Dax erreicht neues Rekordhoch

Die deutsche Industrie befindet sich im Krisenmodus. Die Bundesregierung rechnet in diesem Jahr mit einem Wirtschaftswachstum von minus 0,4 Prozent. Zuletzt hat die Krisenstimmung auch zahlreiche Autohersteller in Mitleidenschaft gezogen. An der Börse sieht es hingegen anderes aus, dort steigen die Kurse, auch die deutscher Konzerne. „Die Dax-Schwergewichte, die in diesem Jahr für einen Großteil der Performance verantwortlich sind, erwirtschaften einen Großteil ihres Umsatzes außerhalb Deutschlands und profitieren daher von der konjunkturellen Stärke im Ausland“, sagt Ulrich Urbahn, Leiter Multi Asset Strategy & Research bei Berenberg Wealth and Asset Management, der F.A.Z.

Da ist es kein Wunder, dass den Dax die deutsche Tristesse kalt lässt. Die Entwicklung der Wall Street und der amerikanischen Wirtschaft fest im Blick erreichte der deutsche Leitindex am Dienstagvormittag mit 19.633,91 Punkten ein Rekordhoch. Damit folgt er den wichtigsten US-Indizes, die ihrerseits am Vortag neue Höchststände erklommen hatten.

„Getrieben wurde diese Entwicklung von Dax-Schwergewichten aus dem Technologiebereich, dem Finanz- sowie dem Industriesektor“, sagt Sören Hettler, Leiter Anlagestrategie bei der DZ Bank, der F.A.Z. „Aus der Automobilbranche erfährt der Dax zwar aktuell eher Gegenwind, allerdings hat sich der deutsche Leitindex im bisherigen Jahresverlauf daran bereits gewöhnt.“

Einen Grund für die Aufwärtsdynamik sieht Hettler unter anderem in der insgesamt gut gestarteten amerikanischen Bilanz-Berichtssaison. Anleger gehen davon aus, dass eine Rezession in den USA ausbleibt und sich die Wirtschaft robust entwickeln wird. „Alles deutet auf eine weiche Landung der US-Wirtschaft hin“, sagt Jochen Stanzl, Chef-Marktanalyst des Online-Brokers CMC Markets. „Die Unternehmen sind nach wie vor sehr gut in der Lage, sich an die teilweise schwierigen Rahmenbedingungen anzupassen, viele könnten in der Berichtssaison die Erwartungen übertreffen.“

Auch Anlagestratege Jürgen Molnar vom Brokerhaus RoboMarkets rechnet mit einem sogenannten „Goldlöckchen-Szenario“: „Ein moderates Wachstum, zumindest in den USA, eine Inflation auf dem Rückzug und die Aussicht auf eine lockerere Geldpolitik sind die Zutaten für dieses Börsenmärchen.“ Unter Anlegern gilt als ausgemacht, dass die Europäische Zentralbank und die US-Notenbank Fed die Leitzinsen bei ihren anstehenden Sitzungen um jeweils einen Viertelprozentpunkt senken werden.

Doch noch ist das Jahr nicht vorbei. „Die Entscheidung über Wohl und Wehe der Jahresendrally fiel in den vergangenen fünf Jahren vor allem im November“, sagt Hettler. Hier waren Kursanstiege von bis zu 15 Prozent zu beobachten. Bis zur Präsidentschaftswahl Anfang November dürften einige Marktteilnehmer jedoch erstmal abwarten. Für ausgeprägte Schwankungen sei die Wahl aber in jedem Fall gut. „Ob und inwieweit die letzten Tage der Startschuss für eine Jahresendrally waren, dürfte außerdem von der weiteren Entwicklung im Nahen Osten abhängen“, so Hettler von der DZ-Bank. Eine weitere Eskalation, könnte die Stimmung an den Finanzmärkten nachhaltig trüben.

Viel Geld sei noch an der Seitenlinie geparkt und dürfte mit dem Ende der Unsicherheit nach den US-Wahlen im Einklang mit der typischen Saisonalität wieder in die Aktienmärkte zurückfließen, ist Urbahn überzeugt. „Auch wenn ein Teil der Jahresendrallye bereits vorweggenommen ist, rechnen wir mit einer Fortsetzung der Aufwärtsbewegung.“