
DIE ZEIT: Herr Thomä, Sie bezeichnen die Vorsilbe „post-“ als eine der erfolgreichsten Erfindungen der Geisteswissenschaften nach 1945. Warum ist es jetzt höchste Zeit für einen „Nachruf“ auf diese Ära?
Dieter Thomä: Die Post-Begriffe sind ein Dauerbrenner: Posthumanismus, Postmoderne, Poststrukturalismus, Postkolonialismus, Postporno, sogar Postapokalypse – die Liste ist endlos. Seit Langem gehört es zum guten Ton, die eigene Zeit als „Nachzeit“ zu deuten. Wir leben angeblich nach dem Feminismus, nach dem Heroismus, nach der Moderne. Das klingt schick, ist aber erstaunlich einfallslos.