
Katharina Dröge, Fraktionsvorsitzende der Grünen im Bundestag, hat die Bundesregierung um Kanzler Friedrich Merz (CDU) für die koalitionsinterne Uneinigkeit beim geplanten neuen Wehrdienst kritisiert. „Keiner weiß, wie es jetzt weitergeht“, sagte Dröge nach Merz‘ Regierungserklärung im Bundestag.
Mit Blick auf den kommenden EU-Gipfel sagte Dröge, Merz reise als ein Kanzler nach Brüssel, „der die Lage nicht im Griff hat“. Wiederholt hätten die Koalitionsfraktionen dem Regierungschef die Mehrheit verweigert; das treffe auch auf CDU und CSU zu. „Wenn die Unionsfraktion Ihnen in Serie die Unterstützung verweigert, dann stellt sie Ihre Kanzlerschaft infrage“, sagte die Grünenpolitikerin. „Ein Kanzler ohne Mehrheit, der kann keine Regierung führen – aber eine Regierung ohne Führung, die kann nicht funktionieren.“ Die Frage, wie Merz zeigen wolle, dass er für das Amt des Bundeskanzlers geeignet sei, bleibe offen.
„Das ist eine schlechte Nachricht für Europa“
Weiter kritisierte Dröge, mit dem offen ausgetragenen Streit um die Ausgestaltung des neuen Wehrdiensts schade die Regierung der Sicherheit des Landes. Merz sei Chef einer Koalition, „die sich in einer Frage der zentralen deutschen Sicherheitspolitik vollständig auf offener Bühne zerlegt“. Das von Schwarz-Rot geschaffene „absolute Chaos“ sei auch für Europa „eine schlechte Nachricht“, sagte die Grünen-Fraktionschefin.
Die Linken warfen der Bundesregierung vor, zu stark auf Aufrüstung zu setzen. „Rüstung dieses Ausmaßes liegt nicht im Interesse der Einwohnerinnen und Einwohner der Europäischen Union“, sagte der Fraktionsvorsitzende Sören Pellmann bei der Debatte im Bundestag. Auch auf EU-Ebene gehe es „um Rüstung, Rüstung und Rüstung“. Das lehne die Linke ab. Stattdessen müsse sich auf soziale Not konzentriert werden.
Spahn weist „Märchen“ zurück und verspricht Einigung
Unionsfraktionschef Jens Spahn (CDU) wies die Kritik aus der Opposition zurück. Bezüglich der Äußerung vonseiten der Grünen, Merz fehle die nötige Mehrheit, sagte Spahn: „Dass wir gelegentlich diskutieren, dass wir debattieren, dass wir – ja, auch hart – verhandeln: Das gehört dazu.“ Entscheidend sei, dass die Koalition am Ende zu Entscheidungen komme. Das werde sie, wie in den vergangenen Monaten, auch beim Thema Wehrdienst – „ohne Zweifel“. Dröges Aussagen bezeichnete Spahn als „Märchen“. Bei jeder Entscheidung und Abstimmung im Bundestag hätten Regierung und Koalition Mehrheiten gehabt.
Bezüglich der Wehrdienstdebatte räumte Spahn ein, man wäre in dieser Woche „gerne weiter gewesen“. Doch auch die Frage des Wehrdienstgesetzes würden Union und SPD „absehbar zu einer Entscheidung führen“. Die Koalition werde Deutschland verteidigungsfähig machen, sagte der CDU-Politiker.
In seiner Rede zeigte sich Spahn offen für Alternativen zum von der Union vorgeschlagenen Losverfahren. Die Bundeswehr brauche zusätzliche Soldaten und Reservisten. Dafür brauche es „verbindliche, messbare und nachvollziehbare Zwischenziele“, sagte Spahn. Sollte die von der Koalition vorgesehene Freiwilligkeit für die angestrebten Zahlen nicht ausreichen, müssten andere Wege gefunden werden – wie das Losverfahren. „Wenn die Antwort darauf Nein ist, dann braucht es für die Auswahl der Verpflichteten andere Kriterien oder Wege“, sagte Spahn.