Deutschlands neue Flottendienstboote sollen von 2029 an bei der Marine integriert werden. Die drei Schiffe lösen dann die ältere Generation ab. Vor allem die schwierige Sicherheitslage bei der Infrastruktur in der Ostsee zeigt, dass die Boote dringend gebraucht werden.
Auf der Lürssen-Werft in Bremen-Lemwerder hat am Donnerstag mit dem Brennstart des Stahls der Bau von drei neuen Spionageschiffen für die Deutsche Marine begonnen. Die jeweils 130 Meter langen, sogenannten Flottendienstboote der Klasse 424 sollen 2029 in Dienst gestellt werden. Sie ersetzen dann die drei je 83,5 Meter langen Flottendienstboote der „Oste“-Klasse, die seit 1988 für die Deutsche Marine fahren.
Annette Lehnigk-Emden, Präsidentin des Bundesamtes für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr (BAAINBw), und Flottillenadmiral Andreas Czerwinski nahmen an der Zeremonie teil. Die drei neuen Boote kosten rund drei Milliarden Euro. Lürssen hatte den Auftrag zum Bau 2023 vom BAAINBw erhalten.
Die deutschen Flottendienstboote sind technologisch hochgerüstete Spionage-, Abhör- und Ortungsplattformen für den weltweiten Einsatz. Betrieben werden die Boote von der Deutschen Marine – im Auftrag des Bundeswehr-Organisationsbereichs Cyber- und Informationsraum (CIR). Neben der Stammbesatzung der Marine fahren Spezialisten für Fernmelde- und Elektronische Aufklärung auf den Booten mit.
„Nach erfolgreicher Entwurfs- und Konstruktionsphase treten wir heute planmäßig in die Bauphase ein“, sagte Tim Wagner, Geschäftsführer von Naval Vessels Lürssen, dem Marineschiffbau-Unternehmen der Lürssen-Gruppe, während des Brennbeginns in Lemwerder. „Damit ist dieses technologisch überaus komplexe Neubauprojekt auf einem guten Weg.“
Für Deutsche Marine werden Fregatten, Korvetten, U-Boote und Tanker neu gebaut
NVL lässt die Flottendienstboote in Lemwerder bei seinem Schwesterunternehmen Lürssen Yachts bauen. Dort werden hauptsächlich Superyachten gefertigt. „Mit der Fr. Lürssen Werft haben wir zudem einen hochkompetenten Fertigungspartner an Bord“, sagt Wagner. „Damit schöpfen wir die Fähigkeiten und Ressourcen innerhalb der Unternehmensgruppe Lürssen, zu der auch die NVL mit ihren Neubaustandorten in Hamburg und Wolgast gehört, voll aus. Darüber hinaus kooperieren wir bei diesem anspruchsvollen Projekt mit weiteren norddeutschen Werftpartnern und führenden deutschen Unternehmen der Systemtechnik.“
Für die Deutsche Marine werden derzeit Fregatten, Korvetten, U-Boote und Tanker neu gebaut. Auch der Bau der Flottendienstboote allerdings geht auf die Zeit vor dem Sondervermögen für die Aufrüstung der Bundeswehr von 100 Milliarden Euro zurück, das die Bundesregierung nach dem Beginn des Ukrainekrieges Ende Februar 2022 aufgelegt hatte. Bereits 2021 war NVL vom BAAINBw für den Entwurf der Boote beauftragt worden. Die Deutsche Marine hat bislang mit Aufträgen für neue Großkampfschiffe nicht von der sogenannten „Zeitenwende“ profitiert.
Die aktuelle Sicherheitslage vor allem in der Ostsee zeigt allerdings, dass die Deutsche Marine neue Schiffe auch im Rahmen ihrer Nato-Verpflichtungen dringend braucht. Erneut geriet diese Woche ein chinesisches Handelsschiff in Verdacht, eine durch die Ostsee verlaufende Datenleitung mit abgesenktem Anker mutwillig beschädigt zu haben. Die dänische Marine stoppte den Frachter „Yi Peng 3“ nördlich des Öresunds auf Höhe der schwedischen Stadt Ängelholm. Zwei Datenkabel – zwischen Finnland und Deutschland sowie zwischen Schweden und Litauen – waren schwer beschädigt worden.
Olaf Preuß ist Wirtschaftsreporter von WELT und WELT AM SONNTAG für Hamburg und Norddeutschland. Die Marinerüstung zählt zu seinen Schwerpunktthemen.