
Eine letzte kurze Umarmung durch den Bundestrainer, ein paar Handshakes von den Mitspielern, dann schritt Torhüter Jean-Paul Danneberg zur Tat. Die deutschen Hockey-Männer hatten die Spannung am frühen Samstagabend mal wieder auf die Spitze getrieben: finaler Shootout im Finale der Europameisterschaften gegen den Erzrivalen Niederlande im Mönchengladbacher Hockey-Park.
Vier deutsche und drei niederländische Penaltys später stand Danneberg im Zentrum des deutschen Jubelpulks. Der Torhüter hatte die Auswahl des Deutschen Hockey-Bundes (DHB) mit diversen Paraden in der regulären Spielzeit (1:1) überhaupt im Match gehalten und erwies sich in der Zusatzschicht als goldbringende Spezialkraft in den nervenzehrenden Eins-gegen-eins-Situationen.
„Unglaublich, in diesem Stadion, diese ganzen Zuschauer. Wir haben so gekämpft das komplette Turnier, wir haben immer an den Traum geglaubt, Europameister zu werden“, sagte Danneberg bei Magentasport. „Das sind die besten Jungs, das ist die beste Mannschaft, in der ich je gespielt habe“, sagte der Keeper.
Ausgelassene Stimmung im Hockey-Park
Zwölf Jahre nach dem letzten EM-Titel setzten sich die deutschen Männer wieder die europäische Hockey-Krone auf und bescherten dem Mönchengladbacher Mats Grambusch ein perfektes Karriereende. In einem packenden Endspiel gewannen die Deutschen letztlich 4:1 nach Penaltyschießen. Nun lässt sich wahrlich von einer goldenen Generation sprechen, die Welt- und Europameister ist und im vorigen Jahr die olympische Silbermedaille holte.
Dass es im August 2024 in Paris ebenso gegen „Oranje“ ging wie im August 2025 in Mönchengladbach, lieferte den Deutschen noch den süßen Beigeschmack, erfolgreich Revanche genommen zu haben. Natürlich ist ein Olympiasieg im Hockey weit höher angesiedelt als ein EM-Titel. Und doch waren Stimmung und Jubel im deutschen Hockey-Wohnzimmer in Mönchengladbach seit dem WM-Triumph an selber Stelle 2006 nicht mehr so ausgelassen.

Am Sonntag (17.00 Uhr bei Magentasport) gehen die deutsch-holländischen Hockey-Festspiele am Niederrhein noch weiter: Auch im Endspiel der Frauen stehen sich die beiden Erzrivalen gegenüber.
Die niederländischen Männer erwischten den besseren Start in das Match. Gegen zunächst tief in der eigenen Hälfte stehende Deutsche hatten sie einige erfolgversprechende Kreiseintritte und einen Schuss gegen den Pfosten (8. Minute) durch Bijen. Ein Schreckmoment, den die Deutschen gut verarbeiteten und sich zunächst etwas aus der Umklammerung lösen konnten. In letzter Sekunde des ersten Viertels dann eine spektakuläre Szene, als Bijen den deutschen Torhüter Danneberg, der in der ersten Halbzeit aus Sicht des Bundestrainers zu häufig im Blickpunkt stand, zu einer sehenswerten Flugeinlage zwang (15.).
Große niederländische Überlegenheit
Die Niederländer wirkten in der ersten Halbzeit fast durchgängig (gedanken-)schneller und zielstrebiger als die Deutschen, die sich im Offensivspiel sehr schwer taten. Ein Solo von Michael Struthoff, dessen juvenil wirkende Unbekümmertheit sich während des Turniers als ein Gewinn für das Team erwies, über den halben Platz, beglückte die Fans im mit 9400 Zuschauern ausverkauften, größten Hockeystadion Europas erstmals. Zwei Strafecken für die DHB-Auswahl brachten in der Folge nichts ein. Dafür war die erste auf der Gegenseite gleich ein Treffer. Ein eigentlich verunglückter Ablauf führte zum verdienten Führungstor für die Niederländer durch Reyenga (26.).
Die zweite Hälfte war keine 30 Sekunden alt, als es vor dem deutschen Tor schon wieder brenzlig wurde. Eine Serie von holländischen Strafecken überstanden die Deutschen – auch dank Dannebergs Reaktionsschnelligkeit – gerade noch schadlos. Die Feldüberlegenheit und das Chancenplus der Niederländer waren frappierend und drückte auch auf die Stimmung im Gladbacher Hockey-Park.
Während die Kombinationen von „Oranje“ flüssig und planvoll wirkten, haftete dem deutschen Spiel etwas Schwerfälliges, auf Zufall ausgerichtetes an. Bei allem notwendigen Fokus auf die Abwehrarbeit gegen diesen starken Gegner fehlte drei Viertel lang die Energie für griffiges Offensivspiel.
Doch die Deutschen sind seit Jahren für ihre ausgeprägten, auch bei dieser EM schon abgerufenen Comeback-Qualitäten bekannt. Und sie lieferten prompt. Der vierte Spielabschnitt war nur 55 Sekunden alt, als Justus Weigand im Kreis an den Ball kam und dessen Rückhandschuss präzise im langen Eck landete – 1:1 quasi aus dem Nichts (46.).
Und der Hockey-Park bebte zum Auftakt einer immens spannenden Schlussphase, in der die Deutschen gegen den etwas konsterniert wirkenden Olympiasieger plötzlich auf Augenhöhe agierten, ja sogar mehr Ballbesitz hatten. Doch vor Eintritt in den Kreis war meist Endstation für die deutschen Bemühungen. Schon das Finale um Olympia-Gold war 1:1 geendet und musste im Penaltyschießen entschieden werden – so auch das Match um EM-Gold. Mit dem besseren Ende für das deutsche Team.