
Meinung
Die mächtigsten Hände der Welt – und was sie uns wirklich verraten
Flecken auf Donald Trumps Händen sorgen für Aufsehen, sein Team und die Fans betonen seine Fitness. Für den Rest von uns sind sie immerhin nützlich – als Anschauungsobjekt.
Als die Welt noch unsensibler und ganz allgemein wenig rücksichtsvoll war, gab es sie vielerorts: Museen, in denen Menschen oder Teile von ihnen ausgestellt wurden, konserviert und plastiniert. Anatomische Institute an Universitäten verfügten über Hunderte Schaustücke von Missbildungen, über Schädel und quadratmeterweise Haut, über Knochen oder in Alkohol schwimmende Lebern, Augen, Hände und Füße.
Das Interesse daran hat ab-, die Feinfühligkeit der Institutionen zugenommen. Aber das gleicht Social Media locker aus. Derzeit besichtigen wir alle ein lebendiges Schauobjekt, bekannt für absurde Gesichtsfärbung, seltsame Hautflecken, merkwürdig verdickte Beine und einige physische Besonderheiten mehr: Donald Trump.
Alle Welt redet davon, dass der Präsident der Vereinigten Staaten nun auch auf seinem linken Handrücken einen auffälligen Flecken trägt. Zuvor war das schon auf der rechten Hand der Fall, da soll es vom vielen Händeschütteln gekommen sein. Und weil bei Donald Trump immer alles so fürchterlich konkret, ja, so überwältigend vulgär sein muss, gibt das Weiße Haus hochoffizielle Erklärungen über kosmetische Defekte am mächtigsten Mann der Welt zum Besten.
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© svetikd / Getty Images
Donald Trump: Der gesündeste Senior der Welt?
Trump, so haben wir gestern erneut erfahren, sei bei herausragendster Gesundheit und alles überhaupt mindestens so wunderbar und großartig wie alles im chronischen Superlativ-Schwall des Präsidenten selbst. Man hat zwar eingeräumt, dass der Commander-in-Chief unter chronischer Veneninsuffizienz leide und deswegen geschwollene Beine habe, aber das sei eben altersgemäß. Inwieweit die in letzter Zeit auffällig wirren Reden Trumps ebenfalls altersgerecht sind, wurde auch in der jüngsten Bekanntmachung nicht thematisiert.
Aber wo bleibt das Positive? Das Positive ist, dass wir jetzt ein globales, wandelndes Anschauungsobjekt haben für allerlei Klagen und Qualen des Alters, die in entwaffnender Offenheit am Objekt Trump diskutiert werden dürfen: Niemand muss dafür ins Museum gehen oder ein medizinisches Handbuch zurate ziehen.
Was nun die Flecken auf der Hand des Präsidenten betrifft, sind die gängigen Erklärungen allerdings völlig plausibel: Die alternde Haut verliert Unterhautfettgewebe und Kollagen, sie ist daher schlechter gepolstert und deshalb für Stöße besonders empfindlich. Die Gefäße werden brüchig und reißen leichter ein, bereits bei minimalem Druck. Jeder, der schon einmal professionell oder auch zu Hause gepflegt hat, weiß darum.
Ungetüncht: Trumps Hautfleck wurde am vergangenen Wochenende offenbar, als er den südkoreanischen Präsidenten Lee im Weißen Haus begrüßte © Alex Brandon, dpa
Ein einfaches Anstoßen an Möbeln, das Anlegen der Blutdruckmanschette, das Einklemmen eines Fingers an der Schublade führen zum Einbluten in das oberflächliche Gewebe. Es zeigt sich dann alsbald der blaue Fleck; und je älter der Mensch wird, desto länger bleibt der Fleck auch. Von Blau nach Violett nach grünlich bis gelblich, wie es jeder von uns kennt – mitunter dauert es bei um die 80-Jährigen gut drei Wochen, bis die Blessur schließlich verschwunden ist.
Häufiger, heftiger und noch langwieriger vollzieht sich das Geschehen leicht, wenn Blutgerinnungs-Hemmer eingenommen werden müssen, etwa, um einem Herzinfarkt vorzubeugen. Zu ihnen zählt das altbekannte Marcumar, neuere Substanzen wie Apixaban oder Rivaroxaban und mitunter auch ASS (Aspirin) ab einer nicht ganz geringen Dosis. Letzteres wurde im Trump-Kontext des Öfteren bereits als möglicher Verursacher der präsidentiellen Fleckigkeit erwähnt.
Insgesamt also wäre es vollkommen plausibel, dass Trump, ein Hochbetagter, dessen Prominenz sich nicht einem besonders gesunden Lebensstil verdankt, allerlei Hautauffälligkeiten zeigt. Allerdings sehen wir sie nur zum Teil. Denn wie einst die Museumsstücke, die mit Leim, Draht und Tünche aufgebessert wurden, verhindert die in Amerika überdurchschnittlich ausgeprägte Neigung zur Anwendung von Männerkosmetik wahrscheinlich, dass wir alles zu sehen bekommen.
Flecken, Flecken, immer wieder Flecken
Als da wären: Altersflecken, die typische flache Pigmentierung durch jahrzehntelange Sonneneinwirkung. Alterswarzen, die verbreiteten gutartigen Knötchen. Die rote Äderung des Gesichts, die allerdings unter orangefarbenem Vordergrund kaum auszumachen wäre. Oder neben den „richtigen“ blauen Flecken auch die verbreitete Purpura senilis, violette Flecken vor allem an den Unterarmen, die auch ohne Stoß und Druck entstehen. All das, wenn auch gern und intensiv übertüncht, sagt einfach nur, dass jemand ziemlich alt ist.
Und es scheint, dass Trump das im eigenen Fall so nicht sieht, und wiewohl ein Meister im Austeilen – man erinnere sich an seinen notorischen Umgang mit Joe Biden –, keiner im Einstecken ist. Wenn er schon dazu verurteilt ist, als biologischer Organismus nolens volens weder alterslos noch unsterblich zu sein, dann kann Trump in der Welt von Trump auch künftig nur der gesündeste Greis unter allen Greisen der Welt sein. Der Präsenteste ist er ja längst. Jeder sieht ihn, ganz ohne Museum, und wer möchte, eben als medizinisches Anschauungsstück.