Das sind die beliebtesten Stücke

Warteschlangen – wo gab es denn so was zuletzt? Vor Rewe während der Pandemie vielleicht, und später vor Louis Vuitton oder Cartier, die sich eine Weile nicht vor Luxusinteressenten retten konnten. Diese Jahre sind vorbei. Wenn sich viele Menschen in wirtschaftlich schwierigen Zeiten das neue Auto sparen, dann ist klar, wie es um die Designerhandtasche jenseits der 1000 Euro stehen muss.

Die Unternehmensberatung Bain und die italienische Modekammer Altagamma rechnen für 2024 mit, wenn überhaupt, einem Prozent Wachstum oder weniger im Vergleich zum Vorjahr. Der Luxuskonzern LVMH verzeichnete in den ersten neun Monaten des Jahres ein Umsatzminus von zwei Prozent im Vergleich zu 2023, beim Konkurrenten Kering schrumpften die Umsätze im dritten Quartal sogar auf minus 15 Prozent. Die seltene Ausnahme: Die Gruppe hinter Prada und Miu Miu verbuchte ein geradezu astronomisch anmutendes Plus von 18 Prozent in den ersten neun Monaten dieses laschen 2024.

Warteschlangen vor den Läden

Denn es gibt ihn eben doch noch, den Appetit auf Neues, Schönes. Auch so lassen sich diese Warteschlangen erklären, im Sommer, in Paris, vor den Läden der gerade einmal acht Jahre alten Hand­taschen-Marke Polène. Hin und wieder trat damals eine Mitarbeiterin hinaus auf die Straße, fragte die Wartenden nach dem Wunschmodell. Winkte häufig direkt ab, vielleicht mal online probieren.

Dieser Text stammt aus der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung.



Im Werk von Polène in Südspanien dürften sie in diesem Sommer nicht lange Pause gemacht haben, so allgegenwärtig sind die Taschen. Stellt man sich in diesem Winter auf einen x-beliebigen Hauptbahnhof in Deutschland, zieht häufig im Minutentakt eine Polène-Tasche vorbei, meistens ist es die Cyme, mit ausklapp­baren Flügeln links und rechts, häufig im Farbton Camel.

Zwei Taschen, Hunderttausende von Abnehmern

Es ist die Tasche des Jahres. Kostenpunkt 380 Euro. Und steht man noch etwas länger am Bahnhof, fällt ebenfalls die Menge an Nylontaschen von Vee Collective auf. Die zweite Tasche des Jahres. Steppmuster, praktische Innen­taschen. Kostenpunkt 269 Euro.

Trend-Tasche II: Vee Collective, Modell Porter, hier in der Barbara-Becker-Edition Vee Collective, Modell Porter,  hier in der Barbara-Becker-Edition
Trend-Tasche II: Vee Collective, Modell Porter, hier in der Barbara-Becker-Edition Vee Collective, Modell Porter, hier in der Barbara-Becker-EditionUnternehmen

Zwei Taschen, schätzungsweise Hunderttausende von Abnehmerinnen und Abnehmern. Bei Accessoires, egal ob Taschen oder Schuhen, zählt Marke deutlich mehr als bei Bekleidung. Pullover und Hose sind schnell zu übersehen, eine Tasche fällt auf. Nur wenige Marken erreichen diese Prominenz und Sichtbarkeit, aber ist das einmal geschafft, dann verkauft sich das Produkt anschließend umso besser.

So war das bei Longchamp und Louis Vuitton, so ist es jetzt bei Polène und Vee Collective. Und die früheren Beispiele zeigen auch: Der Erfolg kann von Dauer sein, sofern man es richtig macht. Instagram ist förderlich und hinderlich zugleich. So muss niemand auf dem Bahnhof stehen, um ständig an die Taschen erinnert zu werden.

Im Fall von Polène ist in der Branche von einem groß­zügigen „Gifting“ an Influencerinnen die Rede. Das führte in diesem Jahr allerdings auch dazu, dass sich schon mal mehrere Content Creators auf derselben Veranstaltung mit Polène-Cyme-Tasche in Camel trafen. Für sie wird das damit die Tasche von 2024 – gewesen sein.