Dem „Nosferatur“-Remake von Robert Eggers fehlt der Biss

Stummfilmabende versprühen einen eigenen nostalgischen Charme. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass nur wenige der Filme heute ihren musealen Charakter verhehlen können, geschweige denn eine breitere Zielgruppe ansprechen. Eine Ausnahme bildet „Nosferatu“. Stephan von Bothmer, Spezialist für Stummfilm-Kompositionen, ist mit dem 1921 gedrehten Schauerstück von Friedrich Wilhelm Murnau seit Jahren erfolgreich auf Tour. Und diese hohe Nachfrage hat auch einen Grund. Murnaus expressionistische „Dracula“-Variation ist in ihrer berückenden Suggestivkraft einfach erschreckend gut gealtert. Nun also das Remake von Robert Eggers.

Es ist nicht die erste Verbeugung vor dem Original. Man denke auch an Werner Herzogs werktreues Remake mit Klaus Kinski in der Rolle des Blutsaugers. Die Spannung war also groß, ob der in der Horrorszene seit Werken wie „The Witch“ oder „The Northman“ verehrte Eggers Murnaus Klassiker neues Leben einhauchen könnte. Der Regie-Perfektionist ist in seiner Liebe fürs Detail bereits im Prolog erkennbar, wenn die schlafwandelnde Ellen (Lily-Rose Depp) des Nachts wie berauscht einer inneren Stimme in den Park folgt – und dort plötzlich von einem Wesen attackiert wird.

Ein Makler reist nach Transsylvanien

Eine beklemmende Wollust wird sich daraufhin in Ellen festsetzen – gesteigert in der Ankunft des nach ihr gierenden Grafen Orlok (Bill Skarsgård). Diese einseitig-vergiftete Beziehung, mit dem Mann und seiner „Du gehörst mir!“-Forderung als ultimativen Feindbild interessiert Eggers in seinem Remake besonders. Wenig überraschend, dass die Rolle der Ellen zeitgemäß größer ausfällt als bei Murnau.

Als Ellens Gatte, der unsichere Thomas Hutter (Nicholas Hoult), ins weit entfernte Transsilvanien verschickt wird, um den Kauf einer Immobilie bei einem gewissen Orlok unter Dach und Fach zu bringen, schwant der hypersensiblen, somnambulen Frau Übles. In Hutters Abwesenheit verändert sich ihr Charakter, spürt Ellen vor allem nachts eine überirdische, dämonische Kraft, die nach ihr greift.

Parallelen zu Corona

In der männlich geprägten patriarchalischen Welt anno 1838 wird dieses Verhalten als typisch weibliche Hysterie abgetan – bis das Monster per Schiff in der fiktiven deutschen Hafenstadt Wisborg aufschlägt. Es dauert jedoch, bis mit Orlok auch die Pestilenz die Stadtbewohner ergreift und Eggers Parallelen zu den Corona-Seuchenjahren einstreuen kann. Viel lieber schwelgt der Regisseur bei Hutters Reise in den Abgrund im Gothic-Horror mit unheilvoll schleichenden Kamerafahrten, einer gräulich-entfärbten, frostigen Bildsprache und aufdringlichen Schockeffekten auf der Tonspur.

Abseits der vordergründigen Lust am Grauen verliert der Film aber seine innere Spannung. Und das liegt ausgerechnet an den beiden Hauptfiguren. Lily-Rose Depp, Tochter von Johnny Depp und Vanessa Paradis, gibt physisch alles, um die Verzweiflung, Angst und Gefühls-Verwirrung ihrer Figur zu vermitteln. Ihr Spiel ist jedoch übersteuert, wenig subtil, gerade gegen Ende, wenn die Konfrontation mit dem männlichen Vampir-Aggressor droht.

Steril und selbstverliebt

Auch der nahezu unkenntliche Bill Skarsgård kann bei aller Maskerade nicht an den unvergesslich schaurigen Max Schreck heranreichen. Mehr noch, sein Schmuddel-Vampir wirkt mit dem überdimensionierten Schnauzer und seiner verlangsamten Diktion zunehmend komisch, was die Intention des ansonsten bierernsten Gruselfilms empfindlich stört.

Abseits der formalen Brillanz bleibt diese „Nosferatu“-Variante am Ende so weit hinter Murnaus sich langsam anpirschender Spannung zurück. Zu steril, zu selbstverliebt wirkt die enttäuschend ideenlose Neuinterpretation von Eggers, die letztlich nur dann Funken schlägt, wenn Willem Dafoe als spinnerter okkulter Forscher auftaucht und die Ärzte-Wissenschaft mit ihrem behaupteten Herrschaftswissen lässig düpiert.

Kino: City, Mathäser, Monopol, Royal, sowie Cinema (OV)
R: Robert Eggers (USA, 132 Min.)

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