
Nun ist der Spott freilich groß. Dabei hatte es der slowakische Parlamentsabgeordnete Ľubomír Vážny sicher gut gemeint, als er den Gesetzesantrag für das Fußgänger-Tempolimit eingereicht hat. Denn in seinem Land dürfen außer Passanten auch Skater, Scooter, Radler und E-Roller-Fahrer den Bürgersteig gleichberechtigt mitbenutzen – da ergibt so ein Tempolimit von sechs Stundenkilometern für alle doch Sinn. Aber muss es wirklich auch für Fußgänger gelten? Wäre es nicht besser, ihnen (wie zum Beispiel in Deutschland) die Bürgersteige wieder komplett zu überlassen? Und was ist mit denen, die zu Fuß nur vier Stundenkilometer schaffen? Werden die dann angezeigt, weil sie zwischen Bäckerei und Metzger den Verkehrsfluss behindern?
Die gerade vom slowakischen Parlament verabschiedete Novelle des Abgeordneten Vážny, Mitglied der regierenden linkspopulistischen Partei Smer von Ministerpräsident Robert Fico, soll am 1. Januar 2026 in Kraft treten. Und auch, wenn die Slowakei dann wohl das einzige Land der Welt mit einer Geschwindigkeitsbeschränkung für Spaziergänger sein wird: Zwischen Bratislava und Košice gibt es durchaus Lob für die Idee. Der slowakische Verkehrsanalyst Jozef Drahovský etwa meinte kürzlich im Nachrichtensender TA3, wer zu schnell auf einen Zebrastreifen laufe, könne dadurch doch nicht automatisch die Vorfahrt beanspruchen. Ja, welcher leidenschaftliche SUV-Fahrer kennt sie nicht, diese frechen, kleinen Straßenhopser?
Gilt das Tempolimit auch für Jogger und Bankräuber?
Dennoch wird da und dort jetzt nachgefragt, ob das slowakische Fußgänger-Tempolimit denn dann auch für Jogger und Bankräuber gelte – und ob der Maßnahme später noch eine „situative Winterschuhpflicht“ sowie eine „Verpflichtung von Handzeichen bei Richtungswechseln“ folge. Vielleicht sogar eine Helmpflicht für Kaffeehausbesucher. Und überhaupt: Werden Büroangestellte, die nur mal rasch noch den Bus in den Feierabend erreichen möchten, künftig von der Polizei geblitzt? Handelt es sich beim plötzlichen Herausspringen von Passanten aus Büschen oder Parkanlagen um ein flächendeckendes Phänomen in der Slowakei? Ist es nicht doch eher die generelle Überflutung von Bürgersteigen mit unterschiedlich schnellen Fortbewegungsmitteln, welche zum Beispiel auch in Deutschland das eigentliche Problem darstellt? An quasi jeder Ecke einer Großstadt droht doch ständig der Zusammenstoß mit Tonnen-E-Bikes, Rollkoffern, Einkaufstrolleys, Kinderfahrrädern, Eltern-Taxis, urinierenden Haustieren, startenden und landenden Video-Drohnen, Rentnern an Rollatoren, Vätern in Multifunktionsanzügen, ausgelassenen Schülerhorden auf Miet-Rollern, Rohrreinigern, Paketboten, Zeitungsausträgern sowie Angestellten der Müllabfuhr.
Dass jedenfalls „das Leben“ ein „langer, ruhiger Fluss“ sei, wie einem vor Jahren mal der französische Regisseur Étienne Chatiliez mit einer Filmkomödie weismachen wollte, davon kann im heutigen Straßenverkehr wirklich keine Rede mehr sein. „C’est comme ça“, heißt es bei Chatiliez dazu in einem Lied. Vielleicht hilft gerade dieser Satz Spaziergängern weiter. Nicht nur in der Slowakei.
