Zur Halbzeit der zweiwöchigen UN-Klimakonferenz in Brasilien haben Tausende Menschen für mehr Ehrgeiz im Kampf gegen die Erderhitzung und den Schutz indigener Gemeinschaften demonstriert. Der „Marsch fürs Klima“ zog am Vormittag (Ortszeit) mit lauten Gesängen und Parolen durchs Zentrum der Millionenstadt Belém. Nach Angaben der Organisatoren nahmen rund 50.000 Menschen an der Demonstration teil, darunter indigene Gruppen und Gewerkschaften. Auch Brasiliens Umweltministerin Marina Silva und die Ministerin für indigene Völker, Sonia Guajajara, waren bei dem Umzug dabei, der quer durch die Stadt führte.
Auch in Deutschland waren am Freitag in Dutzenden Städten Tausende Demonstranten auf die Straße gegangen. Die Bewegung Fridays for Future forderte von der deutschen Regierung mehr Entschlossenheit auf dem UN-Treffen für den Klimaschutz und Schritte zur Abkehr von Öl, Gas und Kohle.
„Größte Bedrohung unserer Zeit“
Die Präsidentin der UN-Generalversammlung, Annalena Baerbock, stufte bei einem Kurzbesuch in Belém die Klimakrise als „größte Bedrohung unserer Zeit“ ein – trotz der vielen Kriege und Konflikte in aller Welt. Die Grünen-Politikerin sagte der Deutschen Presse-Agentur: „Rund 3,6 Milliarden Menschen – fast die Hälfte der Weltbevölkerung – sind heute durch die Folgen des Klimawandels stark gefährdet.“ Konkret seien dies Dürren, Überschwemmungen, extreme Hitze und wachsende Ernährungsunsicherheit. Dies alles verstärke den „Teufelskreis aus Hunger, Armut, Vertreibung, Instabilität und Konflikten“.
Ein „Gipfel des Volkes“ Hunderter Organisationen
Der große Protestzug in Belém wurde angeführt von Indigenen, die in Brasilien ihre angestammten Gebiete – unter anderem im Regenwald – gegen Agrarkonzerne, Holzfäller und illegale Goldschürfer verteidigen müssen.
Anders als bei den vorangegangenen Klimakonferenzen in autoritären Staaten wie Aserbaidschan oder Ägypten gibt es in diesem Jahr in Belém auch im Stadtgebiet sichtbare Proteste. So tagt parallel zur UN-Klimakonferenz auf dem Gelände der Universität der „Gipfel des Volkes“ („People’s Summit“) mit Hunderten Organisationen, Bewegungen und Netzwerken aus Brasilien und dem Ausland.

Erst am Freitag hatten Dutzende Indigene und andere Klimaaktivisten morgens stundenlang den Haupteingang der Konferenz blockiert. Und am Dienstagabend stürmten Indigene und andere Aktivisten sogar die Eingangshalle der eigentlich stark gesicherten Zeltstadt. Sie brachen gewaltsam Türen auf und lieferten sich ein Gerangel mit Sicherheitskräften.
Streit über Fahrplan zur Abkehr von Öl, Gas und Kohle
Auf der COP30 beraten noch bis Ende nächster Woche rund 200 Staaten darüber, wie die Erderwärmung schneller eingedämmt werden kann. Im Fokus steht unter anderem ein Fahrplan zur Abkehr von Öl, Gas und Kohle – dagegen wehren sich unter anderem reiche Golfstaaten wie Saudi-Arabien, die mit Öl und Gas weiterhin Milliarden verdienen.
Daneben geht es um Forderungen der Entwicklungsstaaten nach mehr Hilfsgeldern, um sich besser an die fatalen Folgen der Klimakrise anpassen zu können. Die Industriestaaten pochen aber darauf, dass nicht mehr Geld auf den Tisch kommt, als vergangenes Jahr zugesagt wurde. In Baku hatte die UN-Konferenz als Kernziel beschlossen, dass die Industriestaaten bis 2035 jährlich mindestens 300 Milliarden US-Dollar an Klimafinanzierung bereitstellen.
„Klima ist es egal, ob man wissenschaftliche Fakten leugnet“
Ex-Außenministerin Baerbock, die noch in Baku für Deutschland verhandelt hatte, sagte, es habe schon einfachere geopolitische Zeiten für den Klimaschutz gegeben. „Aber zur internationalen Zusammenarbeit gibt es keine Alternative. Denn dem Klima ist es egal, ob man wissenschaftliche Fakten leugnet, und CO₂ macht nicht an Grenzen halt.“
Allen voran US-Präsident Donald Trump bezeichnet die menschengemachte Erderwärmung als „Schwindel“ und ist bereits am ersten Tag seiner Amtszeit aus dem Pariser Klimaabkommen ausgestiegen.
Zu Beginn der Weltklimakonferenz hatte Brasiliens Präsident Luiz Inácio Lula da Silva den Leugnern der Erderwärmung eine Kampfansage gemacht. Auf dieser „Konferenz der Wahrheit“ gehe es auch darum, sich der Desinformation zur Klimakrise entgegenzustellen, sagte der linke Politiker.
Der deutsche Greenpeace-Chef Martin Kaiser erklärte, vor allem die Ölstaaten versuchten auf der COP30, Maßnahmen zum Schutz des Klimas zu verschleppen. Die „fossile Lobby“ stehe mit all ihrer Macht auf der Bremse. Wenn ab Montag Klimaschutzminister Carsten Schneider (SPD) in Belém mit verhandele, müssten er und die EU eine starke Staaten-Allianz schmieden für verbindliche Beschlüsse: Die Welt müsse weg von Kohle, Öl und Gas und hin zu sauberer Energie aus Sonne und Wind. Auch solle ein Aktionsplan beschlossen werden, der die Waldzerstörung bis 2030 beendet.
Fentje Jacobsen vom WWF sagte, um Entwicklungsländer einzubinden, müsse der Fahrplan zum Ausstieg aus den fossilen Energien ein glaubwürdiges „Unterstützungspaket“ bekommen: Da gehe es unter anderem um Finanzierung und Technologietransfer. Unerlässlich seien auch transparente, messbare Zwischenschritte und konkrete Zeitpläne.
