
Deutliche Abschläge
Zinsen aufs Tagesgeld: Was Neu- und Bestandskunden jetzt wissen müssen
10.06.2025, 09:54 Uhr
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Neukunden konnten sich in den vergangenen drei Jahren – zumindest für eine gewisse Zeit – oft sehr attraktive Tagesgeldzinsen sichern. Diese Zeiten gehen zu Ende. Und auch bei den Bestandskunden ist einiges im Wandel.
Wenn Banken, die ihr Geld bei der Europäischen Zentralbank (EZB) parken, weniger verdienen als bisher, dann ist es nur eine Frage der Zeit, bis sie diese Entwicklung an ihre Kunden weitergeben. Die Tatsache, dass die EZB gerade (zum mittlerweile achten Mal in Folge) den Einlagenzins gesenkt hat, wird sich daher sehr zeitnah auch bei den Tagesgeldzinsen bemerkbar machen: Die Geldhäuser erhalten statt 2,25 nur noch zwei Prozent Zinsen von der EZB.

Max Herbst ist Inhaber der FMH-Finanzberatung, die seit 1986 unabhängige Zinsinformationen erstellt.
Von den anstehenden Zinssenkungen werden vor allem die Neukunden betroffen sein, die in der jüngeren Vergangenheit oft von befristeten Aktionsangeboten profitieren konnten. Das ist das Ergebnis einer aktuellen Untersuchung der Frankfurter Datenspezialisten der FMHX. Die Finanzexperten haben die durchschnittlichen Neukundenaktionen der Banken nach einer Zinssenkung ausgewertet. Das Ergebnis: Immerhin schlagen sich die Abschläge beim Einlagenzins nicht eins zu eins in den Aktionsangeboten nieder. Im Durchschnitt sinken die Neukundenangebote aber um einen Faktor zwischen 0,13 bis 0,23 Prozentpunkte.
Wo gibt es die höchsten Zinsen aufs Tagesgeld?
Wer ein neues Tagesgeldkonto eröffnet, darf also keine besonders üppigen Renditen erwarten. Aktuell erhalten Neukunden im Mittel 2,21 Prozent. Attraktive Anbieter zahlen bis zu 3,0, die schlechtesten 0,4 Prozent. Die Zinsgarantien für diese „Aktionszinsen“ laufen zwischen zwei bis sechs Monate.
Das beste Angebot hat derzeit die Bank of Scotland mit drei Prozent Zinsen, allerdings ist dieser Zinssatz nur für zwei Monate garantiert. Da es durchaus denkbar ist, dass die EZB im Laufe der nächsten Monate den Einlagenzins noch einmal nach unten korrigiert, könnte es daher sinnvoll sein, einen niedrigeren Zinssatz zu akzeptieren, wenn die Bank eine längere Zinssicherheit anbietet.
Eine interessante Alternative ist hier die Offerte der Volkswagen Bank. Hier erhalten Kunden zwar nur 2,4 Prozent, dafür ist dieser Satz für sechs Monate garantiert. Wer 50.000 Euro bei der Bank of Scotland anlegt, erzielt innerhalb eines halben Jahres (vermutlich) Zinseinnahmen von 513 Euro (garantierte drei Prozent für zwei Monate und unsichere 1,25 Prozent Bestandskundenzinsen anschließend). Bei der Volkswagenbank wäre ein Zinsertrag von 675 Euro garantiert.
Rapider Niedergang der Aktionszinsen beim Tagesgeld
Mittelfristig werden sich Kunden aber wohl noch mit deutlich weniger bescheiden müssen. Auch wenn die Erhebung der FMHX gezeigt hat, dass nicht alle Banken die Zinssenkungen in Echtzeit auf ihre Kunden umlegen: Einige tun es eben doch – oder gehen sogar noch einen Schritt voraus.
So haben etwa die 1822direkt, die Openbank, die Targobank, die BMW-Bank und die Advanzia ihre Tagesgeldzinsen für Neukunden schon seit dem 30. Mai 2025 um die vollen 0,25 Prozent gesenkt. Bei der abcbank ging es sogar um 0,7 Prozent nach unten: von 2,20 auf 1,50 Prozent. Solche drastischen Abschläge werden wir im Laufe der kommenden Tage und Wochen vermutlich noch häufiger sehen.
Zinsen für Bestandskunden sinken langsamer, aber sie sinken
Etwas anders sieht es bei den Tagesgeldzinsen für die Bestandskunden aus. Trotz der deutlichen Zinssenkungen der EZB haben sich die Tagesgeldzinsen für sie seit Jahresbeginn nur um 0,33 Prozentpunkte verbilligt: Sie sanken von durchschnittlich 1,19 auf 0,86 Prozent. Der Grund: Da die Banken ihre Sichteinlagen (primär Tagesgeld und Guthaben auf dem Girokonto) bei der EZB zu zwei Prozent anlegen können, verdienen die Geldhäuser damit immer noch gutes Geld: Laut Bundesbank gab es Ende 2024 mehr als neun Billionen Euro an Sichteinlagen. Bei einem (sehr großzügig angesetzten) Mittelwert von 0,86 Prozent zahlt die EZB bei einer Zinsdifferenz von 1,14 Prozent pro Tag stolze 281 Millionen Euro an die Banken aus.
ennoch dürften viele Banken den goldenen Zeiten des Jahres 2023 nachtrauern, als die Zinsgewinne noch deutlich üppiger ausfielen. Und genau deshalb ist auch zu erwarten, dass sie ihre Zinsen auch für Bestandskunden weiter senken werden, um ihre Marge doch wieder zu erhöhen. Wer wissen will, woran er ist, kann auf den Seiten der FMH stets die aktuellen Zinsen recherchieren.
Kunden, die statt auf Tagesgeld lieber auf Festgeldanlagen setzen, erkaufen sich damit zwar Planungssicherheit, geben aber auch den flexiblen Zugriff auf ihre Ersparnisse auf. Diese Entscheidung will gut überlegt sein.
Max Herbst ist Inhaber der FMH-Finanzberatung, die seit 1986 unabhängige Zinsinformationen erstellt.