Darts-WM: „Ich habe niemals provoziert“ – Das sagt Suljovic über die Betrugsvorwürfe

Mensur Suljovic wollte Luke Littler von der Bühne schmeißen. Der Weltmeister gab auf diese Ansage allerdings eine beeindruckende Antwort. Gerade so verhindert Suljovic die größtmögliche Blamage. Den Österreicher beschäftigen danach die von Joe Cullen erhobenen Anschuldigungen.

Luke Littler hatte sich angesichts der Vorgeschichte auf das Schlimmste eingestellt. „Egal, ob es der Spieler ist, gegen den du spielst, oder das Publikum – du musst immer vom Schlimmsten ausgehen. Wenn es dann nicht so schlimm ist, wie gedacht, bin ich froh darüber“, sagte der amtierende Darts-Weltmeister vor seinem Spiel gegen Mensur Suljovic zu Sky Sports.

Die Einstellung schien genau richtig, immerhin hatte sein Gegner für eine der Kontroversen des Turniers gesorgt. Durch sein aufreizend langsames Spiel und seine ausgelassenen Jubel hatte Suljovic seinen Zweitrundengegner Joe Cullen derart entnervt, dass dieser nicht nur das Spiel, sondern auch seinen Kopf verloren hatte. Der Engländer sprach im Anschluss gar von „Betrug“, und rückte in der englischen Presse auch Tage später nicht davon ab. Dazu später mehr.

Zunächst stellte sich erst einmal die Frage, mit welcher Version von Suljovic es Littler in der dritten Runde der Darts-WM zu tun bekommen sollte. Eine Antwort konnte die Partie nicht liefern. Littler ließ gar nicht zu, dass Suljovic positive Momente kreieren und diese ausgiebig feiern konnte. Dabei hatte der Österreicher noch großspurig angekündigt, Littler von der Bühne schmeißen zu wollen. Er selbst war es, der einfach vom Weltmeister weggefegt wurde.

In den ersten beiden Sets spielte er zwar einen guten 98er-Average, hatte aber in nicht einem einzigen Versuch ein Doppelfeld. Der Auftritt Littlers war derart dominant, dass ihn Suljovic nur mit einem Grinsen quittieren konnte, als er zur zweiten Pause völlig durchgeschüttelt die Bühne verließ. 108,65 Punkte im Schnitt spielte Littler zu diesem Zeitpunkt.

Leggewinne mit Mensur-Suljovic-Sprechchören belohnt

Erst im achten Leg des Spiels verhinderte Suljovic die größtmögliche Blamage, eine Niederlage ohne eigenen Leggewinn. Er bekam erstmals Chancen auf ein Doppel und nutzte diese zum Ausgleich im dritten Satz. Erneut durchzog ein tiefes Grinsen sein Gesicht, dass er mit selbstironisch anmutenden Anfeuerungen des Publikums kombinierte. Sein Gegner lächelte für den kurzen Augenblick einer Sekunde mit.

Änderungen am Spielverlauf zog die Tatsache, dass sich Suljovic nun auf der Spielstandsanzeige wiederfand, nicht nach sich. Er gewann zwar einige Legs, die von den Fans im Alexandra Palace mit Mensur-Suljovic-Sprechchören belohnt wurden. Littler, der am Samstag öffentlich gemacht hatte, dass er sich als Kind einer Augen-OP unterziehen musste, weil er an Strabismus (Schielen) litt, aber surfte mit einem 107er-Average – WM-Rekord für Littler – locker in Richtung eines ungefährdeten Sieges. Als das 4:0 feststand, hatte Suljovic mal wieder nur eines übrig: Ein Grinsen.

„Um ehrlich zu sein, glaube ich, dass er es einfach genossen hat, dort oben zu sein“, sagte Littler, auf die Körpersprache seines Gegners angesprochen. „Ich hatte einen Job zu erledigen. Mensur kann stolz auf sein Turnier sein.“ Suljovic schien die Einschätzung zu teilen. Er lobte Littler bei DAZN in höchsten Tönen: „Das ist der Weltmeister, das ist ein guter Dartspieler. Er beschwert sich wegen gar nichts, spielt sein Spiel. Absolut Respekt.“ Andere Spieler sollten sich eine Scheibe von Littler abschneiden. „Kein bla bla, das mag ich überhaupt nicht. Ich rede auch viel, aber diese Kerle reden mit ihren Dartpfeilen“, sagte Suljovic weiter.

Dann kam er doch noch einmal auf das zurück, was in den letzten Tagen im Raum stand: Die Vorwürfe seines vorherigen Gegners Cullen. „Diese Aussage: Cheater, Verbrecher. Was ist das für ein Kerl? Was soll ich jetzt über ihn sagen?“, fragte Suljovic „Wir sind seit Jahren dabei, aber was ist diese Aussage? Ich habe ihm nichts getan. Ich habe mich gefreut, okay, vielleicht mein Fehler. Aber ich habe zugeschaut: Jeder Spieler freut sich.“ Er schob noch eine direkte Ansprache an Cullen hinterher: „Joe, ich wünsche dir und deiner Familie das Beste – von Herzen. Ich habe niemals provoziert, ich habe niemals was Falsches gemacht. Was du im Kopf hast, behalt das für dich. Selber Schuld.“

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Während es zwischen Suljovic und Cullen noch krachte, blieb es mit Littler harmonisch. Auch, weil Suljovic schneller gespielt habe als erwartet, befand der 18-jährige Engländer. „Das habe ich gemocht. Es war schon so, als wir im Backstage ausgebullt haben. Ich habe mir nur gedacht: ‚Behalt das bei, Mensur‘“. Er selbst habe sich versucht, an Suljovic‘ Spielstil anzupassen, sei nicht so wie sonst in hohem Tempo in Richtung des Boards gestürmt und habe viel Wasser getrunken.

Eine Taktik, die aufging. Littler bleibt im Turnierverlauf weiter ohne Satzverlust – und angesichts seiner Leistungen der große Favorit auf den Titel. Zumal es zuvor den nächsten Favoriten-Schock gegeben hatte. Stephen Bunting, Nummer vier der Welt, ist frühzeitig ausgeschieden. Auf der Bühne sichtlich abgequält verlor er gegen James Hurrell, die Nummer 63 der Welt, mit 3:4. „Großartig, der größte Sieg meines Lebens“, fasste Hurrell seine Gefühle zusammen.

Eine vermeintlich gute Nachricht ist das Ergebnis für die deutsche eins, Martin Schindler. Er würde in einem Achtelfinale nun auf Hurrell statt auf Topstar Bunting treffen. „Ich habe gerade die Nummer vier aus dem Weg geräumt. Ich bin nicht beunruhigt“, sagte Hurrell über den nächsten möglichen Gegner. Zuvor muss Schindler ohnehin erst Ryan Searle am Sonntag (13.45 Uhr/Sport1 und DAZN) aus dem Weg räumen.

Darts-WM 2026, Ergebnisse 3. Runde

Wesley Plaisier (NED) – Krzysztof Ratajski (POL) 3:4

Andrew Gilding (ENG) – Luke Woodhouse (ENG/25) 1:4

Jonny Clayton (WAL/5) — Niels Zonneveld (NED) 4:3

ab 20.15 Uhr:

Andreas Harrysson (SWE) – Ricardo Pietreczko (D) 4:2

Stephen Bunting (ENG/4) – James Hurrell 3:4

Luke Littler (ENG/1) – Mensur Suljovic (AUT) 4:0

Luca Wiecek ist Sportredakteur für WELT. Er berichtet bis Silvester in London aus dem Alexandra Palace.