

Ein Hauch von Poesie darf ihren Objekten nicht fehlen: Francesca Lanzavecchia, 1983 in Pavia in der südwestlichen Lombardei im Norden Italiens geboren, hat Industriedesign am Politecnico in Mailand studiert und danach ein Masterprogramm an der Design-Akademie in Eindhoven mit Auszeichnung abgeschlossen. Im Jahr 2010 gründete sie zusammen mit dem in London geborenen und in Singapur aufgewachsenen Designer Hunn Wai das Studio Lanzavecchia + Wai. Gemeinsam haben sie für Marken wie Cappellini, Living Divani, Zanotta sowie Gallotti & Radice gearbeitet. Die Italienerin geht aber auch eigene Wege. Gerade sind von ihr zwei Hängeleuchten für den Hersteller Foscarini erschienen: Tilia wirkt wie ein Organismus mit kleinen leuchtenden Köpfen, Allumette ist eine zeitgemäße Neuinterpretation des Kronleuchters.
Was essen Sie zum Frühstück?
Ich trinke einen großen Kaffee. Und meistens bleibt es auch dabei – so starte ich entspannt in den Tag.
Wo kaufen Sie Ihre Kleidung ein?
Ich kombiniere Vintage-Fundstücke mit Stücken von Marken, die Wert auf Qualität und Sorgfalt legen. Ich achte auf Charakter, Farben und Muster. Kleidung, die zu allem passt, was ich schon habe, und die persönliche Geschichten erzählt.
Was ist das älteste Kleidungsstück in Ihrem Schrank?
Ein Hermès-Seidentuch, das mir meine Großmutter geschenkt hat, als ich 16 Jahre alt war. Ich trage es gerne als Kopfbedeckung. Seine Farben, seine Weichheit und seine Erinnerungen umgeben mich jedes Mal, wenn ich es trage.
Wann haben Sie zuletzt handschriftlich einen Brief verfasst?
Vor ein paar Wochen. Ich habe meiner Tochter, meinem Sohn und meinem Mann geschrieben, bevor ich nach Japan geflogen bin. Meine Briefe sind immer voller kleiner Zeichnungen und Worte. Schreiben und Skizzieren mit der Hand ist die intimste Geste, die ich kenne. So bringe ich Erinnerungen und Gefühle zu Papier.
Welches Buch hat Sie im Leben am meisten beeindruckt?
„Die unsichtbaren Städte“ von Italo Calvino. Es ist ein poetischer Atlas der Vorstellungskraft und des Raums. Ein Professor am Polytechnikum hat es mir zum ersten Mal vorgestellt, und ich habe es immer wieder gelesen. Es erinnert mich daran, dass Räume immer mehr sind, als sie zu sein scheinen.
Wie informieren Sie sich über das Weltgeschehen?
Morgens versuche ich, vor den anderen aufzustehen. Ich versuche, internationale Zeitungen und Zeitschriften zu lesen, aber immer wenn es interessant wird, wachen alle auf und brauchen etwas. Ich wünschte, ich hätte mehr Zeit. Ich bin nie wirklich fertig mit dem Lesen.
Was ist Ihr bestes Smalltalk-Thema?
Essen und Reisen. Am liebsten beides zusammen.
Bei welchem Film haben Sie zuletzt geweint?
„Perfekte Tage“ von Wim Wenders. Sein zartes Tempo und seine menschliche Zärtlichkeit haben mich berührt. Es geht um Einsamkeit, kleine Gesten und die Schönheit des Alltags. Das kann ich sehr gut nachvollziehen.
Nicht wirklich. Aber ich lese Horoskope. Nur zum Spaß. Oder vielleicht ist es auch ein bisschen mehr.
Worüber können Sie lachen?
Wenn meine Kinder mir schonungslos ehrlich ein Feedback zu meiner Arbeit geben, wenn ich versuche, italienisches Design in drei verschiedenen Sprachen zu erklären, wenn ich für eine Reise gepackt habe und feststelle, dass ich drei Skizzenbücher und keine Socken dabei habe.
Da ich selbst einen langen Namen habe, haben mich kurze, prägnante schon immer angezogen. Nina und Tobia, meine Tochter und mein Sohn, sind die süßesten Klänge, die ich kenne. Sie fühlen sich international an und doch zutiefst italienisch.
Machen Sie eine Mittagspause?
Normalerweise ja. Im Studio. Wir halten es locker und gemeinsam. Ein guter Moment, um innezuhalten und wieder in Kontakt zu kommen.
In welchem Land würden Sie gerne leben?
In Japan. Ein Ort, an dem Schönheit, Einfachheit und Handwerkskunst zum Alltag gehören. Es füllt meine Augen und nährt meine Seele.
Was fehlt nie in Ihrem Kühlschrank?
Frische Kräuter wie Minze und Basilikum, saisonale Früchte und eine Flasche Weißwein.
Fühlen Sie sich mit oder ohne Auto freier?
Ohne. Spazierengehen macht meinen Kopf frei und öffnet meine Augen. Oft kommen mir dabei die besten Ideen.
Was ist Ihr größtes Talent?
Aufmerksam zuhören. Komplexität verstehen. Zusammenhänge spüren und sie in etwas Sinnvolles übersetzen. Mit Menschen, mit Materialien, mit Raum.
Was tun Sie, obwohl es unvernünftig ist?
Ich skizziere auf jeder Oberfläche. Auf Servietten, Quittungen, Zeitungsecken. Ich kann besser denken, wenn meine Hände in Bewegung sind.
Welcher historischen Person würden Sie gerne begegnen?
Leonardo da Vinci. Wegen seiner grenzenlosen Neugier und seiner Art, Intuition mit Intellekt zu verbinden. Kunst mit Wissenschaft.
Tragen Sie Schmuck? Und eine Uhr?
Ich trage nur wenige Stücke. Minimalistische Ringe und ein Armband, immer an derselben Hand. Sie stehen für besondere Momente wie meine Hochzeit und die Geburt meiner Kinder. Sie sind kleine Talismane. Ich trage in letzter Zeit auch einen Smart-Ring, der mir hilft, meine Energie zu verfolgen und im Einklang mit mir selbst zu bleiben.
Haben Sie einen Lieblingsduft?
Frisch geschnittenes Holz. Es erinnert mich an Natur, Wärme und Werkstätten voller Leben. Und das Meer. Salzig und weit. Es stellt alles in mir zurück auf Null.
Was war Ihr schönstes Ferienerlebnis?
Yucatán. Das Licht, die Farben, die Aromen. Es hat etwas in meiner Arbeit mit Materialien und Farben geweckt. Pure Freude.
Auf welchem Konzert waren Sie zuletzt?
Björk. Ich liebe sie seit meiner Jugend. Ihre Energie, ihre Visuals, ihre Kostüme. Alles war elektrisierend.
Was fehlt Ihnen zum Glück?
Ein persönliches Materiallabor. Ein Ort, an dem ich malen, experimentieren und meinen Händen freien Lauf lassen kann. Und die Zeit, es wirklich zu genießen.
Was trinken Sie zum Abendessen?
Zum Essen meist Mineralwasser. Aber kurz davor genieße ich gerne ein Glas italienischen Weißwein auf der Terrasse mit meinem Mann. So lassen wir den Tag ausklingen und beginnen unseren ruhigen Abend.
