
Zum Glück hat so ein Basketballspiel keine Gefühle, es kann weder eingeschnappt sein, noch geschmeichelt, es steht einfach nur in den Büchern. Es ist also nach diesem 80:70 des deutschen Nationalteams gegen Slowenien ausdrücklich nicht sittenwidrig, diesen zweiten Test für die Europameisterschaft (27.8. bis 14.9.) als Gemurkse zu bezeichnen. Leidtun konnten einem etwa die mehr als 13 000 Zuschauer in Mannheim, die noch nicht mal Luka Doncic, den aktuell vielleicht besten Basketballer der Welt, zu sehen bekamen. Ihn hatten die Slowenen zur Schonung daheim in Ljubljana gelassen, er hatte schließlich schon eine Partie gegen die deutschen Weltmeister absolviert. Am Freitag, beim Länderspiel-Auftakt in diesem Sommer, als die deutschen Weltmeister sogar ein 103:89 herausspielten.
Rein von den Ergebnissen her war dieses Wochenende also eine gelungene Sache für das Team des Deutschen Basketball Bundes (DBB), das sich ein Jahr nach Olympia erstmals wieder in Beinahe-Vollmontur zusammenfand. Sprich: mit Bekanntheiten aus der US-Profiliga NBA wie Dennis Schröder oder Franz Wagner und auch mit etlichen Profis, die in ihren Klubs sonst in der Euroleague antreten und deshalb in Länderspielfenstern oft fehlen. Wer den Weg dieser Mannschaft in den vergangenen Jahren verfolgt hat, von Platz drei bei der EM 2021 bis zum WM-Titel 2023, wird bei den Namen wissend nicken: Johannes Voigtmann, Andreas Obst, Johannes Thiemann, sie alle dürften es auch diesmal wieder in den Turnierkader schaffen. Und dort auf einige wenige Neue treffen: auf Tristan da Silva, 24, zum Beispiel, einen weiteren NBA-Mann, der in Orlando mit den Wagner-Brüdern zusammenspielt.

:Weltmeister können nur ein Ziel haben: Europameister werden
Die deutschen Basketballer starten mit einem Treffen in München in den EM-Sommer, der neue Bundestrainer und NBA-Profi Franz Wagner untermauern die Ambitionen – aber lässt sich der größtmögliche Erfolg überhaupt wiederholen?
Er beging in Ljubljana sein DBB-Debüt und lieferte dann nach der zweiten Partie bei Magentasport die treffendste Zusammenfassung: „Es war nicht schön, aber wir haben es noch rausgerissen“, erklärte der gebürtige Münchner und Bruder von Oscar da Silva, der ebenso auf eine EM-Teilnahme hofft. „Wir haben noch Sachen vor uns, an denen wir arbeiten müssen. Das Spiel zeigt, was wir auch an schlechten Tagen können.“ Dass so früh in der Vorbereitung noch vieles knarzt und quietscht, war zu erwarten, zumal in beiden Partien einige Protagonisten noch wegen fehlender Fitness zuschauen mussten.
Daniel Theis zum Beispiel, der aus dem Saisonfinale mit seinem Klub Monaco Basket ein malades Knie mit zum DBB brachte. Aber das soll den deutschen Sonderbeauftragten in Sachen Dunks nicht weiter hindern, wie er in Mannheim im Fernsehen berichtete. Sein „körperlicher Zustand“ sei „gut“, schon beim Supercup möchte er zurückkehren. Im Idealfall bekommt das Münchner Publikum beim Mini-Testturnier gegen die Türkei (Freitag, 18 Uhr) und in einem möglichen Finalduell mit Serbien (Samstag, 20.45 Uhr, beides live auf Magentasport) dann schon die Premiumversion des DBB zu sehen.
Noch fehlt den deutschen Basketballern die nötige Kondition
Ein paar Erkenntnisse nimmt man aber schon jetzt mit in die laufende Woche. „Kondition, Kondition und Kondition“ gelte es aufzubauen, forderte der zurückgekehrte Kapitän Schröder in Mannheim, wo er nach für ihn „grausamen ersten 20 Minuten“ irgendwann doch noch ein paar Reserven fand, um sein Team zum Sieg zu karren. Obwohl seine Würfe reihenweise vom Ring prallten oder zu kurz gerieten (im Basketball ein deutliches Zeichen von Kräftemangel), wies sein Punktekonto am Ende eine 18 aus. Kombiniert mit jenen 17 von Wagner reichte das, um einen schluffigen Auftritt zu kaschieren. „Wir müssen an unserer Energie arbeiten“, fand auch der Berliner, der neben Isaac Bonga wohl die beste Frühform aller möglichen EM-Fahrer mitbringt.

Bislang umfasst der Kader drei Mitglieder zu viel, und es dürfte noch knifflig werden für Bundestrainer Alex Mumbru, die zwölf Reiseberechtigten für den Flieger zur Vorrunde in Finnland auszuwählen. Als sicher gilt, dass er auf einen Kern aus dem Weltmeisterteam setzt – schon allein, um in Sachen Menschenführung an Vorgänger Gordon Herbert anzuknüpfen. Der Kanadier nominierte im Zweifel gerne auch Spieler, die trotz geringer Einsatzzeit die Stimmung hochhalten. Mumbru deutete an, auch ein wenig an die Zukunft zu denken, und schwärmte von vielen extrem talentierten „jungen Leuten“ im deutschen Basketball. Einen schickte er in Ljubljana direkt mitten rein in die Welt der Großen: College-Regisseur Christian Anderson, 19, zuletzt Silbergewinner bei der Nachwuchs-WM mit der deutschen U19. Und der schmetterte in seinen ersten Minuten als A-Nationalspieler direkt einen Dunk aus der monströseren Sparte durch die Reuse.
Bei der Besetzung der Schröder-Vertretung im Spielaufbau wird Mumbru aus dem Quartett Anderson, Nelson Weidemann, Justus Hollatz und Maodo Lo wohl auf zwei Ballverteiler verzichten. Und da auch Hollatz und Weidemann anders als der angeschlagene Lo am Wochenende ihre Szenen hatten, könnte Letzterer ein erster Härtefall unter den Weltmeistern werden. Überraschend wäre nach den Eindrücken der ersten Tests in diesem Sommer auch eine Nominierung des Neu-Münchners Leon Kratzer. Sein Revier ist unter den Körben – und da zeigte Klubkollege Oscar da Silva sich als effektivere Alternative (neun Punkte, zehn Rebounds in Slowenien). In den Büchern steht nämlich auch dies: Kratzers Ausbeute waren einmal zwei Zähler und einmal nur einer.