
Das politische Berlin hat einen Partymarathon hinter sich, der selbst die Feierprofis unter den Abgeordneten an ihre Grenzen brachte. Das ist üblich zu dieser Jahreszeit, sie lädt zum Reden und Trinken unter freiem Himmel ein. Dutzende Einladungen beorderten die Politiker in Biergärten, Ministerien, Landesvertretungen. Sommerfeste, Jahresempfänge, Lobbyistengalas, und das nach der eigentlichen Arbeit im Bundestag. Die vergangene Woche war nun die letzte vor der Sommerpause. Immer noch viel Stress, ob Bundeshaushalt, ob Verfassungsrichterstreit, aber ein oder zwei Wochen Urlaub rückten näher. Davor nur noch ein Pflichttermin: die Stallwächterparty.
Letzte Party vor den Ferien
Pflicht aber nicht im Sinne von Zwang, sondern von innerem Verpflichtungsgefühl, ja, dringendem Wunsch, dabei zu sein. Das Fest in Haus und Garten der baden-württembergischen Landesvertretung in Berlin gilt als Höhepunkt der hauptstädtischen Festsaison, was einerseits am Zeitpunkt liegt – letzte Party vor den Ferien, Letzter-Schultag-Gefühle, großer Entlastungsdrang –, andererseits auch an der südwestdeutschen Gastlichkeit. Donnerstagabend, Blasmusik: Die lange Schlange der Gäste windet sich voran ins gelobte Ländle. Nett hier, aber waren Sie schon mal auf der Dachterrasse?

Nein, noch nicht, erst mal ein Tannenzäpfle. Fast alle sind da, die Rang und Namen haben im Heimatland der Brezeln – der Grüne Cem Özdemir erinnert die F.A.S. flugs daran, dass die Brezel in seiner Geburtsstadt Bad Urach erfunden wurde – und Maultaschen. Der prominente Hersteller Bürger verteilt sie aus einem umschwärmten Wägele. Beim Anstehen lernt man allerlei Musterschwaben kennen, aber auch Badenser, die einen darüber aufklären, dass sie sich Badner nennen und nur Schwaben Badenser sagten.
Im Garten begrüßt Landesvater Kretschmann die Gäste, die wiederum einander zuwinken, Ricarda Lang, Saskia Esken, Karin Prien, und da kommt auch Jacob Schrot, der Leiter des Kanzlerbüros. Mit besagtem Kanzler war er eben noch in Rom, wovon die dicke Aktentasche, die er bei sich trägt, kündet. Erst mal durchatmen.
Was ist anders als auf anderen Partys? Nichts Großes, aber viele zweite und dritte Gläser Wein, die sich manche Gäste sonst verkneifen. Ein bisschen lustigere Wortwechsel, ein wenig früher auf die Tanzfläche. Da tanzen Abgeordnete wie der Grüne Till Steffen mit Vertretern des Geflügelwirtschaftsverbandes Baden-Württemberg (das T-Shirt des Mannes preist „Ländeier“ an) und Mitarbeiterinnen von Ministern zu „Gangsta’s Paradise“. Nebenan werden letzte Visitenkarten getauscht, bevor es kurz mal ins netzwerkfreie Ferienhäuschen geht. Frage an die Grünenchefin Franziska Brantner: Wie lange werden Sie heute noch bleiben? Brantner: „Na, solange es schön ist.“