
Die Akquise für die Londoner Abendauktionen ist schon seit dem Brexit eine größere Herausforderung, die geopolitische Lage hat sie noch schwieriger gemacht. Vertrauen in den Markt dürften aber die Verkäufe bei den Versteigerungen moderner und zeitgenössischer Kunst in dieser Woche einflößen.
Christie’s setzte bei seinem „20th/21st Century: London Evening Sale“ mit 68 verkauften Losen starke 130,25 Millionen Pfund um. Der „The Art of the Surreal Evening Sale“ steuerte dazu 48 Millionen bei. 94 Prozent aller Lose wurden verkauft, davon 43 Prozent über ihren oberen Taxen. Vier Kunstwerke waren zurückgezogen worden, 32 von 73 Losen im Angebot mit Garantien abgesichert. 34 Prozent aller Lose gingen nach Amerika, 13 Prozent in den asiatisch-pazifischen Raum. Europäische Sammler waren besonders aktiv.
Im Rahmen der Erwartung
Sotheby’s hat mit 34 verkauften Losen in der „Modern & Contemporary Evening Auction“ 62,5 Millionen Pfund eingespielt. Drei Lose (Gerhard Richter, Albert Oehlen und Joseph Yaeger) waren vorab zurückgezogen worden, vier blieben unverkauft. Die Erwartung für ursprünglich 41 Werke hatte bei 50,5 bis 74 Millionen Pfund gelegen.
Phillips’ „Modern & Contemporary Art Evening Sale“ setzte mit 29 verkauften Losen 15 Millionen Pfund um. Hier stiegt die surrealistische Szene „The Adoption of the Maiden“ (Taxe 20.000 bis 30.000 Pfund) des jungen chinesischen Malers Ding Shilun auf 90.000 Pfund. Basquiats „Pattya“ (2/3 Millionen), einst im Besitz Andy Warhols, blieb bei 1,35 Millionen hängen. Um Joan Mitchells Triptychon, „Canada II“ (3/5 Millionen) konkurrierten drei Telefonbieter, bevor der Hammer bei 2,2 Millionen fiel.
Bei Sotheby’s war ein Gemälde der in London lebenden südafrikanischen Malerin Lisa Brice, von der bedeutende Werke nicht oft auf dem Sekundärmarkt auftauchen, besonders gefragt. Sechs Bieter konkurrierten um „After Embah“ (1/1,5 Millionen) mit provokativ in einer Bar tanzenden Frauen. Bei 4,4 Millionen Pfund ging es an einen Telefonbieter aus Amerika.

Das Spitzenlos, Yoshitomo Naras „Cosmic Eyes (in the Milky Lake)“ (6/8 Millionen), erreichte 7,45 Millionen. Banksys Gemälde „Crude Oil (Vettriano)“ (3/5 Millionen) wurde schon bei 3,5 Millionen einem Onlinebieter zugeschlagen, der auch in Kryptowährung bezahlen darf. Das Werk ist eine Adaption des Gemäldes „The Singing Butler“, das der am vergangenen Samstag gestorbene Künstler Jack Vettriano 1992 malte. Sotheby’s verkaufte Vettrianos Original 2004 für 744.800 Pfund mit Aufgeld.
Der Konkurrent Christie’s verkaufte mit René Magrittes „La reconnaissance infinie“ (6/9 Millionen) zum Hammerpreis von 8,7 Millionen das teuerste Los der Auktionswoche. Besonders begehrt waren allerdings drei Werken seines belgischen Kollegen Paul Delvaux. Im Katalog war als Provenienz eine „Londoner Privatsammlung“ angeführt, „The Art Newspaper“ nennt als Einlieferer den belgischen Hotelier Bruno Brasselle. Das teuerste unter ihnen, „La ville endormie“ (1,2/1,8 Millionen), stieg auf 5,1 Millionen. Alle drei wurden am Telefon eines in Hongkong stationierten Christie’s-Spezialisten vermittelt.

Tamara de Lempickas Porträt ihres Förderers, „Portrait du Docteur Boucard“ (5/8 Millionen), der unbewegt über das Geschehen im Saal hinwegblickte, stieg auf 5,5 Millionen. Für Egon Schieles restituierte Papierarbeit „Knabe in Matrosenanzug“ (1/1,5 Millionen) fiel bei 2,7 Millionen der Hammer – auch aus Taiwan kamen Gebote. Franz Marcs „Katzen, Rot und Weiß“ aus der Sammlung Heins gingen zur unteren Taxe von vier Millionen wohl an den Garantiegeber. Christian Schads „Porträt Eva von Arnheim“ (800.000/1,2 Millionen) aus der Sammlung Mugrabi blieb unverkauft.
Eine kleine exquisite Arbeit auf Papier von Wassily Kandinsky, „Schwarze Begleitung“ (700.000/1 Million), wurde auch von Händlern wie Per Skarstedt im Saal umworben und stieg auf 1,8 Millionen Pfund. Unter den Zeitgenossen erzielte Michael Andrews’ „School IV: Barracuda under Skipjack Tuna“ zur oberen Taxe von fünf Millionen Pfund einen Auktionsrekord. Ein Gemälde des 1982 in Moskau geborenen, in New York lebenden Malers Sanya Kantarovsky, „The House of the Spider“ (70.000/100.000), mit typischem dunklem Humor, zeigte, dass weiterhin Appetit auf Nachwuchskunst besteht. Es ging am Telefon für 230.000 Pfund weg.