
7. Oktober 2025 · Im Duo lässt es sich leichter entwerfen. Darum finden sich im Design immer mehr Paare zusammen. Der Erfolg gibt ihnen recht, wie diese fünf Beispiele aus Deutschland zeigen. Mit zukunftsweisenden Ideen erregen sie auch international Aufsehen.
Besau Marguerre
Eva Marguerre und Marcel Besau haben die Elbphilharmonie möbliert. Sie entwerfen aber nicht nur Produkte, sondern genauso Inneneinrichtungen, Ausstellungen und Messestände.
Manchmal muss man Glück haben. Oder der Zufall hilft ein wenig nach. So wie bei Eva Marguerre und Marcel Besau. Die beiden waren gerade erst mit ihrem eigenen Studio in Hamburg so richtig sesshaft geworden, als sie 2015 auf einer privaten Feier Daniel Schöning trafen. Der Architekt hatte mit seinem damaligen Hamburger Büro WRS Architekten & Stadtplaner den Auftrag zur Möblierung der Elbphilharmonie bekommen. Schöning engagierte das Duo vom Fleck weg. Und so möblierte das erst vier Jahre alte Studio Besau Marguerre gleich mehrere der größten Räume der „Elphi“ mit eigenen Entwürfen. Ihre Tische und Bänke, ganz in Weiß oder, wie sie sagen, „entfärbt“, stehen unter anderem in den Foyers des Großen und des Kleinen Saals, in drei Lounges sowie in den Suiten der Dirigenten und Solisten und deren Proberäumen. Eva Marguerre, Jahrgang 1983, und ihr Mann Marcel Besau, drei Jahre älter, lieben eigentlich Farben, Formen und Materialien, wie etwa ihre Wandschränke Simetria für Schönbuch zeigen.
In ihrem Studio haben sie eigens einen Materialien-Raum, in dem sie gern experimentieren, auch weil sie nicht nur Produkte entwerfen, sondern genauso Inneneinrichtungen, Ausstellungen und Messestände, wie Marguerre sagt. „Wir denken ganzheitlich.“ Darum heiße ihr Studio so wie sie: „Wir sind wir!“ Das „Studio“ vor ihren Namen soll darauf hinweisen, dass sie eine interdisziplinäre Gemeinschaft sind. Besau steht dabei vor Marguerre, weil es schöner klingt, weil es alphabetisch korrekt ist und grafisch besser aussieht, wie sie sagen. Kennengelernt haben sie sich während des Studiums an der Staatlichen Hochschule für Gestaltung (HfG) in Karlsruhe. Ihre Zusammenarbeit nennen sie „kreatives Pingpong“. Zu zweit seien sie einfach besser. „Man treibt den anderen an, wenn der müde ist“, sagt Besau. Und Marguerre ergänzt: „Jeder braucht ein Korrektiv.“
Kaschkasch
Das Designer-Duo Kaschkasch aus Köln wollte einmal für großartige Möbel- und Leuchtenfirmen arbeiten. Das hat es geschafft.
Sebastian Schneider und Florian Kallus (Kaschkasch)
Foto: Frank Röth
Den Namen muss man erklären: In ihm stecken die Anfangsbuchstaben von Kallus und Schneider, außerdem klingt das französische Wort cache-cache an, was „Versteckspiel“ bedeutet. Auch der Tag, an dem Florian Kallus und Sebastian Schneider ihr Studio offiziell gründeten, lässt sich leicht merken: Es war der 11. 11. 2011. Ausgerechnet in der Karnevalshochburg Köln gingen sie damals zum Finanzamt und ließen Kaschkasch als Gesellschaft bürgerlichen Rechts eintragen. Beide sind gelernte Tischler, getroffen haben sie sich beim Studium an der Akademie für Gestaltung in Münster. Dort hielten sie es aber nicht mehr aus, auch Berlin („geographisch zu isoliert“) und Hamburg („dort kannten wir niemanden“) kamen für das Duo nicht infrage, und so landeten sie schließlich in Köln. Kallus, Jahrgang 1983, kommt aus Hannover, Schneider, Jahrgang 1985, ist in Bonn geboren und im Ruhrgebiet aufgewachsen.
Für ein Duo sei Zusammenarbeit entscheidend. Der Schlüssel des Ganzen sei die Diskussion, sagen die beiden. Anfangs habe jeder alles gemacht, sagt Kallus. Das sei aber nicht die beste Idee gewesen. „Erst durch die tägliche Zusammenarbeit haben wir die Stärken des anderen erkannt. Das haben wir versucht zu optimieren.“ Schnell war ihnen klar, was sie erreichen wollten: als Designer für großartige Möbel- und Leuchtenfirmen arbeiten. Das ist ihnen gelungen. Die Liste ihrer Kunden ist lang: Blomus, Bolia, Interlübke, Leolux, Ligne Roset, Villeroy & Boch. Sie ließe sich beliebig fortsetzen. Für Rolf Benz haben sie das Tischsystem Slide entwickelt, mit u-förmigen Aluminiumprofilen als Beinen, in denen sich Kabel führen lassen. Außerdem das Bett Pina, bei dem die Rückenkissen verstellbar sind und ein müheloses Hinübergleiten aus dem Sitzen in die Liegeposition ermöglichen. Denn, so ihre Beobachtung: In Betten wird nicht nur geschlafen, sondern zunehmend gelesen, ferngesehen und sogar am Laptop gearbeitet.
Relvãokellermann
Sie lernten sich beim Oktoberfest kennen: Ana Relvão und Gerhardt Kellermann gehören zu den besten jungen Designern in München.
Mit Hündin Ada: Ana Relvão und Gerhardt Kellermann (Relvãokellermann)
Foto: Jan Roeder
Das erste Treffen? Auf dem Oktoberfest in München! Dort also, wo sie seit einigen Jahren auch ihr Studio haben. Dabei kommen beide nicht aus München. Ana Relvão ist Portugiesin, Gerhardt Kellermann wurde in Rumänien geboren. Sie hat in Lissabon Design studiert, er an der Kunstakademie in Stuttgart, wo er auch aufgewachsen ist. Nach dem Studium ging Kellermann nach München, um im Studio von Nitzan Cohen zu arbeiten. Relvão wiederum arbeitete dort für Stefan Diez. Und Cohen und Diez waren früher im Studio von Konstantin Grcic beschäftigt. In der Design-Community in München kennt jeder jeden. Klar, dass alle einmal im Jahr auch zusammen zur Wiesn gehen. Wo sich dann Ana Relvão und Gerhardt Kellermann begegnet sind. Seit 2014 gibt es ihr Studio Relvãokellermann.
Die beiden sind im klassischen Sinne Industriedesigner, haben Produkte für Marken wie Auerberg, Bulthaup und Cor entworfen. Ihre ungewöhnlichste Arbeit, die Aufsehen erregte, war zuletzt eine Espressomaschine, die sich flach an die Wand drückt und eher aussieht wie eine Hi-FiAnlage. Hersteller ist Ligre, ein Unternehmen, das Lina Gronbach gegründet hat (die beiden Anfangsbuchstaben ihres Namens, ergänzt durch ein E für Europa, ergeben das Akronym der Marke). „Für uns war es das intensivste Projekt, das wir bisher hatten“, sagt Ana Relvão. Und das unter anderem auch, weil die Siebträgermaschine nicht „den typischen Klempner-Charakter“ haben sollte, wie Gerhardt Kellermann ergänzt. Die beiden arbeiten gern mit kleinen Unternehmen zusammen. Für Gumpo aus Dingolfing, spezialisiert auf Büromöbel, haben sie eine Sitz-Tisch-Kombination entwickelt, die bestens ins Homeoffice der Corona-Zeit passte. Der Name des hölzernen Gefährts: Pony. Kellermann, der ein zweites Standbein als Fotograf hat, inszenierte die rollenden Arbeitsplätze zur Markteinführung dann auch mit echten Ponys.
Geckeler Michels
David Geckeler und Frank Michels kennen sich seit dem Studium. Danach eröffneten sie ihr Studio in Berlin. Für Aufsehen sorgte zuletzt ihre Bauhaus-inspirierte Sitzkollektion für Tecta.
David Geckeler (links) und Frank Michels (Geckeler Michels)
Foto: Andreas Pein
Auch namhafte Designer fingen einmal klein an. Oft auf einer Plattform, die ihnen die größte Möbelmesse der Welt bietet, mit der Nachwuchsschau Salone Satellite. David Geckeler und Frank Michels zählten 2014 zu den Ausgewählten und durften sich und fünf Produkte in Mailand vorstellen. Mit Erfolg: „Vier der fünf Entwürfe sind heute in Produktion“, sagt Geckeler. In Mailand konnte das Duo, das sich 2013 in Berlin zusammengefunden hatte, Verbindungen knüpfen, die bis heute andauern. David Geckeler, Jahrgang 1984, wuchs in Konstanz am Bodensee auf. Der gleichaltrige Frank Michels ist in Luxemburg geboren. Er zog zum Studieren nach Deutschland, weil es in seiner Heimat keine Fakultät für Gestaltung gab. Kennengelernt haben sich die beiden in den späten Nullerjahren beim Designstudium in Potsdam. „Es hilft sehr“, sagt Geckeler, „zu zweit zu sein.“ Immer gebe es Situationen, in denen man sich unsicher sei oder schwierige Entscheidungen treffen müsse. Gerade die Anfangszeit ist für junge Designer oft nicht leicht.
Auch Geckeler Michels mussten sich zunächst mit Nebenjobs über Wasser halten. Inzwischen haben sie für eine Reihe großer Produzenten gearbeitet, etwa für den Schweizer Polstermöbelspezialisten de Sede (Sofa DS-840 und Pouf DS-760) und den japanischen Hersteller Karimoku New Standard. Für ihn haben sie ein vielseitiges Tischsystem mit A-förmigen Beinen entwickelt, das zwanglose Besprechungen und gemeinsames Arbeiten ermöglicht. Als eine Verbeugung vor dem Bauhaus verstehen sie ihre Sofakollektion F 8 für Tecta im niedersächsischen Lauenförde. Das Familienunternehmen hat viele Klassiker von Marcel Breuer, Walter Gropius und Ludwig Mies van der Rohe im Programm. Zu ihnen gesellen sich nahtlos die Sessel, Zwei- und Dreisitzer von Geckeler Michels, mit ihrem markanten Volumen und breiten Cordstoff – auch ein haptisches Erlebnis.
Haus Otto
Das Stuttgarter Studio Haus Otto sieht sich an der Schnittstelle zwischen Kunst und Design. Damit haben Nils Körner und Patrick Henry Nagel auch international Erfolg.
Nils Körner (links) und Patrick Henry Nagel (Haus Otto)
Foto: Unternehmen
Die beiden fingen noch während des Studiums mit gemeinsamen Projekten an, auf dem Dachboden von Nils Körners Großvater in Sindelfingen. Der Großvater hieß Otto mit Vornamen, er war früher einmal Raumausstatter. Daraus wurde Haus Otto. Inzwischen befindet sich das Studio, Ende der Zehnerjahre gegründet, im alten Verwaltungsgebäude der Stuttgarter Dinkelacker-Brauerei, das lange leer stand, bis es in einen Co-Working-Space mit Namen Superoffices umgewandelt wurde. Nils Körner (Jahrgang 1992) und Patrick Henry Nagel (Jahrgang 1993) haben beide auch in Stuttgart studiert, an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste. Sie sehen sich an der Schnittstelle von Kunst und Design. „Das Neue“, sagt Nagel, „entsteht aus dem Dialog und muss nicht immer etwas Objekthaftes sein.“ Und so gehen ihre Projekte übers Objektdesign hinaus.
Vor zwei Jahren etwa luden sie eine Gruppe junger Designer und Künstler aus Stuttgart, Köln und Berlin auf einen Demeter-Bauernhof am Bodensee ein. Bei diesem Farm-Projekt wurden neben Kunstwerken durchaus auch Objekte gezeigt, aber eben gerade nicht in einer Galerie oder einem Museum, und jeder Besucher durfte die Stücke auch anfassen und benutzen. In einem Gewächshaus hing ein Stuhl von Körner und Nagel, der für ein Unternehmen entstanden ist, das von einer Künstlerin, Aylin Langreuter, und einem Industriedesigner, Christophe de la Fontaine, gegründet wurde: „Dante – Goods and Bads“. Goods, das sind die Güter, die sie herstellen. Und Bads sind die „Böser“, ein Begriff, den der tschechisch-brasilianische Philosoph Vilém Flusser geprägt hatte: Wenn es Güter gebe, müsse es auch Böser geben, so lautete seine Theorie. Der Sessel AL 13 von Haus Otto ist bestens fürs Landleben geeignet. Denn er besteht nur aus einem einzigen Material, ohne Klebstoffe oder Materialmischungen. „Wir verwendeten Aluminium aufgrund seiner Langlebigkeit und Vielseitigkeit. Dadurch ist der Stuhl sowohl für den Innen- als auch für den Außenbereich geeignet.“