Dokumentarfilm: Warum „The Christopher Reeve Story“ so ergreifend ist

Was ist eigentlich ein Held? Etwa jemand, der Mutiges tut, ohne an die Konsequenzen zu denken? Oder doch eher ein ganz normaler Mensch, der, trotz aller Hindernisse im Leben, die Kraft findet, einfach weiterzumachen? Beide Definitionen stammen von Christopher Reeve. Beide aufgezeichnet und verinnerlicht an ganz unterschiedlichen Phasen in seinem Leben.

Christopher Reeve – sein Leben vor und nach dem Unfall

Der Dokumentarfilm von Ian Bonhôte und Peter Ettedgui zeichnet dieses „Davor und danach“ des ersten, tragisch bei einem Reitunfall verletzten Comic-Leinwand-Helden nach. „Super/Man – The Christopher Reeve Story“ erzählt berührend, kraftvoll, vielschichtig von einer Biografie mit der wohl höchst möglichen Fallhöhe.

Und den Regisseuren gelingt dabei Erstaunliches: Sie machen den Porträtierten zum Helden seiner eigenen Geschichte, während die Grenzen von dokumentarischem und fiktionalem Erzählen elegant verschwimmen.

Geschminkt, aber schwer gezeichnet: Der querschnittgelähmte Christopher Reeve nach seinem Reitunfall 1995.
Geschminkt, aber schwer gezeichnet: Der querschnittgelähmte Christopher Reeve nach seinem Reitunfall 1995.
© Herb Ritts / Warner
Geschminkt, aber schwer gezeichnet: Der querschnittgelähmte Christopher Reeve nach seinem Reitunfall 1995.

von Herb Ritts / Warner

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Ein Vorteil für die Regisseure ist die Fülle an vorhandenem Material. Denn Christopher Reeve hat auch noch vor seinem Tod im Jahr 2004 eine Autobiografie eingesprochen, die als Kommentar aus dem Off erhellende Einblicke in sein Inneres offenbart.

Außerdem sind die niemals beliebigen Homevideo-Aufnahmen ein reichhaltiger, erstaunlich intimer Fundus, die uns dabei helfen, einem Hollywoodstar so nah wie selten zu kommen.

1977: Vom Superman zum Superstar

Reeve, ein gebürtiger New Yorker, ist zu Beginn seiner Karriere ein Typ wie Tom Cruise: maskulin, smart, charismatisch. Ein ehrgeiziger Übersportler mit Vaterkomplex, dem die Rollen am Theater wie die Frauenherzen zufliegen.

Der erste Cut dann die Hauptrolle in „Superman“. Ein Unbekannter an der Seite von Legenden wie Marlon Brando bekommt 1977 den Zuschlag. Jackpot! Der erste wirkliche Comic-Blockbuster ist geboren, Reeve über Nacht ein Superstar.

Christopher Reeve als Superman mit Margot Kidder in einer Szene eines Superman-Films.
Christopher Reeve als Superman mit Margot Kidder in einer Szene eines Superman-Films.
© EPA Film Handout / dpa
Christopher Reeve als Superman mit Margot Kidder in einer Szene eines Superman-Films.

von EPA Film Handout / dpa

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So lang wie nötig kostet der Film den Glamour, die Partys, die Talkshow-Auftritte aus. Nie entgleitet dabei den Regisseuren die durch den Ruhm auch überforderte Privatperson, die bei allem Rummel sogar die Geburt des ersten Kindes verpasst.

Überhaupt die Kinder. Alexandra, Matthew und Will Reeve öffnen sich schmerzhaft empathisch für das Filmporträt über ihren Vater, verzichten auf Allgemeinplätze und erklären, was da wirklich passiert ist, am 27. Mai 1995. Der Tag, als der Papa mal wieder die sportlichen Grenzen austestet.

Beim Reitturnier stürzt der auf der Leinwand Unverwundbare, der eigentlich mal eine Phobie gegenüber Pferden hatte, schwer. Er bricht sich zwei Halswirbel, ist jetzt querschnittgelähmt.

Die Szenen im Krankenhaus gehen an die Nieren, beim Ringen um Leben und Tod, als Reeve die Inspiration zum kämpferischen „Immer weiter, immer weiter!“ von seiner damaligen Frau Dana bekommt: mit einem gehauchten Liebesbeweis, bei dem selbst Anti-Romantiker ins Schwitzen kommen dürften.

Und dann sehen wir diesen neuen alten Reeve, körperlich verändert, deformiert, der sich in der Reha schindet, wie besessen ans Laufen glaubt und ein Jahr später beim Oscar als Stargast mutig im Rollstuhl auftaucht.

Brüder im Geiste: Robin Williams und Christopher Reeve

Das Leben nach dem ersten Leben lässt Reeve in einer neuen Heldenrolle abseits der Leinwand erscheinen. Als endlich präsenter Familienvater und als nimmermüder Spendensammler für seine Stiftung, die sich für Querschnittgelähmte einsetzt.

Neben dieser beeindruckenden Metamorphose funktioniert „Super/Man – The Christopher Reeve Story“ aber auch als berückende, tragische Liebesgeschichte und als Freundschafts-Erzählung unter Hollywood-Stars. Der Komiker Robin Williams war es, ein ehemaliger Mitbewohner, der Reeve auch in seinen dunklen Zeiten unterstützt hat. Und dem später, bis zu seinem Suizid 2014, dieser Freund und dieser Halt so brutal gefehlt hat. Denn Reeve starb 2004.

„Robin wäre noch am Leben, wäre Christopher nicht gestorben“, kommentierte Glenn Close einmal diese außergewöhnliche Beziehung zweier Brüder im Geiste. Und das wirkt angesichts der hier spürbaren Strahlkraft eines Christopher Reeve geradezu unheimlich stimmig.

Kino: Mathäser, Monopol sowie Museum Lichtspiele (OV)
R: Ian Bonhôte und Peter Ettedgui
(USA, 104 Min.)

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