Cum-ex-Streit um 1,7 Milliarden Euro: Gericht weist Milliardenklage von Dänemark ab

Es ist ein schwerer Rückschlag für Dänemark im internationalen Steuerbetrug mit „Cum-ex“-Aktiengeschäften. Vergangene Woche hat der London High Court eine Schadenersatzklage der dänischen Steuer- und Zollbehörde Skat in Höhe von 1,7 Milliarden Euro gegen den Hedgefonds Solo Capital des britischen Börsenhändlers Sanjay Shah und viele weitere Aktienhändler abgewiesen.

In einer Mitteilung des Gerichts heißt es, für alle von Skat verfolgten Ansprüche, einschließlich des Betrugs, sei der Nachweis erforderlich, dass der dänische Fiskus durch spezifische Falschaussagen in die Irre geführt worden sei. Doch diesen Beweis habe die Klägerin nicht erbringen können. Skat will die Entscheidung nicht akzeptieren und kündigte schon eine Berufung an.

Gleiches Muster wie in Deutschland

Mit der Klage forderte Dänemark die Rückzahlung unrechtmäßig erstatteter Dividendensteuern zurück. Aktienhändler wie Sanjay Shah und sein Hedgefonds Solo Capital, Banken und vor allem amerikanische Pensionsfonds hatten sich das Geld zwischen 2012 und 2015 vom dänischen Fiskus auszahlen lassen. Ihr Vorgehen ähnelte den Cum-ex-Fällen in Deutschland: Sie handelten rund um den Dividendenstichtag mit Wertpapieren von 20 im dänischen Leitindex OMX Copenhagen gelisteten Unternehmen. Im Anschluss reichten sie bei der Skat Anträge für im Ausland ansässige Unternehmen ein, oft amerikanische Pensionsfonds, ein.

Dadurch wurde eine Quellensteuer, die nur einmal gezahlt worden war, mehrfach zurückerstattet. Nachdem ein Whistleblower Hinweise gegeben hatte, stellte die Behörde die Steuererstattungen im August 2015 ein. Der Gesamtschaden wird in Dänemark auf zwei Milliarden Euro geschätzt.

Insgesamt hatte Skat die Klage in London gegen 56 Beklagte gerichtet, darunter 21 Aktienhändler. Nach einem langwierigen Vorverfahren, in dem überhaupt erst die Zuständigkeit der britischen Justiz geklärt werden musste, verhandelte Richter Andrew Baker in dem Prozess ab April 2024 bis zu diesem Frühjahr an 138 Terminen. Selbst für den in komplexen internationalen Rechtsstreitigkeiten erfahrenen London High Court stellte das Mammutverfahren eine Herausforderung dar. Zuvor hatten andere Gerichte in Dubai und New York den Dänen in der Sache weitgehend Recht gegeben.

Urteil sorgt für “Stirnrunzeln“

In dem Zivilstreit in London vertrat die dänische Steuerbehörde weiter die Ansicht, dass es sich um unberechtigte Anträge auf Rückerstattung einbehaltener Dividendensteuer gehandelt habe. Die Entscheidung habe bei Skat für „Stirnrunzeln“ gesorgt, wird Kim Tolstrup, Direktor der dänischen Steuerbehörde, in einer Mitteilung zitiert. „Es handelt sich um ein überraschendes Urteil, mit dem wir überhaupt nicht einverstanden sind. Deshalb wollen wir nun auch Berufung einlegen.“ Skat wolle den Fall so weit wie möglich vorantreiben, um das Geld aus dem Dividendensteuerbetrug wieder für die dänische Staatskasse zurückzuholen.

Nach der Entscheidung von Richter Baker muss die unterlegene Steuerbehörde auch die Prozess- und Anwaltskosten von Solo Capital, Shah und den weiteren Beklagten zahlen – auch das geht zu Lasten der dänischen Steuerzahler. Aus Sicht von Tolstrup ist das aber kein Problem. „Wir haben uns darauf vorbereitet, dass gegen das Urteil Berufung eingelegt wird – allerdings nicht von uns selbst. Das bedeutet, dass wir die zusätzlichen Kosten, die mit einer Berufung verbunden sind, bereits eingeplant haben.“

Sanjay Shah, der Strippenzieher hinter einem Großteil der Aktiengeschäfte war, konnte nicht persönlich an dem Gerichtsverfahren teilnehmen. Während das Verfahren in London lief, wurde dem britischen Finanzmanager in Dänemark selbst der Prozess gemacht. Wegen Steuerbetrugs wurde Shah dort zu zwölf Jahren Gefängnis verurteilt. Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig, Shas Anwälte haben Rechtsmittel eingelegt.