Der Papst steigt auf E-Autos um – Auto & Mobil

In der vatikanischen Garage rührt sich nicht viel. In einer Ecke verstauben alte Prunkkutschen, auch die schwarz lackierten Mercedes-Landaulet-Staatslimousinen aus der Nachkriegszeit sind nur noch Museumsstücke. Viel zu repräsentieren gibt es nicht, Franziskus reist weniger als mancher seiner Vorgänger. Gelegentlich lässt sich der Papst über den Markusplatz in Rom fahren, um den Gläubigen zuzuwinken. Selbst das neue Papamobil macht also das, was die meisten Autos die meiste Zeit tun: unnütz rumstehen.  Wenn die Blechkisten schon die Städte verstopfen, dann sollten sie wenigstens einen Mehrwert haben. Zum Beispiel als mobile Litfaßsäulen. Das haben die Atomkraftgegner bereits in den Achtzigerjahren kapiert. Mit den sonnigen Nein-danke-Stickern auf ihren Autos trugen sie den permanenten Protest auf die Straße. Dass die Ablehnung des nuklearen Brennstoffs mit reichlich fossilem Brennstoff bewegt wurde? Geschenkt!

Anders liegt die Sache bei Fischen auf Autohecks. Mit Angelsport hat die Kontur des Wasserbewohners nichts zu tun, sie ist ein Erkennungszeichen unter Glaubensgefährten. Die entsprechende Protestbewegung datiert allerdings schon 2000 Jahre zurück: Der Fisch war das Symbol der ersten, verfolgten Christen. Aber vielleicht ist die Bedeutung ja aktueller, als viele denken. Denn das Oberhaupt der Christenheit fährt jetzt vollelektrisch.

Franziskus ist einer der ersten Staatschefs, die sich demonstrativ vom Verbrenner verabschieden. Die Autohersteller wetteifern zwar schon seit 100 Jahren darum, den Päpsten ihre besten oder beliebtesten Fahrzeuge zu schenken. Auf die Idee, den Pontifex maximus in ein abgasfreies Auto zu setzen, ist aber lange Zeit niemand gekommen. Dabei sind drei Eigenschaften ausschlaggebend für ein Papamobil: Es muss über längere Strecken im Schritttempo fahren (kein Problem für ein E-Mobil), es darf die Gläubigen nicht in der Andacht stören (dito!) und der Papst soll weithin sichtbar sein. Deshalb sitzt er nicht mehr in der zweiten Reihe eines Cabrios, mit dem Gesicht in Fahrtrichtung, sondern thront auf der Ladefläche eines umgebauten Elektro-Geländewagens: auf einem höhenverstellbaren Drehstuhl, der gewisse Ähnlichkeiten mit dem Captain’s Chair beim Hochseefischen hat.

Klar, dass der Papst keinen Fischaufkleber auf dem Autoheck braucht: Ein Kirchenoberhaupt muss nicht Werbung in eigener Sache machen. Auch plumpe Sticker-Sprüche verbieten sich von selbst, etwa: „Betet für die Antriebswende, sie hat es nötig“ oder „Wir trauern um die verblichenen Batteriefabrik-Projekte in Deutschland. Gott hab sie selig“. Das Papamobil wäre bald übersät von solchen Klebe-Fürbitten, wenn der Oberhirte damit erst einmal anfangen würde.Trotzdem scheint es dem Papst mit dem Klimaschutz ernst zu sein. Der Vatikan will bis 2030 als erstes Land der Welt ausschließlich Elektroautos im Fuhrpark einsetzen. Damit würde er einem Verbrenner-Verbot in Europa um fünf Jahre zuvorkommen. Aber was ist mit dem Rest des Kirchenvolks? Vielleicht transportieren die vielen Fisch-Sticker auf konventionell angetriebenen Autos ja eine geheime Botschaft. Warten ihre Fahrer womöglich auf eine höhere Direktive zum kollektiven Umstieg auf den E-Antrieb? Und fangen die Fisch-Konturen dann alle gleichzeitig an zu blinken? Warten also alle auf ein Wunder? Aber ein stromernder Papst mit Milliarden Followern ist ja schon mal ein gutes Omen.

Der Autor glaubt an die E-Mobilität. Trotzdem könnte er mitunter etwas seelsorgerlichen Zuspruch gebrauchen.   (Foto: Bernd Schifferdecker (Illustration))