DLRG: „Hundertfach lebensbedrohliche Situationen“ im Wasser

Bad Nenndorf/Hannover

Die Augen leer vor Erschöpfung, die Schulter ausgekugelt – gerade noch rechtzeitig helfen Rettungsschwimmer einem Surfer in Not. Das passiert Mitte August in Heiligenhafen an der Ostsee. Bei Wellengang ist der 49-Jährige schwer zu sehen, die laute Brandung erschwert die Kommunikation der Einsatzkräfte der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) per Funk. Dennoch finden sie den Mann, der sich mit verletzter Schulter an sein Board klammert.

Zwei Wochen zuvor am Strandabschnitt Kalifornien im Ostseebad Schönberg: Am späten Nachmittag fallen den Rettern drei Schwimmer auf – wegen ihres veränderten Schwimmstils. Noch bevor sie eingreifen können, sind Hilferufe zu hören. Einer der drei klammert sich wohl an einen der anderen Schwimmer und zieht ihn mit unter Wasser, der Dritte ist völlig erschöpft. Vier Rettungsschwimmern gelingt es schließlich, die zwei Frauen und einen Mann noch rechtzeitig an Land zu bringen.

Weniger Badetote erwartet

In diesen Fällen werden die Menschen in Not gerettet – das ist allerdings nicht immer der Fall. Dennoch gehen die DLRG-Wasserretter für das laufende Jahr von weniger Badetoten aus als 2024 – damals sind 411 Todesfälle in deutschen Gewässern dokumentiert worden. Insgesamt dürfte die Zahl der Todesfälle im Gesamtjahr 2025 deutlich unter 400 und etwa auf dem Niveau von 2022 (356 Badetote) oder 2023 (380) liegen, teilt die Organisation auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur mit. Bis zum Stichtag 15. September starben laut einer Statistik 321 Menschen – 33 weniger als im gleichen Zeitraum des Vorjahres.

„Die Fehleinschätzung des eigenen Könnens gehört zu den häufigsten Ursachen bei Unfällen“, sagt DLRG-Präsidentin Ute Vogt. Wer nur selten schwimme oder gar nicht schwimmen könne und mögliche Gefahren nicht kenne, bringe sich schnell selbst in Gefahr, warnt sie. Besonders gefährlich sei es, wenn aufkommender Wind Strömungen verstärke – dann werde es auch für geübte Schwimmer gefährlich. 

Hundertfach lebensbedrohliche Situationen

„Die angezeigten Sicherheitszeichen werden aber leider immer wieder ignoriert“, sagt Vogt. Sie betont: „Vor allem, wenn die rote Flagge gehisst ist, ist das unverantwortlich.“ Wer sich dann in Gefahr begebe, bringe auch die Retterinnen und Retter in enorme Schwierigkeiten. „Das ist absolut verantwortungslos.“

An den Wasserrettungsstationen der DLRG mit über 100 Badestellen an Nord- und Ostsee sind nach Angaben der Organisation im laufenden Jahr rund 6.500 Rettungsschwimmer im Einsatz gewesen – ein Jahr zuvor sind es 5.500. Insgesamt kommen die Freiwilligen demnach auf 590.000 (2024: 550.000) Wachstunden. In 240 (295) Fällen sind sie im Rettungseinsatz im oder auf dem Wasser, leisten rund 11.400 (14.300) Menschen Erste Hilfe und bringen über 1.100 (1.540) Mal Eltern und Kinder zusammen, die sich aus den Augen verloren haben.

„Die etwas geringeren Einsatzzahlen im Vergleich zum Vorjahr dürfen nicht darüber hinwegtäuschen, dass hundertfach lebensbedrohliche Situationen auftraten“, betont Vogt. Etliche Menschen wären aus ihrer Sicht ohne die Rettungsschwimmer „nicht lebend aus dem Sommeurlaub zurückgekehrt“. Die meisten Menschen sterben nach DLRG-Angaben in Flüssen und Seen, in den Meeren sind es im laufenden Jahr bis zum Ende Sommerferien 19, davon 14 in der Ostsee. Im gesamten Vorjahr ertrinken 30 Menschen im Meer. 

Kleine Nichtschwimmer immer „in Griffweite“

Bis Ende Oktober starben zudem mindestens 13 Kinder im Vor- und Grundschulalter in Schwimmbädern und Freigewässern – viele Kinder in dem Alter könnten nur schlecht oder gar nicht schwimmen, teilt die DLRG mit. Vogt betont, Kinder müssten durchgehend beaufsichtigt werden und im Falle kleiner Nichtschwimmerinnen und -schwimmer „in Griffweite bleiben“.

Die Wasserretter gehen den Angaben zufolge davon aus, dass noch immer mehr als jedes zweite Kind nicht sicher schwimmen kann, wenn es die Grundschule verlässt. Ein Grund: Bäder für den Schwimmunterricht fehlen. „Mindestens jedes zweite Schwimmbad ist sanierungsbedürftig und hunderten droht die Schließung infolge klammer Kassen der Städte und Gemeinden“, kritisiert Vogt. Die bereitgestellten Gelder sollten „systematisch und nicht nach Windhund-Prinzip vergeben werden“.

20 Millionen Euro zur Förderung der Schwimmausbildung 

Positiv aus DLRG-Sicht: die Bundes-Förderung für Schwimmbäder. Die für 2026 vorgesehenen 333 Millionen Euro für die Sportstättenförderung habe der Haushaltsausschuss „kurzerhand“ um 250 Millionen Euro für Schwimmbäder ergänzt, teilt die Organisation mit. Außerdem sollen demnach bis 2029 insgesamt 20 Millionen Euro zur Förderung der Vereine in der Schwimmausbildung fließen. Es habe sich die Erkenntnis durchgesetzt, dass mehr für die Prävention gegen das Ertrinken getan werden müsse, sagt Vogt: „Die dafür wirkungsvollste Maßnahme ist es, das Schwimmen zu lehren.“


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