert gerade einen alten Backsteinbau am Kanal, um Orte abseits von London zu etablieren und dort etwa das Koch-Format MasterChef zu produzieren.
Einen vollständigen Einblick in die Welt der Peaky Blinders erhält allerdings erst, wer auch das Black Country Freilichtmuseum in Dudley besucht. Hier gibt es auch Kanäle – und eine authentische Arbeits- und Lebenswelt des 19. und frühen 20. Jahrhunderts, in der viele Szenen gedreht wurden. Auch Teile des Films um die Enigma-Maschine mit Benedict Cumberbatch spielen hier.
Wer den schönsten Ort Englands sucht, könnte in Bath glücklich werden: die gesamte Stadt mit ihrer gut erhaltenen gregorianischen Architektur ist Unesco-Weltkulturerbe, fast alle Gebäude sind aus dem gelblich schimmernden „Bath Stone“ gebaut. Wer die Historienfiktion-Serie „Bridgerton“ mag (und das sind viele!), kennt die Bath Street in der historischen Altstadt schon aus der Eröffnungssequenz. Viele andere Szenen wurden in ihren Straßen oder Gebäuden gedreht.
Ein Anlaufpunkt für Bridgerton-Fans ist zum Beispiel der große Stadthaus-Komplex The Royal Crescent, der in der Serie als Wohnort der Featheringtons dient, und in dem ein detailgetreu eingerichtetes Museum das Leben im 18. Jahrhundert zeigt. Unbedingt sollte man die Therme besuchen, die aus natürlichen heißen Quellen gespeist wird. Und das Jane-Austen-Festival, das im September rund um das Jane Austen Centre stattfindet, ist natürlich auch ein großer Anziehungspunkt.