
Kommt der Reifrock zurück?
Zwischen all dem, was sonst gerade so im Millisekundentakt auf dieser schrägen Welt passiert, mag es bei den unteren Zehntausend vielleicht ein bisschen untergegangen sein, aber es waren Couture-Schauen in Paris. Ein paar der Kleider davon wird man demnächst bei den Oscars sehen. Vielleicht traut sich die furchtlose Demi Moore, eines der abgefahrenen Neo-Korsett-Kleider von Schiaparelli zu tragen, allerdings dürfte sie dann weder atmen noch sprechen, was ein bisschen doof wäre, falls sie tatsächlich gewinnt. Wer auf Instagram an ein paar Chanel-Looks vorbeiwischte und spontan „ganz hübsch“ dachte – die Kollektion wurde (bis zur Ankunft von Matthieu Blazy in ein paar Monaten) vom Designteam entworfen, was in diesem Fall ausnahmsweise kein Makel war, aber in der offiziellen Wahrnehmung ungerechterweise nicht so richtig zählt.
Deshalb schnell zum eigentlichen Blockbuster: die erste Couture-Kollektion von Alessandro Michele für Valentino aka seine allererste Couture-Kollektion überhaupt (sein voriger Arbeitgeber Gucci macht in der Liga nicht mit). Der Designer hat bekanntlich eine Schwäche für Opulenz, die Couturier-Attitüde pflegt er eh, was soll da schiefgehen? Nun ja, als detailverliebter Historienschinken ist das alles wahnsinnig hübsch anzusehen, aber ein bisschen moderne Marinade wäre vielleicht nicht verkehrt gewesen, wenn Couture nicht nur eine Fingerübung, sondern auch ein bisschen Zeitgeist und Geschäft sein soll. Dabei sind die Reifröcke das geringste Problem, die halten unliebsame Ehemänner noch besser auf Abstand als jeder Hut, allerdings waren die zuletzt auch bei Balenciaga und Loewe zu sehen und sogar in modern. Apropos reif: Extra Punkte kriegt Michele natürlich für die zahlreichen älteren Models auf dem Laufsteg, die nicht nur toll aussahen, sondern – hier dann doch Gegenwart – die tatsächliche Käuferstruktur widerspiegeln.

Jeansblaues Auge
Im Gegensatz zu Kleidung gibt es bei Beautyprodukten viel Kundenfeedback im Internet. Hält die Wimperntusche, was sie verspricht? Bin ich mit der Creme gefühlt ein bisschen glatter als vor zwei Wochen? Ist der Preis gerechtfertigt? Zumindest was den Satin Kajal Liner von Victoria Beckham angeht, ist sich das Netz einig: Mehr als 20.000 Fünf-Sterne-Reviews hat der Stift bislang bekommen. Weil er so besonders weich, aber nicht „smudgy“ sei, also trotzdem nicht so leicht verschmiere. Deshalb wird die Farbpalette ständig erweitert. Ganz neu: Jeans. Damit wird aus dem aktuellen „Double-Denim“-Trend (Hemd/Jacke und Hose) jetzt „Triple Denim“ (plus Augen). Tatsächlich schart sich im Londoner Store immer eine ganze Traube von Kundinnen um den Beauty-Tisch in der Mitte, die Kosmetiksparte von VB lief von Anfang an gut. Kann aber auch daran liegen, dass das das einzige ist, was man von der Marke halbwegs bezahlen kann (38 Euro).

Hohe Kunst
Licht, das durch große Fenster flutet, rauhe Wände, ein Sofa, das mit Wollstoff bezogen ist: In einem Raum begegnen sich verschiedene Materialien mit unterschiedlichsten Oberflächen, und wenn bewusst mit dieser Vielfalt gespielt wird, sieht das entsprechend ästhetisch aus. Anders gesagt, wie ein Zimmer in einer perfekt durchkomponierten Designerwohnung. Genau so wirkt das Coverfoto von The Touch, einem neuen Band über Einrichten im skandinavischen Stil, der bekanntlich niemals außer Mode kommen wird – und bei den beiden Autoren sollte man auch nichts anderes erwarten als sozusagen traumwandlerische Stilsicherheit.
Nathan Williams ist Mitbegründer des Kinfolk-Magazins, Jonas Bjerre-Poulsen entwirft mit seinem Büro Norm Architects minimalistische Küchen oder kühles Badmobiliar aus Messing. Schlicht, fast beiläufig, aber doch edel, nach diesem Konzept sind auch die Räume gestaltet, die das Duo in dem gemeinsamen Buch vorstellt, eine Art Zusammenstellung ihrer Lieblingshäuser, -hotels oder -museen, entworfen von Größen wie Le Corbusier, Arne Jacobsen oder der mexikanischen Architektin Tatiana Bilbao. In begleitenden Texten werden die Effekte von Licht erklärt oder das Zusammenspiel von Farben und ihre Auswirkung auf die Raumtemperatur – aber es ist doch vor allem ein Bildband, in dem man sich Anregungen für die eigenen vier Wände holen kann. Oder einfach nur durchblättert. So scheinbar nachlässig und doch sorgsam inszeniert wird es zu Hause sowieso nie aussehen.

Grün glamourös
Rätselhafter Name, ätherische Präsentation – aus London kommt eine neue Körperpflege für Herren. Interessant bei der Marke „To My Ships“ ist, dass sie mit einem Deodorant begann und von ehemaligen Mitarbeitern der Beauty-Brand Aesop gegründet wurde. Das besagte Deo sollte nicht nur nachhaltig schützen und pflegen, sondern eben auch bitte schön nicht banal riechen, wie es die meisten Männerdeos immer noch tun. Also entwickelte man in London erstmal einen Signature-Scent für die kleine Marke – einen Duft ganz aus natürlichen Zutaten, der vordergründig eine klare, grüne Zitrusnote transportiert, hintergründig schwingt ein Hauch mythischer Männlichkeit mit. Aus diesem Deo entwickelte sich eine ganze Serie namens „Of the Gods“ bestehend aus einfachen Körperpflegeprodukten mit luxuriösem Touch. Jetzt wurde dieses Sortiment von einem Parfüm gekrönt, das ziemlich perfekt das anvisierte, gediegene Frischegefühl transportiert: Polygonum, Petitgrain und Patchouli sind die Hauptzutaten, das Ergebnis ist wie versprochen – urbane Frische mit ein bisschen Sehnsucht nach südlichen Gefilden. Erhältlich im Onlineshop der Marke.