Bis zum Schluss wurde gerungen und gepokert, Zusagen wurden zurückgezogen und wieder zugesichert. Am Mittwochabend stand nach SZ-Informationen dann fest: Der Ski- und Snowboard-Weltverband (Fis) hat grünes Licht für seine zentrale TV-Rechtevermarktung mit der Agentur Infront erhalten. Frohe Festbotschaften also für die gesamte Wintersportfamilie?
Im Auge des Sturms, bis zuletzt: Fis-Präsident Johan Eliasch. Der wollte die TV-Rechte seit rund zwei Jahren unter dem Dach seines Weltverbands bündeln, statt die nationalen Skiverbände einzeln Geschäfte mit einzelnen Agenturen aushandeln zu lassen. Nun ist der 62-Jährige vorerst am Ziel: Die Fis kann die Rechte ab der Saison 2026/27 mit der Agentur Infront zentral vermarkten, über acht Jahre soll so mehr Geld an alle Verbände fließen.
:Des Präsidenten neue Kleider
Der Ski-Weltverband Fis sucht einen neuen Ausrüster – übrig bleibt just jene Firma, bei der Fis-Präsident Johan Eliasch Mehrheitsaktionär ist. Alles ganz sauber, wie alle Beteiligten beteuern? Recherchen werfen Fragen auf.
Zumindest offiziell ist so Friede auf Ski-Erden eingekehrt: Bis auf den österreichischen Skiverband (ÖSV), der seinen Rechtevertrag mit der Agentur IMG fortführen will, haben alle wichtigen Skiverbände, die Weltcups ausrichten, dem Deal zugestimmt. Nach dem Deutschen Skiverband (DSV) sagte auch der Schweizer Verband am Mittwoch zu, das bewog wiederum Kanada und die USA, an Bord zu kommen. Ganz allein will dann doch (fast) niemand sein.
Besinnlich wird es hinter den Kulissen aber weiter eher nicht zugehen. Zu groß sind offenkundig die eigenen Interessen mancher Verbände. Eliasch hatte das dem Vernehmen nach zuletzt geschickt ausgespielt, indem er mit vielen einzeln verhandelt hatte. Der DSV hatte etwa verlangt, dass gewisse Weltcup-Events in Deutschland künftig in den Langzeitkalendern der Fis verankert sein sollen. Auch wollte er sich zusichern lassen, dass die Medienrechte, die künftig unter dem Fis-Dach gebündelt werden, wieder in den Besitz der einzelnen Nationalverbände überführt werden. „Viele haben im Sinne ihres Landes entschieden, aber nicht im Sinne des Sports“, fasst ein Insider das Ergebnis der Verhandlungen zusammen. Die Geschlossenheit vieler Verbände, die in den vergangenen Jahren noch Strukturen geschaffen hatten, um sich im schlimmsten Fall von der Fis loszusagen – sie bröckelt jedenfalls, hörbar.
Der Österreichische Skiverband klagt in Wien gegen die Fis und die Zentralisierung
Ganz anders die Allianz der Wintersportathleten. Diese bewerten den Infront-Deal mehrheitlich kritisch, seit die Private-Equity-Firma CVC am 2. Dezember offiziell angeboten hatte, für 400 Millionen Euro bei der Fis einzusteigen – grob gesagt im Gegenzug für die Bündelung sämtlicher Rechte, auch die der internationalen TV-Vermarktung. Bis zu 71 Athleten hatten Eliasch in mehreren Briefen aufgefordert, den Deal mit Infront auf Eis zu legen und zu prüfen, ob die Offerte von CVC nicht langfristig größere Gewinne verspreche. Nachdem Eliasch gepoltert hatte, die Briefe seien „nicht ernst zu nehmen“, hatten sich Sportler und Fis-Präsident am Dienstag zu einer Online-Aussprache getroffen. Aus Teilnehmerkreisen heißt es aber, dass der Infront-Deal kein dominantes Thema war. Die Fis hatte zuvor bereits mit CVC-Vertretern gesprochen und danach bekräftigt, dass sie derzeit kein frisches Kapital eines Investors benötige. Das Gros der Athleten dürfte nach Eliaschs harschen Äußerungen jedenfalls nur noch wenig auf einen Fis-Präsidenten geben, der angeblich das Beste für sie und ihren Sport verhandelt.
Die Sportler forderten bis zuletzt auch, die Preisgelder in allen Disziplinen angemessen zu erhöhen, und dafür sehen sie den Zufluss von externem Kapital als probateren Hebel. CVC hatte in seiner ersten, noch vagen Offerte in Aussicht gestellt, 375 der versprochenen 400 Millionen Euro für die ersten drei bis fünf Jahre auf die Wintersportfamilie aufzuteilen – aber eben für alle Rechte. Mit Infront, so hatten es Fis und Infront im Sommer 2023 versprochen, werde man über acht Jahre mindestens 100 Millionen Euro mehr an alle Beteiligten ausschütten, nur mit dem internationalen TV-Geschäft. Ob dies alle Beteiligten, Athleten inklusive, künftig besser stellen wird, bleibt allerdings fraglich. Eliasch hatte der Deutschen Presse-Agentur zuletzt gesagt, die Zentralisierungs-Deal werde „nicht so ertragreich sein, wie er könnte“ – weil, so die Andeutung, die Österreicher sich zuletzt ausgeklinkt hatten.
Deren Rolle ist nun ohnehin eine spannende: Der Österreichische Skiverband klagt derzeit in Wien gegen die Fis und greift dabei die nun beschlossene Zentralisierung an. Diese stelle „eine Art Erpressung“ dar, hatte ÖSV-Generalsekretär Christian Scherer vor der ersten Verhandlung Ende November gesagt: „Weil er explizit ausführt, wenn du das unterschreibst, erhältst du jenes im Gegenzug“. Das Landgericht München hatte diese Rechtsauffassung Ende Oktober im Kern bestätigt. Manche Experten lasen in dem Urteil gar, dass die geplante Zentralisierung so grundsätzlich nicht umgesetzt werden dürfe.
Dem Deutschen Skiverband, der die Klage angestrengt hatte, war damals allerdings ein anderer Aspekt wichtiger: dass die nationalen Skiverbände die originären Inhaber der TV-Rechte sind, egal, wie diese vermarktet werden. Das half dem DSV, als er mit der Fis zuletzt die Details der Zentralisierung verhandelte. Der ÖSV war dem Vernehmen nach bis zuletzt jedenfalls gewillt, seine Klage vollumfänglich weiterzuverfolgen.